Steigende Kinderzahlen und ein erhöhter Bedarf an Betreuung zwingen die Stadtverwaltung Bietigheim-Bissingen dazu, ihre Bedarfsplanung im Bereich der Kindertagesbetreuung zu korrigieren und entsprechende Anpassungen vorzunehmen.
Bietigheim-Bissingen Kita-Kapazitäten nicht ausreichend
Mit einigen Bauprojekten und Erweiterungen bestehender Kinderhäuser soll sich die Situation perspektivisch verbessern. Auch der Personalmangel macht der Verwaltung zu schaffen.
Die 25 städtischen Einrichtungen bieten zum Stand vom 1. März 2024 insgesamt 1758 Betreuungsplätze, 1352 davon für Kinder über drei Jahren, 312 für Jüngere. Diese Zahlen gehen aus einem Sachstandsbericht hervor, der in der jüngsten Gemeinderatssitzung vorgestellt wurde. Hinzu kommen 99 Kinder, die in der Kindertagespflege betreut werden. Um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden, hat die Stadt nun geplante Betriebsformen überprüft und wo möglich angepasst. So wurde das Kinderhaus Domino seit Januar 2024 um eine Kleingruppe erweitert und bietet nun 72 Plätze. Das Kinderhaus Memory wurde im Laufe des Kindergartenjahrs auf fünf Gruppen mit 92 Plätzen erweitert. Die Kita Breslauer Straße soll künftig mit sechs Gruppen und 107 Plätzen statt wie bisher mit drei Gruppen und 75 Plätzen operieren.
„Platzangebot unzureichend“
Die Planungen für die Kita Lothar-Späth-Carré, deren Fertigstellung für das dritte Quartal 2025 vorgesehen ist, wurde von fünf Gruppen mit 102 auf sechs Gruppen mit 105 Plätzen erweitert. Die Kita Schillerstraße, deren Neubau im vierten Quartal 2025 fertiggestellt werden soll, soll anstelle von vier Gruppen mit 75 Plätzen künftig fünf Gruppen mit 92 Plätzen beherbergen.
Zwischen 2020 und 2025 sollen insgesamt 469 zusätzliche Betreuungsplätze in der Stadt geschaffen werden. Ende 2025 stehen demnach voraussichtlich 2250 Plätze in der Stadt zu Verfügung. Für das Kindergartenjahr 2024/25 ergibt sich bei Kindern über drei Jahren ein Versorgungsgrad von 98,6 Prozent, anstelle der prognostizierten 1515 Plätze werden 1567 nötig sein, wovon 22 fehlen. „Im U3-Bereich zeichnet sich weiterhin ab, dass ein höherer Versorgungsgrad anzustreben ist und das Platzangebot unzureichend ist“, heißt es in der Gemeinderatsvorlage. Hier liegt der Versorgungsgrad lediglich bei 35,2 Prozent. 1260 erforderlichen Plätzen stehen nur 443 tatsächliche gegenüber.
Im Rahmen der Bedarfsplanung wurde eine sukzessive Steigerung der Versorgungsquote auf 45 Prozent im Jahr 2041 planerisch festgesetzt. Aktuell stehen 55 Ü3-Kinder und 100 U3-Kinder auf der Warteliste. Für das kommende Kindergartenjahr wurden 388 Platzangebote verschickt, 183 Kinder haben bislang kein Platzangebot erhalten. Berücksichtigt man die zusätzlichen Plätze, die durch die Erweiterungen der Kitas Metterzimmern, Breslauer Straße und Streifelbach im Laufe des Jahres entstehen, könnte die Anzahl nicht versorgter Kinder auf 79 reduziert werden. „Wir gehen davon aus, die Kinder betreuen zu können – vorausgesetzt wir kriegen das Personal“, sagte Erster Bürgermeister Michael Hanus im Gemeinderat. Auch der Gesamtelternbeirat der Kinderbetreuungseinrichtungen (GEB) sieht hier eine Herausforderung: „Der Fachkräftemangel ist für uns das grundsätzliche Problem. Verkürzte Öffnungszeiten gehören deshalb weiterhin zum Alltag von vielen berufstätigen Familien und belasten diese stark. Wir sehen hier dringend weiteren Handlungsbedarf, um die Betreuungszeiten dauerhaft verlässlich zu gewährleisten.“ Florentine Kochanski, Vorsitzende des GEB, sagt: „Aktuell herrscht unter Eltern eine permanente Unsicherheit, ob Öffnungszeiten und Aktivitäten eingehalten werden können – ein permanentes Damoklesschwert, das über den Eltern und Kitas hängt“. Der GEB wünsche sich daher neue und kreative Lösungsansätze wie den Direkteinstieg Kita, die Eingliederung ausländischer Fachkräfte sowie die gesteigerte Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Berufsfelds in Bietigheim-Bissingen.
Stadt trägt zwei Drittel der Kosten
Die Aufwendungen für die Bildung und Betreuung haben sich seit 2014 nahezu verdreifacht – von 11,6 Millionen auf rund 32 Millionen Euro. Davon decken die Elternbeiträge acht Prozent, Landeszuschüsse 23 Prozent. Die Stadt übernimmt demnach 21,5 Millionen Euro, weshalb eine Anpassung der Gebühren im nächsten Jahr erforderlich werde.
Derzeit wird die Einführung einer Kita-App vorbereitet, mit dem Ziel den Informationsaustausch zwischen Eltern und Kita, etwa bei Schließzeiten, Einladungen oder der An- und Abmeldung der Kinder, zu erleichtern. Karin Wittig (CDU) lobte die Stadt für ihre Bemühungen durch Bauprojekte und Erweiterungen mehr Plätze zu schaffen. Ines Brodbeck (SPD) bat die Verwaltung, bei der Suche nach Personal nicht nachzulassen und auch Manuela Buchholz (GAL) betonte, wie wichtig es sei, eigene Azubis zu haben. Erster Bürgermeister Hanus versprach, auch über den eigenen Tellerrand hinausblicken und nicht nur in der unmittelbaren Umgebung nach Personal suchen. Der Fortführung der Kooperation mit der Musikschule im Rahmen der musikalischen Früherziehung bis 2028 stimmte der Gemeinderat einstimmig zu.