Bietigheim-Bissingen „Kunst lebt von Kommunikation“

Von Gabriele Szczegulski
Der Bissinger Künstler Dieter Kränzlein in seiner Werkstatt, in der er auch in der ausstellungsfreien Zeit jeden Tag arbeitet.⇥ Foto: Martin Kalb

Seit einem Jahr gibt es so gut wie keine Ausstellungen, keine Messen. Der Künstler Dieter Kränzlein spricht über Kunst in Pandemiezeiten.

An den Haaren müsse man sich selbst desöfteren aus dem Loch ziehen, sagt der Bissinger Künstler Dieter Kränzlein über das künstlerische Arbeiten in Pandemiezeiten. „Ich muss mich schon disziplinieren, dass ich genauso jeden Tag arbeite wie normalerweise“, so der Künstler. Mehrere Ausstellungen und Präsenz auf Messen seien sonst der Antrieb, neue Kunstwerke zu erschaffen. „Worauf arbeite ich hin, ist die Frage, die ich mir selbst oft stellen muss, und das wiederum hilft dem künstlerischen Prozess“, so Kränzlein.

Keiner sieht die Werke

Vor einem Jahr war er mit seinem Werken noch auf der Art Karlsruhe, alle anderen Kunstmessen wurden abgesagt. Ausstellungen in Zürich, Landshut und München wurden zwar von ihm bestückt, die Vernissagen fanden statt, direkt danach, so Kränzlein, seien Galerien und Museen geschlossen worden. „Seit November sind meine Werke in einer Ausstellung in München, gesehen hat sie aber noch keiner“, sagt er.

Für ihn sei es nicht nur der finanzielle Aspekt, für den die ausstellungslose Zeit von großem Nachteil sei. „Kunst lebt von der Kommunikation“, sagt er. Gespräche zwischen Betrachter und Künstler seien wichtig und fänden nicht statt. Auch wenn, wie er sagt, er finanziell nicht so betroffen sei, er sehe an seiner Tochter Patricia Kränzlein, wie diese Zeit an der freischaffenden jungen Künstlerin nage. „Sie hat noch immer nur den Abschlag der Novemberhilfe bekommen, aber überhaupt kein Einkommen, sie hat im vergangenen Jahr nur zwei Werke verkauft“, sagt Kränzleins Frau Gabi. Patricia Kränzlein gibt auch für die Kunstschule Labyrinth Kurse, die im Moment nicht stattfinden. „Für junge, noch unbekannte Künstler ist das schon noch einiges härter, diese Zeit durchzustehen und auf dem Markt präsent zu bleiben“, sagt Dieter Kränzlein.

Werke online anzubieten, auf einer eigenen Website, kommt für ihn nicht in Frage: „Damit würde ich in Konkurrenz zu meinen Galeristen gehen, die das machen“, sagt er. Aber der Verkauf sei schleppend. Er sei unter anderem bei einem niederländischen Galeristen der mindestens auf zehn Messen im Jahr ausstellen würde, „der hat jetzt sein Angebot online in einer Art virtuellen Ausstellung bereit gestellt“, so Kränzlein. Zudem sei sein Haus in Bissingen eine Art offene Galerie, „in die immer Leute kommen, das fällt seit einem Jahr total weg, die Gespräche fehlen mir schon, auch als Inspiration“ Grundsätzlich aber sei es ein Glück, dass er trotz Lockdown arbeiten könne, „das kann ein Sänger oder Schauspieler nicht“.

Der Duktus wandelt sich

Die ausstellungsfreie Zeit nutze er zur Weiterentwicklung seines künstlerischen Schaffens. so der Steinbildhauer, der mit der Flex Strukturen in den Stein setzt. Derzeit sind es vor allem Papierarbeiten, an denen er arbeitet. Mit der Flex bearbeitet Dieter Kränzlein Steinplatten, auf denen er dann das Papier drucke und einfärbe. Künstlerisch hat sich der künstlerische Duktus etwas gewandelt, sagt er: „Ich plane und konstruiere mehr mit Strukturen“. Seine Arbeiten seien „Architekturlandschaften“ geworden, mit strukturierten, reduzierten Linien. Wirkten seine bisherigen Steinarbeiten wie zufällige Schnitte, sind sie nur sehr konstruktivistisch geformt. Klare Kunstsprache ist das, so sagt er, an was er derzeit arbeite. Und er arbeite wieder so, als ob jederzeit eine Ausstellung oder eine Kunstmesse stattfinden könnte. „Dieser Hoffnungsschimmer ist immens wichtig“, sagt der Künstler.

 
 
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