Bietigheim-Bissingen Langzeitpraktika an Schule erleichtern Einstieg in Job

Von Petra Neset-Ruppert
Jessica Görlitz macht im Sommer Ihren Hauptschulabschluss an der Schule im Sand. Danach geht es weiter mit einer Ausbildung zur Malerin im Bietigheimer Betrieb Ritter und Frank. Foto: /Martin Kalb

Ein Jahr lang absolvieren Schüler der Schule im Sand in Bietigheim-Bissingen Langzeitpraktika in ihrem Abschlussjahr. So können die Hauptschüler frühzeitig Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern knüpfen.

Mir macht hier alles Spaß“, sagt Jessica Görlitz. Die Schülerin der Schule im Sand kommt einmal die Woche in den Bietigheimer Maler und Stuckateursbetrieb Ritter und Frank, um dort ein Langzeitpraktikum zu absolvieren. Im Sommer macht sie ihren Hauptschulabschluss und wie es danach weitergeht, weiß sie tatsächlich auch schon, denn: Einen Ausbildungsvertrag hat sie bereits unterschrieben – bei Ritter und Frank.

„Sie ist wirklich toll. Als sie damals bei uns ein einwöchiges Praktikum gemacht hat, haben wir ihr gleich signalisiert, dass sie sich auch gerne für das längere Praktikum bei uns bewerben darf“, erinnert sich Martin Frank, Geschäftsführer von Ritter und Frank. Für ihn ist die Kooperation mit der Schule im Sand eine gute Möglichkeit potenzielle Azubis kennenzulernen. „Wir kriegen gerade ganz wenige Bewerbungen rein. Das sind wir froh, dass über dieses Praktikum sich die Leute bei uns den Betrieb anschauen können und wir die Schüler auch kennenlernen“, so Frank.

Schon seit vielen Jahren bietet die Gemeinschaftsschule im Sand dieses Langzeitpraktikum an. „Zu Beginn war das Praktikum in Klasse sieben angesiedelt, aber vor ungefähr zehn Jahren wurde es dann auf die zehnte Klasse verlegt“, erinnert sich Schulleiter Sven Schneider. Im Abschlussjahr können die Schüler ein ganzes Jahr in die Berufswelt schnuppern. Das Jahrespraktikum ist verpflichtend für die Schüler, die nach ihrem Abschluss keine weitere Schule besuchen werden.

„Für unsere Hauptschüler ist es immer schwieriger einen Ausbildungsplatz zu finden. Über das Praktikum finden sie meist einen Anknüpfungspunkt zum Betrieb“, erklärt Sabrina Kaiser, die Lehrerin übernimmt die Begleitung der Schüler für ihre berufliche Orientierung.

Ein ganzer Tag pro Woche

Schüler, die nach dem Abschluss nicht mit der Schule weitermachen, werden an der Schule im Sand im letzten Schuljahr intensiv auf das Berufsleben vorbereitet. „Die Schüler finden sich durch die Praktika besser im Berufsalltag zurecht. Sie haben einmal die Woche einen richtigen Arbeitstag mit sieben Stunden Arbeit und einer Stunde Pause“, erklärt Kristin Wilhelm, sie ist Klassenlehrerin der 10b, die im Sommer den Hauptschulabschluss machen. Dabei sind die Schüler nicht auf einen Betrieb festgelegt, sie können alle vier Monate oder auch im Halbjahr wechseln und sich so mehr als einen Betrieb während des Schuljahres anschauen. Für Jessica Görlitz stand sehr schnell fest: „Ich will etwas mit den Händen arbeiten. Am Schreibtisch sitzen, ist nichts für mich.“ Doch das erste Praktikum bei einem Malerbetrieb gefiel ihr nicht. Dank Unterstützung der Schule kam sie auf Ritter und Frank, wo sie dann auch gleich länger blieb.

Die intensive Unterstützung in der Schule für die berufliche Orientierung habe ihr sehr geholfen, sagt die 16-jährige Görlitz. „Wir haben auch Bewerbungsgespräche geübt, das hat mir geholfen, weil ich in solchen Momenten ziemlich nervös bin.“

Rückmeldungen beflügeln

Die Schüler bringen während ihrer Langzeitpraktika regelmäßig Rücklaufzettel von den Betrieben mit in den Unterricht. „Das besprechen wir dann mit den Schülern, die meisten sind sehr positiv und die Schüler sind in den Gesprächen immer sehr stolz, wenn sie die Rückmeldung bekommen, dass sie den Arbeitsalltag so gut gemeistert haben“, sagt Lehrerin Wilhelm.

„Durch die Praktika können wir den Schülern auch andere Bereiche zeigen: weg von den Schulnoten, konfrontiert mit dem echten Leben. Am Ende erhalten sie einen Qualipass“, erklärt Schulsozialarbeiterin Janine Usbeck. Mit dem Qualipass kann jeder Betrieb auch etwas anfangen, denn dieser kommt vom Land Baden-Württemberg und hebt hervor, wo die Stärken der Schüler liegen. „Das hilft dann auch bei den Bewerbungen“, so Usbeck.

Die Hauptschulabsolventen seien eben noch sehr jung, wenn sie bereits in das Berufsleben einsteigen. Zudem komme hinzu, dass viele Eltern beim Lebenslauf und Bewerbungsschreiben nicht viel unterstützen können. Deshalb wird in der Schule im Sand der Fokus so stark auf die Vorbereitung fürs Berufsleben gelegt. „Unsere Schüler sind häufig auch noch recht unsicher. Wenn sie dann durch die Praktika ihre Ansprechpartner bereits kennen und diese auch schon wissen, wer da vor ihnen steht, fällt die Bewerbung meistens leichter“, sagt Sabrina Kaiser.

In der Schule im Sand ist man sich einig, dass die intensive Betreuung in die lange Praktikumszeit für die Schüler den besten Einstieg ins Berufsleben bieten. „Wir arbeiten schon lange mit der Schule im Sand zusammen. Das ist ein gutes Konzept, gerne würden wir auch noch mit anderen Schulen diese Langzeitpraktika machen“, sagt Geschäftsführer Frank.

Für Jessia Görlitz war es der passende Weg. „Ich werde zwar meine Freunde aus der Schule vermissen, weil man sich dann nicht mehr so oft sieht, wie im Unterricht, aber ich freue mich schon auf die Ausbildung.“ Dank des Langzeitpraktikums konnte sie auch ihre zukünftigen Kollegen schon besser kennenlernen. Da fällt der Einstieg leichter.

 
 
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