Bietigheim-Bissingen macht beim Klimaplan des Landkreises mit Diskussion um Parkgebühren

Von Rena Weiss
„Parkraumbewirtschaftung“ – dieses Wort im Mobilitätskonzept des Landkreises macht der CDU in Bietigheim-Bissingen Sorge. Sie möchte in dieser Hinsicht das Heft in der Hand halten.⇥ Foto: Werner Kuhnle

Die Stadt beschließt, beim Klimamobilitätsplan des Landkreises Ludwigsburg mitzumachen. Nun teilte das Landratsamt mit, dass sie auch den Eigenanteil der Kommunen übernimmt.

Mit acht Gegenstimmen entschied sich der Gemeinderat der Stadt Bietigheim-Bissingen in seiner jüngsten Sitzung dafür, am Pilotprojekt des Landkreises Ludwigsburg zur Erstellung eines Klimamobilitätsplans teilzunehmen. Dieser soll über drei Jahre aufzeigen, welche Maßnahmen auf kommunaler, kreisweiter und (über-) regionaler Ebene geeignet seien, um den Klimaschutz zu verbessern und damit den Ausstoß von Treibhausgasen durch den Verkehr zu verringern (die BZ berichtete). Das große Ziel ist die CO2-Reduktion um 40 Prozent bis 2030 (gegenüber 2010).

Für die von der Krise finanziell gebeutelte Stadt gibt es zudem gute Nachrichten: Oberbürgermeister Jürgen Kessing teilte mit, dass der Landkreis die städtische Eigenbeteiligung in Höhe von 70 000 Euro übernimmt.

Die CDU kritisiert indes die Parkraumbewirtschaftung, die im Konzept beschrieben werde. Insgesamt sei eine interkommunale Zusammenarbeit von Vorteil, sagte Thomas Wiesbauer, Vorsitzender der CDU-Fraktion zum Mobilitätsplan, doch im Detail könne die Fraktion dem Konzept nicht zustimmen. Grund dafür sei, dass die Stadt  beim Parkraumkonzept  bereits ein klares Vorgehen besprochen habe.

Kritik seitens der CDU

Im Konzept des Landkreises sei von Parkraumbewirtschaftung und von restriktiven Maßnahmen die Rede, so Wiesbauer, der wie seine Fraktion davon ausgeht, dass damit Parkgebühren gemeint sind. „Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir zusammen mit der Stadt über dieses Thema diskutieren. Das nun aus der Hand zu geben, sehe ich nicht als den richtigen Weg.“

„Der Begriff Parkraumbewirtschaftung heißt nicht Parkgebühren“, entgegnete Steffen Speidel vom Stadtentwicklungsamt. Schon eine Parkscheibe mit Zeitbegrenzung sei eine Parkraumbewirtschaftung. Das jedoch reicht Claus Stöckle, CDU, nicht: „Ich glaube nicht, das Parkraumbewirtschaftung nichts mit Euros zu tun hat.“ Um zustimmen zu können, müsse dieser Satz gestrichen werden, so Stöckle.

„Sie verwechseln Plan und Beschluss“, entgegnete Albrecht Kurz, GAL, seinem CDU-Kollegen. „Man kann ja wohl einen Plan aufstellen und den diskutieren wir dann.“ Das betont auch OB Kessing: „Es ist eine Begutachtung und die Begutachter werden Vorschläge machen, was aus deren Sicht sinnvoll ist.“ Es könnte auch ein Vorschlag kommen, Parkgebühren zu erheben oder Parkzeiten zu begrenzen.  Dazu Speidel: „Mit dieser Analyse werden ja nicht automatisch Beschlüsse dieses Gremiums außer Kraft gesetzt.“ Das sei ein Leitfaden, an dem sich die Stadt orientieren könne.

Ambitionierte Ziele

SPD-Stadtrat Werner Kiemle warnte ebenfalls davor, die Analyse aufgrund möglicher Parkgebühren von vornherein auszuschließen. Wenn am Ende Parkgebühren vorgeschlagen werden, dann müsse die Analyse auch zeigen, wie dadurch eine CO2-Reduzierung möglich sei, dann könne die Stadt diesbezüglich eine Entscheidung treffen, fügt er hinzu. Das Ziel des Klimamobilitätsplans von einer CO2-Reduzierung um 40 Prozent bis 2030 hält er für ambitioniert.  Die Stadt habe mit dem Verkehrsentwicklungsplan und dem Lärmaktionsplan schon viel gemacht. Radwege und die Parkierung müssten ebenfalls betrachtet werden. „Es gilt nun nicht nur die Stadt zu betrachten, sondern die Verbindungen im Kreis“, spricht er die Betrachtung des ÖPNV als Teil des Konzepts an. Es gebe Gebiete und Verbindungen, da sei es eben nicht attraktiv, das Mobilitätsverhalten zu verändern, so der SPD-Stadtrat.

Die CDU merkte indes weitere Kritikpunkte an. Es fehlen alternative Antriebsmöglichkeiten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sowie der motorisierte Individualverkehr, der immer noch dominierend sei, so der Fraktionsvorsitzende. „Maßgebliche Dinge, die wir hier im Gemeinderat beschlossen haben, werden umgangen.“ Zudem sei man sich einig gewesen, dass Bietigheim-Bissingen wesentlich zügiger vorankommen wollte. Doch OB Kessing versicherte, dass Maßnahmen, die bereits im Gemeinderat für sinnvoll erachtet wurden, auch umgesetzt werden – unabhängig von der Analyse des Landkreises. „Das eine schließt das andere nicht aus. Wir werden an unseren Mobilitätsthemen weiterarbeiten“, so Kessing.

Nicht darauf ausruhen

„Ich habe die Befürchtung, wir vertrödeln hier Zeit“, sprach Wiesbauer zusätzlich die Dauer von drei Jahren an. „Meines Erachtens wird drei Jahre lang nichts passieren.“ GAL-Stadträtin Simone Oehl sowie Werner Kiemle stimmten Wiesbauer diesbezüglich zu. Oehl mahnte an, dass es wichtig sei, sich in diesem Zeitraum nicht darauf auszuruhen und abzuwartet, bis alle Maßnahmen vom Landkreis analysiert wurden. Dennoch halte die GAL das Konzept für eine gut Initiative.

Die GAL stimme zudem zu, weil durch den Klimamobilitätsplan höhere Fördermittel (75 statt 50 Prozent) möglich seien. Für Steffen Speidel sind neben den Fördermitteln auch die Finanzen wichtige Punkte, warum er diesen Plan für sinnvoll erachte. Denn einen solchen Plan und Analyse selbst zu erstellen sei für die Stadt schwieriger und teurer – vor allem, da der Landkreis nun komplett die Kosten übernimmt.

Am 14. Oktober 2020 hat der Landtag von Baden-Württemberg das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg“ beschlossen und darin die freiwillige Erstellung von kommunalen Klimamobilitätsplänen verankert.

Die Finanzierung im Landkreis

Die Kosten für einen Klimamobilitätsplan für den Landkreis Ludwigsburg werden vom Verkehrsministerium auf circa 350 000 Euro geschätzt. Bei einer Fördersumme von rund 280 000 Euro verbleibt ein Eigenanteil von circa 70 000 Euro beim Landkreis Ludwigsburg, an dem sich die teilnehmenden Kommunen bislang beteiligen hätten sollen. Doch der Landkreis teilte am 30. März mit, dass er auch diese Kosten übernehmen werde.

 
 
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