Bietigheim-Bissingen „Man muss einen Nerv treffen“

Von Jörg Palitzsch
Matthias Ulmer am Klavier in seinem Tonstudio. Seine Debüt-CD „Talisman“ erscheint Mitte Januar. Foto: /Jörg Palitzsch

Matthias Ulmer, Keyboarder von Pur und Mitbegründer der Kultband Anyone’s Daughter, hat sein Debütalbum, das den Titel „Talisman“ trägt, eingespielt.

Matthias Ulmer ist in vielen Genres zuhause und viel beschäftigt. Etwas ältere Rockfans kennen ihn als Keyboarder und Sänger der Rockband Anyone’s Daughter, die er 1972 in Stuttgart als 14-Jähriger mitgegründet hat. Jüngere Pop-Fans kennen ihn als Live-Musiker von Pur, für die Band greift er seit 2016 in die schwarz-weißen Tasten. Seit 30 Jahren gehört er auch zur Begleitband des Rocksängers und Schriftstellers Heinz-Rudolf Kunze, neben seinen zahlreichen Live-Auftritten ist Ulmer ebenso als Filmkomponist und als Orchester-Arrangeur tätig.

Die Liste seiner Zusammenarbeit ließe sich mit weiteren bekannten Namen wie Jonny Logan, Sido, Peter Maffay, Annett Louisan, Saxon, Gotthard und Voxxclub fortführen, jetzt hat Ulmer ein eigenes Debütalbum mit dem Titel „Talisman“ eingespielt, das am 17. Januar erscheint. Die Texte stammen aus dem großen Fundus von Kunze, von denen Ulmer 20 ausgesucht hat. „Da war so viel dabei, das er nicht verwenden konnte“, sagt der Musiker, der in einem eigenen Tonstudio arbeitet. Bei einigen Songs hatte er die Melodie schon, bei anderen musste er Text und Melodie anpassen.

Persönliches Album

„Talisman“ ist ein ganz persönliches Album geworden, auf dem Matthias Ulmer das Spielerische, das Überraschende und Ausgefallene verbindet. Die musikalischen Brücken, die mit den insgesamt 14 Songs gebaut werden, sind groß angelegt. Sie reichen, wie etwa in dem gerade mal zwei Minuten langen Instrumental-Stück „Kleine Schritte“, von der Klassik, die Ulmer mit einem leichten Tastenanschlag in den Jazz überführt. Er habe nie wirklich Jazz gespielt, beschäftige sich aber sehr damit. „Ich versuche bei jedem Stück, das ich schreibe, etwas Neues für mich zu entdecken.“ Die Improvisation, die im Jazz immer möglich ist, nutzt Ulmer jedoch nicht aus. Jeder Song ist bis zum Ende durchkomponiert, immer wieder wendet er sich der Klassik zu. So spielt er unter anderem Etüden von Frédéric Chopin, „so etwas kann man sein Leben lang üben.“

Ulmer erhebt nicht nur einen hohen Anspruch an die eigene Perfektion, sondern hat auch einen großen Hang zur Melodie, wie auf der Debüt-CD zu hören ist. In „Ich verneige mich“ swingt Ulmer einem furiosen, fast epischen Ende zu, während „Man fährt aus Sicht“ vom Sound des Pur-Gitarristen Rudi Buttas mitgetragen wird. „Bleib doch hier“ verliert sich fast vollständig in facettenreichen Klaviereskapaden, in „Bessere Zeiten“ hofft er auf ebendiese. Als vorletztes Stück präsentiert der Musiker eine melancholische Version von „The End“ der Doors, allein vom Klavier begleitet wird dabei ein dunkles Lebensgefühl heraufbeschworen, um mit dem orchestral angehauchten Instrumental „The Endless End“ inklusive Streicherbegleitung abzuschließen. Das Album ist eine Sammlung kleiner Spielformen, die sich an den richtigen Stellen ausweiten. Es gibt zerbrechliche Motive und lange musikalische Läufe, in der sich viel entfaltet, gleichzeitig tiefgründig und zugänglich.

Songs für zweite CD gibt es schon

„Man muss einen Nerv treffen, dies ist auch bei Pur so“, sagt Ulmer über seine Arbeit. Man müsse aber etwas dafür tun. So kann er sich gut vorstellen, eine weitere CD zu veröffentlichen, Songs dafür gibt es schon. Auch überlegt sich Ulmer, nochmals mit Anyone’s Daughter aufzutreten, um das Album „Piktors Verwandlungen“ zu spielen, ein zeitloser Klassiker des deutschen Progrock.

Am Montag, 3. März, spielt Matthias Ulmer bei einem Studio-Konzert live in den renommierten Bauer Studios in Ludwigsburg. Mit dabei ist Frank Dapper, der Schlagzeuger von Pur, und Neffe Sebastian Ulmer, der Gitarre spielt.

 
 
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