Bietigheim-Bissingen Schüler wollen mehr Praktika und sowie Volksentscheide

Von Uwe Mollenkopf
Von links: Thomas Paul (Kultusministerium), Nadja Örum und Stella Loock (Jugendstiftung) bei der Jugendkonferenz. Foto: /Oliver Bürkle

Im Beruflichen Schulzentrum fand die erste von 40 Jugendkonferenzen in diesem Jahr im Land statt. Das Kultusministerium will hören, was die Jugend bewegt.

Demokratie bist du“ stand in großen Lettern an der Wand des Konferenzraums des Beruflichen Schulzentrums Bietigheim-Bissingen, in dem sich am Freitagmorgen mehr als 50 Oberstufenschüler der Klassen 12 und 13 aus dem Fach Gemeinschaftskunde eingefunden hatten. Statt am normalen Unterricht nahmen sie an einer vom Kultusministerium initiierten Jugendkonferenz teil, in der es um Themen wie Jugendbeteiligung, Demokratie, Zukunft, Künstliche Intelligenz, Sorgen, Miteinander sowie Krieg und Frieden ging.

Kein Politiker als Vorbild

„Die Jugend fühlt sich von der Politik vergessen“, sagte Thomas Paul vom Kultusministerium. Das habe der jüngst vorgelegte Kinder- und Jugendbericht der Bundesfamilienministerin gezeigt. Ein ähnliches Ergebnis habe auch die Jugendstudie in Baden-Württemberg vor zwei Jahren ergeben. Deswegen veranstalte das Kultusministerium bereits im dritten Jahr in Folge Jugendkonferenzen, bei denen die Ideen, Meinungen und Wünsche der Jugendlichen zusammengetragen und diskutiert werden. In diesem Schuljahr seien sie von bisher zehn auf 40 noch einmal deutlich ausgeweitet worden, so Paul. „Wir wollen hören, was die Jugend bewegt“ – und zwar ungefiltert –, erklärte er.

Stefan Ranzinger, der Leiter des Berufsschulzentrums, freute sich, dass die Auftaktveranstaltung an seiner Schule stattfand. Die Bildungseinrichtung sei sehr engagiert in Sachen Demokratiebildung, lobte Thomas Paul.

Dass die Politik auch bei den Bietigheim-Bissinger Schülern nicht gerade hoch im Ansehen steht, zeigte sich eingangs bei der Konferenz, die von Stella Loock und Nadja Örum von der Jugendstiftung BW aus Sersheim, für die auch Salome Ebinger vor Ort war, moderiert wurde. Gefragt nach Vorbildern, wurden Newton und Jesus Christus sowie allgemein Sportler genannt, ein Politiker war nicht darunter. Ein Großteil fühlte sich von der Politik nur teilweise verstanden. Einige Schüler waren der Meinung, dass dies am Alter der Politiker liege, einer erklärte, die Politik mache derzeit zu viele Fehler für die Wirtschaft und gefährde so die Zukunft.

An zehn Tischen durften sich die Teilnehmer anschließend im Detail mit vorgegebenen Themen beschäftigen, wobei mehrmals durchgewechselt wurde. Die Ergebnisse würden anschließend dokumentiert und dem Kultusministerium übermittelt, sagte Stella Loock.

Gegen Hetze im Netz

Gefordert wurden in Sachen Jugendbeteiligung unter anderem mehr junge Vertreter im Bundestag. Für die Demokratie wünschen sich die Schüler Volksentscheide, die online durchgeführt werden könnten – zum Beispiel über ein Tempolimit auf Autobahnen. Hetze in den sozialen Medien – egal ob von links oder rechts – sollte unterbunden werden. Anregungen aus dem unmittelbaren Umfeld der Schüler waren mehr Praktika in der Schulzeit und mehr Vorbereitung für Einstellungsgespräche. Die Schule solle die Teilnahme an Berufsmessen fördern. Auch Hilfe bei der Selbstfindung wurde als Anliegen genannt. Ebenso wurden die Bildung von Schulsportmannschaften nach dem Vorbild der USA und bessere Ruheräume angeregt.

Beim Thema Künstliche Intelligenz gaben die meisten Schüler an, sie schon für Schulaufgaben genutzt zu haben. Vorgeschlagen wurde, die Lehrkräfte darin auszubilden. Weiter genannt wurden als Anliegen eine bessere Organisation in der Schule und günstigere Kioskpreise. Beim großen Thema Krieg und Frieden, mit dem sich die Teilnehmer ebenfalls beschäftigten, lautete ein Vorschlag, Deutschland solle aufrüsten, um die Sicherheit zu erhöhen, zudem wurde die Einführung der Wehrpflicht und eines Freiwilligendienstes gefordert.

Wer will, kann nun auch an der Landesjugendkonferenz teilnehmen, die am 12. November stattfindet. Für bis zu zehn Delegierte der Bietigheimer Konferenz besteht diese Möglichkeit. Dort können die Teilnehmer ihre Anliegen dann direkt der Kultusministerin und dem Minister für Soziales vortragen.

 
 
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