Die Notfallpraxis Bietigheim-Bissingen im Krankenhaus Bietigheim muss vorübergehend unter der Woche schließen. Sie hat ab sofort samstags, sonntags und an Feiertagen nur noch von 8 bis 22 Uhr geöffnet. Die Ludwigsburger Notfallpraxis hat in der Woche weiterhin montags, dienstags, donnerstags von 18 bis 8 Uhr, mittwochs 13 bis 8 Uhr, freitags 16 bis 8 Uhr geöffnet. Allerdings entfällt der 24-Stunden-Dienst an Wochenenden und Feiertagen. Die Nacht wird nicht mehr abgedeckt, die Praxis hat nur noch von 8 bis 22 Uhr geöffnet. Die Notfallpraxis für Kinder in Ludwigsburg hat nicht mehr montags bis freitags von 18 bis 8 Uhr geöffnet, sondern nur noch von 18 bis 22 Uhr. An Wochenenden nur noch von 8 bis 22 Uhr – auch hier werden laut KV-Homepage die Nächte nicht mehr abgedeckt. Grund dafür ist ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG), auf das die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KV), die für die Notfallversorgung zuständig ist, reagiert hat.
Bietigheim-Bissingen Notfallpraxis ab sofort nur eingeschränkt geöffnet
Die Praxis im Krankenhaus Bietigheim hat ab sofort nur noch an Wochenenden und Feiertagen von 8 bis 22 Uhr geöffnet. Grund dafür ist ein Urteil des Bundessozialgerichts.
„Mehrstündige Wartezeiten“
Die RKH Kliniken, die nicht für die Sicherstellung der Behandlung von leichten Notfällen zuständig sind, „nehmen das Urteil zur Kenntnis und sind überrascht über die schnelle und strikte Entscheidung der KV“, sagte der RKH-Sprecher Alexander Tsongas. Während sich die KV hier zurückziehe, rechnen die Kliniken nun mit einer „wachsenden Zahl an Notfallpatienten“, sagte Tsongas. Da sich die Kliniken aber vor allem um die schweren Notfälle kümmern, müssten leichte Notfälle „mit zum Teil mehrstündigen Wartezeiten rechnen“, sagte Tsongas auf BZ-Anfrage. Außerdem: „Wir dürfen keine Medikamente verschreiben und auch keine Krankmeldung ausstellen“, sagt der Sprecher.
„Spürbare Folgen für Versorgung“
Das Urteil: Bislang konnten Ärztinnen und Ärzte freiberuflich, also auf selbstständiger Basis, im Bereitschaftsdienst der Notfallpraxen der KV gegen ein von dieser bezahltes Entgelt tätig sein. Diese freiwillig mitarbeitenden Ärztinnen und Ärzte – darunter laut RKH Kliniken auch viele Ärzte im Ruhestand oder Klinikärzte – werden auch als „Poolärzte“ bezeichnet. Nach Schätzung der KV decken sie rund 40 Prozent der Bereitschaftsdienstzeiten im Land ab.
Das Bundessozialgericht hat am Dienstag entschieden, dass diese Bereitschaftsärzte ab jetzt als abhängig Beschäftigte eingestuft werden und somit der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Die KV beendete mit sofortiger Wirkung die Tätigkeit der Poolärzte. Dies wiederum hat zur Folge, dass sie die Bereitschaftsdienstzeiten der Notfallpraxen einschränken muss und bei manchen Notfallpraxen sogar eine Teil- oder Gesamtschließung vornehmen wird, da die niedergelassenen Ärzte die Notfallzeiten nicht alleine abdecken können. „Diese Entscheidungen werden spürbare Folge für die Notfallversorgung der Bevölkerung haben“, heißt es in einer Mitteilung der RKH Kliniken.
Bislang werden leichtere Notfälle tagsüber durch die Arztpraxen, ab dem Abend und am Wochenende durch die KV-Notfallpraxen behandelt. „Wir appellieren an die Patientinnen und Patienten sich auf die neuen Öffnungszeiten einzustellen, wenn sie den Bereitschaftsdienst in Anspruch nehmen müssen. Die Notaufnahmen in den Kliniken sind für schwer erkrankte Notfallpatienten zuständig“, sagt Dr. Karsten Braun, KV-Vorstand. Die RKH Kliniken schlagen Alarm. Sie befürchten durch die Einschränkung der Bereitschaftsdienstzeiten und die (Teil-)Schließungen der Notfallpraxen ein erhöhtes Aufkommen an Patientinnen und Patienten in den Kliniknotaufnahmen. „Es hat uns überrascht, dass die KV so hart reagiert und ohne Vorankündigung der Kliniken, die die Notaufnahmen betreiben, die Bereitschaftsdienstzeiten reduziert und manche Notfallpraxen sogar teilweise oder ganz schließt. Immerhin ist die KV zur Organisation des Notdienstes durch den gesetzlichen Sicherstellungsauftrag verpflichtet“, sagte der Geschäftsführer der RKH Gesundheit, Professor Dr. Jörg Martin: „Obwohl die Thematik der KV schon länger bekannt ist, wurden die Kliniken von der KV im Vorfeld nur lückenhaft informiert.“
Eine Übergangslösung
Keine Veränderungen gibt es laut Kassenärztlicher Vereinigung bei den augenärztlichen und HNO-Notfalldiensten. Die KV-Vorstände wiesen darauf hin, dass es sich bei dem Notfallplan um eine Übergangslösung handele. Wie die Struktur des ärztlichen Bereitschaftsdienstes künftig aussehen wird, sei noch offen.
Die RKH Kliniken rufen die Bürgerinnen und Bürger auf, bei leichteren Notfällen wie bisher auf den Hausarzt oder außerhalb der Praxisöffnungszeiten auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst 116 117 zuzugehen.