Das Paddelverbot auf der Enz (die BZ berichtete) sorgt in Kreisen der Wassersportler für reichlich Diskussionsstoff. Das Landratsamt Ludwigsburg hatte mit der neuen Enz-Verordnung, die am 30. August in Kraft trat, Stand-Up-Paddling (SUP) auf der Enz zwischen 1. März und 30. September untersagt. Ausgenommen bleiben davon nur zwei kleine Zonen in Bietigheim und Vaihingen. Das Landratsamt begründet das mit einem verstärkten Fluchtverhalten von Vögeln vor SUP-Paddlern.
Bietigheim-Bissingen, Besigheim Paddelverbot stößt auf Kritik
Die neue Enz-Verordnung des Landratsamtes untersagt Stand-Up-Paddling in weiten Teilen des Flusses. Gegner kritisieren fehlende Gesprächsbereitschaft.
Anna Bröll, Geschäftsführerin des Kanu-Verleihers Die Zugvögel bedauert die neue Verordnung. Zu einem Diskurs mit dem Landratsamt sei es im Vorfeld nicht gekommen. Sie hätte sich eine größere SUP-Zone gewünscht – statt des Wobachstegs als südliche Begrenzung bis hin zur Rommelmühle.
Inklusionskurse betroffen
Auch eine Unterscheidung zwischen geführten Touren und dem Verleih wäre demnach angebracht gewesen. Eine Quotenregelung, eine Ausnahme für zertifizierte Anbieter oder die Einführung eines Enzrangers wären denkbare Alternativen gewesen, sagt Bröll. „Es ist schade, dass es nun ein pauschales Verbot geworden ist.“
Für den Nachhaltigkeitsgedanken habe man zwar Verständnis, die wissenschaftliche Grundlage zum Fluchtverhalten von Vögeln vor SUP-Paddlern fehle jedoch. Zumal viele SUP-Paddler ohnehin die meiste Zeit über auf dem Board sitzen würden. Für Technikkurse und Kindergeburtstage sei die neue SUP-Zone noch groß genug, für Inklusionskurse mit Rollstuhlfahrern jedoch zu klein. Auch das Ferienprogramm in umliegenden Gemeinden wie Besigheim könne man so wohl künftig nicht mehr anbieten. Eine endgültige Beurteilung der Auswirkungen sei ohnehin erst im nächsten Sommer möglich. Bis dahin hofft Bröll, dass sich möglichst viele Paddler an die Regeln halten.
Ob die SUP-Paddler insgesamt zahlreicher auf der Enz vertreten sind als Kanu- oder Schlauchbootfahrer, scheint nicht eindeutig feststellbar. Einen starken Andrang auf dem Parkplatz unter dem Bietigheimer Viadukt beobachtet Manfred Peter, Vorsitzender des Angelsportvereins Bietigheim: „Die Autos fahren an sonnigen Tagen am Wochenende im Minutentakt vor.“ Peter geht davon aus, dass die vielen Menschen auf dem Fluss die Tier- und Pflanzenwelt erheblich schädigen. „Die Fische brauchen die Laichplätze am Ufer, auch die Vögel halten sich dort auf – es ist unvermeidlich, dass die Leute sich dem Ufer nähern.“ Weil der Andrang so groß ist, wünscht sich Manfred Peter noch stärkere Einschränkungen, auch für andere Nutzergruppen. „Ein Thema ist auch der Müll – wir Angler müssen unglaublich viel wegräumen.“
Überhaupt nicht einverstanden mit dem strikten Verbot ist Darja Daut-Wolf. Die Bietigheimerin hat eine Online-Petition gestartet, an der sich bereits mehr als 2300 Personen beteiligten, und wundert sich nicht, dass ihrem Aufruf so viele Menschen bisher folgten. Das Problem sei nicht das Stand-up-Paddling, ist Daut-Wolf überzeugt, sondern der massenhafte Betrieb an den Wochenenden auf und an der Enz.
„Aufklären statt verbieten“
Das Landratsamt schieße über das Ziel hinaus, indem es eine Nutzergruppe aufs Korn nehme, findet Darja Daut-Wolf. „Es wäre sinnvoller, den gesamten Verkehr auf dem Fluss an den Wochenenden einzuschränken.“ Die Stand-up-Paddler wären sicherlich bereit, sich an Regelungen aktiv zu beteiligen – sie müssten nur erst einmal vom Landratsamt mit einbezogen werden. „Aufklären statt verbieten“ – das fordert die Bietigheimerin in ihrer Petition. „Man könnte zum Beispiel Schulungen anbieten und einen Führerschein zur Bedingung für naturverträgliches Paddeln machen.“ Bei Anglern betreibe das Landratsamt einen ähnlichen Aufwand. Und analog zum Fischen könnten Tagestickets vergeben werden, um die Zahl der SUPler zu regulieren.
Verärgerung in Besigheim
Auch in Besigheim sorgt das SUP-Verbot für mächtig Verärgerung und wurde in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats deutlich kritisiert: Zahlreiche Beschwerden hätten sie bekommen, „man traut sich manchmal fast nicht in die Stadt“, gestand ein Gemeinderat, so oft werde er darauf angesprochen. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob die Verwaltung das Verbot unterstütze. Bürgermeister Dr. Florian Bargmann verneinte.
Ob nun „eine von neun Nutzergruppen“ schuld sei, „dass die Enz kaputtgeht“, so ein Gemeinderat – „wenn ich mich draufsetze ist es okay?“ Es würde das SUP vom Landratsamt „diffamiert“ dargestellt. Ein anderer sprach von einer „sinnfreien Verordnung“, „völligem Nonsens“. In der Diskussion wurden eher die Kanuten als das Problem für die Fauna der Enz gesehen, die „mit dem Bierkasten im Kanu“ in großer Gruppe führen, während die SUP-Paddler eher meditativ die Natur leise genössen.
Das Landratsamt teilt auf eine BZ-Anfrage derweil mit, dass der Änderungsverordnung ein längerer Prozess vorausgegangen war, bei dem sämtliche Interessenvertreter miteinbezogen wurden. Daher werde man diese auch nicht abändern. Kontrolliert werden soll das Paddelverbot durch Mitarbeiter des Landratsamtes und der jeweiligen Kommune. Besonderes Gewicht werde demnach auf die Aufklärungsarbeit gelegt, heißt es aus der Behörde.