Bereits 2017 war in Bietigheim-Bissingen der Versuch gescheitert, eine Videoüberwachung am Bahnhof zu installieren, um die Sicherheit dort zu erhöhen. Ein von der SPD-Fraktion eingebrachter Antrag war von der Stadtverwaltung mit dem Hinweis abgelehnt worden, dass die Polizei keine Erkenntnisse habe, die dies rechtfertigten. Nach einer Serie von Gewalttaten rund um den Bahnhof und die B 27-Unterführung beim Enzpavillon hat es nun einen neuen Anlauf gegeben – doch die Polizei winkt erneut ab.
Bietigheim-Bissingen Polizei gegen Videoüberwachung am Bahnhof
Bundespolizei und Polizeipräsidium sehen keinen Kriminalitätsschwerpunkt. Stattdessen soll der Gemeinderat nun über eine bessere Ausleuchtung beschließen.
Gewalttaten als Auslöser
Die Vorfälle, die sich im Winterhalbjahr ereignet hatten, hätten das Sicherheitsgefühl vieler Menschen beeinträchtigt, heißt es in der Ratsvorlage für den Gemeinderat, der am kommenden Dienstag, 24. Juni, tagt. Die Verwaltung habe daher erste Überlegungen zur Einrichtung von Videoüberwachungsanlagen in den genann-ten Bereichen angestellt. Parallel war die Verwaltung auch durch einen neuerlichen Antrag der SPD-Gemeinderatsfraktion damit beauftragt worden, die Installation einer Videoüberwachungsanlage am Bahnhof zu prüfen, unterstützt durch weitere Fraktionen.
Rechtsgrundlage sollte Paragraf 44, Absatz 3, des Polizeigesetzes von Baden-Württembergsein. Demnach kann die Stadtverwaltung als Ortspolizeibehörde an öffentlich zugänglichen Orten Bild- und Tonaufzeichnungen von Personen anfertigen lassen, „wenn sich die Kriminalitätsbelastung dort von der des übrigen Gemeindegebiets deutlich abhebt und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort auch künftig mit der Begehung von Straftaten zu rechnen ist“. Bundespolizei und Polizeipräsidium Ludwigsburg wurden um Stellungnahmen gebeten, ob sie diese Auffassung teilten.
Die Bundespolizeiinspektion Stuttgart hat bereits im Februar geantwortet und erklärt, dass sich die Kriminalitätsbelastung des Bahnhofs Bietigheim-Bissingen von anderen vergleichbaren Bahnhöfen des S-Bahnbereiches des VVS nicht deutlich abhebe. „Innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Bundespolizeiinspektion Stuttgart stellt der Bahnhof Bietigheim-Bissingen derzeit daher keinen Einsatzschwerpunkt dar“, heißt es in der Stellungnahme.
Polizei: „eher unauffällig“
Ähnlich hat sich auch das Polizeipräsidium Ludwigsburg in seiner Antwort vom April geäußert. Darin wird klar festgestellt, dass „die Einrichtung einer Videoüberwachung in den Bereichen Bahnhof Bietigheim-Bissingen und B27-Unterführung beim Enzpavillon seitens des Polizeipräsidiums Ludwigsburg als rechtlich nicht umsetzbar angesehen wird“. Begründet wird dies damit, dass der Bahnhof sich angesichts des hohen Personenaufkommens mit Blick auf Straftaten als „insgesamt eher unauffällig“ darstelle, auch wenn das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung von dieser Bewertung vermutlich stark abweiche.
Den größten Anteil der am Bahnhof registrierten Straftaten würden Diebstahlsdelikte einnehmen, gefolgt von Vermögens- und Fälschungsdelikten sowie Rohheitsdelikten, überwiegend leichte Körperverletzung, so das Polizeipräsidium. Stelle man das Fallaufkommen des Bahnhofs im Jahr 2024 angrenzenden Bereichen in Bietigheim-Bissingen gegenüber, wie etwa der Innenstadt und den Stadtteilen Buch und Bissingen, falle dieses insgesamt sogar geringer aus, heißt es weiter. Auch der Bereich „Bürgergarten/Overlandpark/Japangarten“, zu dem die B27-Unterführung beim Enzpavillon gehöre, sei kein Kriminalitätsschwerpunkt.
Rechtlich nicht zulässig
Die Stadtverwaltung zieht aus diesen Rückmeldungen den Schluss, dass die Voraussetzungen zur Installation von Videoüberwachungsanlagen an den genannten Bereichen nicht erfüllt seien. „Eine rechtlich zulässige Umsetzung ist daher ausgeschlossen“, heißt es in der Ratsvorlage. Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass die Gewalttaten, die der Auslöser für den Wunsch nach Videoüberwachung waren, durch umfangreiche Maßnahmen des Polizeivollzugsdienstes jüngst nicht mehr aufgetreten seien.
Stattdessen schlägt die Verwaltung dem Gemeinderat nun zwei andere Maßnahmen vor, über die beraten und abgestimmt werden soll. Dies sind zum einen Lichtkonzepte für den Bahnhof und die B 27-Unterführung beim Enzpavillon, um das „subjektive Sicherheitsgefühl“ dort zu erhöhen. Durch bessere Ausleuchtung solle verhindert werden, dass Angsträume entstehen.
Zum anderen solle eine „Sicherheitspartnerschaft Bahnhof Bietigheim-Bissingen“ eingerichtet werden, in Form einer Arbeits-gruppe, die sich zwei Mal im Jahr trifft, um speziell die Situation rund um den Bahnhof in den Blick zu nehmen. Teilnehmer könnten Vertreter von Polizei, Bundespolizei, Deutscher Bahn, Gewerbetreibenden, VVS, City-Streife, Stadtwerke, Spillmann und Stadtverwaltung sein, so der Vorschlag.