Bietigheim-Bissingen Rätseln über extreme Mietsteigerung

Von Frank Ruppert
Der Stadtteil Buch hat die höchste Dichte an großen Mietshäuser in Bietigheim-Bissingen. ⇥ Foto: Werner Kuhnle

Laut der Firma F+B steigen nirgends in Deutschland die Neuvermietungspreise stärker als an Metter und Enz. Experten aus der Region wollen aus den Zahlen keine Schlüsse ziehen.

Die Firma F+B Forschung und Beratung für Wohnen hat für ihren neuesten Wohnindex zum vierten Quartal 2019 die Mietentwicklung in vielen deutschen Städten analysiert und verglichen. Dabei hat Bietigheim-Bissingen einen bundesweiten Spitzenplatz erreicht. In keiner anderen Stadt mit mehr als 25 000 Einwohnern sind die Mieten bei Neuverträgen so stark gestiegen wie an Metter und Enz. Im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2018 mussten Neumieter 13,6 Prozent mehr hinblättern. In der Region Stuttgart folgen mit je 4,6 Prozent Remseck und Kirchheim unter Teck. Wie kommt es, dass gerade Bietigheim-Bissingen so hervorsticht?

„Ich zweifle diese 13,6 Prozent an“, sagt Carsten Schüler, Geschäftsführer der Bietigheimer Wohnbau. Mit 679 eigenen vermietete Wohnungen ist das Unternehmen nach eigenen Angaben größter Vermieter in der Stadt. Schüler erklärt, er wisse nicht, wie F+B zu den Zahlen komme. Wenn etwa nur die Online-Angebote auf bestimmten Plattformen wie Immobilienscout24 ausgewertet würden, fielen viele Wohnungen nicht darunter, unter anderem von der Wohnbau selbst. Für sein Unternehmen sieht Schüler eher eine Stagnation der Mietpreise. So habe die Durchschnittsmiete Ende 2018 genau 7 Euro und Ende 2019 7,04 Euro betragen.

Neubauwohnungen teurer

43 Wohnungen habe man 2019 neu vermietet, davon seien allerdings auch 20 Neubauwohnungen gewesen. Der Quadratmeterpreis bei Neuvermietungen der Bietigheimer Wohnbau habe 2018 bei 8,05 Euro gelegen und 2019 bei 9,53 Euro. „Diese Zahl ist aber nicht repräsentativ“, erklärt Schüler. Weil eben Neubauwohnungen darunter waren und zwei Wohnungen im Sky-Hochhaus, die ohnehin im höheren Preissegment angesiedelt sind. Ohne diese beiden Gruppen betrage der Durchschnittspreis bei Neuvermietungen 7,95 Euro pro Quadratmeter.

Generell erklärt Schüler gegenüber der BZ aber die gute wirtschaftliche Lage in der Region und den begrenzten Raum in Bietigheim-Bissingen zu Gründen für hohe Mieten. „Und am Ende ist es eben eine Sache von Angebot und Nachfrage“, so der Geschäftsführer. Wichtig ist ihm auch darauf hinzuweisen, dass derzeit 195 Wohnungen, also fast ein Drittel, im Eigentum der Wohnbau geförderte Wohnungen seien. Weil die Förderungen befristet seien, käme es auch dort immer mal wieder vor, dass eben einige aus der Förderung herausfielen. So sei das momentan auch. Die Wohnbau habe das Ziel, auf 300 geförderte Wohnungen zu kommen.

Neben ihren eigenen Wohnungen verwaltet die Wohnbau auch rund 1600 Wohnungen. Bei denen gab es 2019 133 Neuvermietungen. Der durchschnittliche Mietpreis dort werde aber nicht erhoben. Die Wohnbau versuche auf die Eigentümer einzuwirken, nicht die höchstmögliche Miete zu nehmen, sondern lieber nach den bestmöglichen Mietern zu schauen. Das sei meist unkomplizierter, unter anderem weil bei hohen Mieten auch die Ansprüche der Mieter höher seien.

Kaum zu den Zahlen von F+B äußern möchte sich Eckart Bohn, Vorsitzender der Mieterbunds Kreis Ludwigsburg: „F+B legt nicht offen, wie das Ergebnis zustande kommt. Wir wissen nur, dass sich die Umfrage auf das vierte Quartal 2019 beschränkt. Daraus allgemeine Schlüsse zu ziehen, hielten wir für höchst angreifbar“, teilt er auf BZ-Anfrage mit.

Sky-Hochhaus als Grund?

Auch der Vorsitzende von Haus und Grund Region Ludwigsburg, Frank Rebholz, zweifelt an den Angaben von F+B: „Zunächst stellt sich die Frage nach der Datengrundlage des aktuellen F+B-Wohn-Indexes. Nach firmeneigenen Angaben handelt es sich um ,bereinigte Angebotsdaten’ und damit nicht um die tatsächlich im Vergleichszeitraum vereinbarten Mieten.“ Warum gerade Bietigheim-Bissingen Spitzenreiter in Deutschland bei der Teuerungsrate im Bereich Neuvertragsmieten ist, könne daher nicht seriös  beantwortet werden.

Da Mieten in starkem Maße von den Baukosten abhängig seien, könnte spekulativ hinterfragt werden, ob im Vergleichszeitraum für Bietigheim nur die  Neuvermietungen im Sky-Hochhaus in die Studie eingeflossen sind. Dort müsste – bei Baukosten von etwa 10 000 Euro pro Quadratmeter – eine Miete von mindestens 20 Euro pro Quadratmeter erzielt werden. „Demgegenüber könnte der Preisanstieg in Stuttgart weniger stark sein, weil in Stuttgart im selben Betrachtungszeitraum ein günstiger(er) oder mit Fördergeldern erstellter Neubau angeboten/vermietet wurde“, teilt Rebholz mit.

 
 
- Anzeige -