Ungewohnten Tätigkeiten gingen Schüler der Ellentalgymnasien am Donnerstagvormittag nach: Sie halfen mit, Tische und Stühle aus dem Gebäude Schwarzwaldstraße 29 zu einem davor wartenden Lastwagen zu transportieren. Dessen Ziel: die ukrainische Grenze.
Bietigheim-Bissingen Schulmöbel für die Ukraine
Nach dem Umzug der Gymnasien aus den provisorischen Schulräumen in der Schwarzwaldstraße hat die Stadt altes Mobiliar an das Gustav-Adolf-Werk gespendet.
Das Mobiliar war mit ins Ausweichquartier in den provisorischen Schulräumen in der Schwarzwaldstraße genommen worden, während das Schulgebäude saniert wurde. In den Sommerferien konnte die Schule nach Abschluss der mehrjährigen Sanierung nun wieder in ihre angestammten Räume umziehen, sagte Ingo Knesch, der Leiter des Gymnasiums K 2 im Ellental. Er freue sich, dass man dadurch wieder kurze Wege im Schulgebäude habe und die Belastungen durch die Sanierungsarbeiten beendet seien. Besonders schlimm sei es während der Sanierung des Mittelbaus gewesen, so Knesch, als ein Großteil abgezäunt war und man drum herum laufen musste.
238 Schülertische
Nach dem Umzug in die sanierten Räume blieben zahlreiche alte Schulmöbel zurück, die inzwischen ersetzt wurden. Daher stellte sich für die Stadt als Schulträger die Frage, was mit diesen Möbeln geschehen sollte. In der Schwarzwaldstraße waren rund 20 Klassen untergebracht, übrig waren nun 238 Schülertische, 16 Computertische, 22 weitere Tische und 73 Stühle. Die Entscheidung fiel, sie ans Gustav-Adolf-Werk zu spenden, dessen früherer Geschäftsführer Ulrich Hirsch aus Spielberg seit dem russischen Überfall Transporte in das vom Krieg gebeutelte Land organisiert.
„Mit dem Gustav-Adolf-Werk und seinem früheren Geschäftsführer Ulrich Hirsch haben wir einen verlässlichen Partner für die gute Verwendung der gebrauchten Schulmöbel gefunden“, erklärte Bürgermeister Michael Wolf bei der Spendenübergabe und bedankte sich bei Hirsch und seinem Team. Er sei froh, dass die Schulmöbel nicht auf dem Müll landen, sondern noch weiter ihren Dienst tun können. Für die gesparten Entsorgungskosten will die Stadt noch zusätzlich Geld spenden, kündigte Wolf an.
In diesem Jahr 15 Transporte
Hirsch berichtete, dass der Lastwagen zusammen mit weiteren Hilfsgütern, die das Gustav-Adolf-Werk bereits in einem Schuppen in Hohenhaslach gelagert hatte, noch am Donnerstagabend auf den Weg Richtung Ukraine gehen werde. Zwei Tage dauere die Fahrt bis zur ukrainischen Grenze.
Dort, noch auf ungarischem Gebiet, erfolgt die Übergabe an den ukrainischen Pfarrer Péter Szeghljanik, der für den Weitertransport und die Verteilung der Hilfsgüter sorgt. „Wir garantieren, es kommt alles eins zu eins an“, sagte Hirsch.
Er hat mit seinem Team allein in diesem Jahr schon 15 Transporte in die Ukraine organisiert, seit Kriegsbeginn im Februar 2022 seien es mehr als 50. Er erhalte derzeit Anfragen von vielen Schulen in der Region, ob er ausgediente Schulmöbel mitnehmen könne, schilderte Hirsch. Fahrräder seien ebenfalls gefragt, denn wenn aus Mangel an Benzin und Strom andere Verkehrsmittel flachfallen, seien diese in der Ukraine sehr nützlich. Er habe mit seinem Team inzwischen rund 2000 Fahrräder dorthin gebracht. Ebenfalls wichtig seien Generatoren oder Solaranlagen, da die russischen Streitkräfte seit Juli die ukrainische Stromversorgung massiv angreifen und zerstören würden, sagte Hirsch.
Neue Nutzung noch unklar
Die geräumten Räume in der Schwarzwaldstraße 29 sollen zum 30. September wieder dem Eigentümer des Gebäudes, der Bietigheimer Wohnbau, übergeben werden. Wie sie zukünftig genutzt werden, steht nach Auskunft von Anette Hochmuth, der Sprecherin der Stadt, noch nicht endgültig fest. „Die Verhandlungen laufen noch“, sagte sie, deutete aber an, dass die Räume möglicherweise wieder als Domizil einer Schule dienen könnten.