Bietigheim-Bissingen Eine Ehe, so alt wie Bietigheim-Bissingen

Von Petra Neset-Ruppert
In ihrem Garten fühlt es sich sehr nach Urlaub an: Bernd und Helga Kramer haben sich in Bissingen ein grünes Idyll mit vielen Rosenstöcken geschaffen. Foto: /Oliver Bürkle

Das Ehepaar Helga und Bernd Kramer aus Bietigheim-Bissingen feiert den 50. Hochzeitstag.

Auf dem Fußballplatz hat sie ihn gesehen, den Mann mit den „langen, blonden Haaren“. Der hatte ihr gefallen und über einen Freund wurde der Kontakt hergestellt. Das war 1973. Da fing alles an: Helga und Bernd Kramer lernten sich kennen. Er ein „waschechter“ Bissinger, sie eine Siebenbürger Sächsin, die in Bietigheim lebte. Nach gemeinsamen Treffen zum Billardspielen und tanzen in der „Diskothek“ gingen beide erst einmal getrennte Weg.

Für Bernd Kramer ging es nach Norddeutschland zur Bundeswehr, wo er bei der Marine eine Ausbildung zum Tastfunker machte. Helga Kramer ging zum Psychologiestudium nach Göttingen. Doch als bei ihm die Frage aufkam, ob er sich für länger bei der Bundeswehr verpflichten wollte, zog es ihn wieder in die schwäbische Heimat. Auch Helga Kramer zog es zurück. Sie brach ihr Studium ab und am 30. Mai 1975 heirateten die beiden.

Von der Bietigheimerin zur Bissingerin

Zu diesem Zeitpunkt ging es in Bietigheim und Bissingen noch hoch her, ging es doch darum, ob die beiden Kommunen zu einer Stadt zusammenwachsen sollten. „Die Bissinger wollten ja den Zusammenschluss gar nicht“, erinnert sich Bernd Kramer. Sogar eine Art „Grenzkontrolle“ habe es am Bissinger Bahnhof gegeben. „Das haben viele als eine Art Zwangsheirat gesehen“, erinnert sich der 72-Jährige.

Auch seine Entscheidung, eine Frau, die nicht aus Bissingen war, zu heiraten, sorgte in der Familie nicht gerade für Jubelrufe. „Aber mir hat schon immer das Exotische gefallen“, sagt Bernd Kramer und lacht seine Frau an. „Und ich bin jetzt Bissingerin und würde nirgendwo anders wohnen wollen“, bekräftigt Helga Kramer. Mit einem Kleid für 160 D-Mark, das ihr ihre Eltern in einer Reinigung kauften, ging es für die damals 22-Jährige vor den Traualtar: Erst das Standesamt im Bissinger Rathaus, wo sie der letzte Bissinger Bürgermeister Hermann Silcher traute, dann Fotos, danach die kirchliche Trauung im Stadtteil Buch in der Pauluskirche.

Gefeiert wurde in der Vereinsgaststätte des Kleintierzüchtervereins in Großingersheim. „Wir hatten eine Live-Kapelle und hatten eine tolle Feier mit Brautdiebstahl, Schuhversteigerung und viel Tanz“, erinnert sich Helga Kramer. 70 Gäste feierten ausgiebig mit dem Paar die frisch geschlossene Ehe.

Nach der Hochzeit wohnten die beiden in Bissingen und sind trotz verschiedener Umzüge dem alten Flecken immer treu geblieben. Bernd Kramer arbeitete als ausgebildeter Industriekaufmann für die Firma Elbe und war für den Verkauf und Export zuständig.

Auf der Arbeit viel Kontakt mit den Leuten

Nach einer Zeit bei der Ludwigsburger Arbeitsagentur fing Helga Kramer 1982 in der Bietigheim-Bissinger Stadtverwaltung an. Sie war zuständig für die Wahlen und arbeitete zuletzt im Bürgeramt. „Das war eine tolle Sache. Ich hatte so viel Kontakt zu den Leuten und die Arbeit für die Wahlen, das hat mir Spaß gemacht“, schwärmt die heute 72-Jährige.

Gerade auch das sei beiden Eheleuten immer wichtig gewesen: „Sich gegenseitig die Freiräume lassen“, erklärt die Siebenbürger Sächsin. Denn zu Bernd Kramers Arbeit gehörten auch viele Arbeitsreisen, die ihn unter anderem nach Saudi Arabien oder auch Singapur führten.

„Mir hat das Spaß gemacht, das Fremde zu erkunden und kennenzulernen, aber ich habe mich auch immer gefreut, nach Hause zu kommen und meiner Frau von diesen Ländern zu erzählen und ihr die Fotos zu zeigen“, erzählt Bernd Kramer. Ihr haben diese Geschichten auch immer gefallen, offen für Neues waren die beiden schon immer und so machten sie auch gemeinsam mit ihrem Sohn, der 1978 geboren wurde, viele Reisen. Die Ruhe und die Natur in Norwegen habe dem Ehepaar besonders gut gefallen. Dort habe man gemeinsam mit Freunden das vielseitige Land erkundet und der Sohn konnte viel fischen.

Doch es sei eben nicht immer alles leicht und schön gewesen. Der frühe Tod von Bernd Kramers Vater zwang ihn schnell in eine Rolle als Familienoberhaupt, in der er sich nicht nur um die Mutter, die pflegebedürftige Schwester, sondern auch um Weinberge und Streuobstwiesen kümmerte. „Er wurde schon sehr gefordert“, erinnert sich Helga Kramer.

Mehrere Erkrankungen zwangen Bernd Kramer dazu, langsamer zu machen und seine Frau kümmert sich seither um ihn. Beide gingen in die Frührente und mussten sich in ihrem neuen Alltag zurechtfinden. „Es war auch Arbeit, dass die Ehe nun schon seit 50 Jahren hält“, erklärt Helga Kramer. Doch mit den Freiräumen für den jeweils anderen habe es dann funktioniert und sie fanden gemeinsame Lösungen.

Letzte große Reise führte 2014 in die USA

Die letzte große Reise unternahmen die beiden 2014 in die USA. Eine wohlhabende Freundin von Helga Kramer hatte sie eingeladen und so ging es unter anderem nach Los Angeles, New York und Hawaii. „Hawaii war mein Favorit, da war alles so locker und entspannt“, schwärmt Bernd Kramer. Gemeinsame Reisen seien aufgrund seiner Erkrankungen nicht mehr möglich. „Diese Pflegearbeit macht auch einsam“, sagt Helga Kramer. Früher habe sie gerne zu kleinen Feiern eingeladen, doch dazu fehle ihr einfach die Kraft.

Doch am heutigen 50. Hochzeitstag feiern sie. Zwar nicht mehr in so großer Runde, erst mit einem Umtrunk zu Hause und anschließendem Essen in der Rommelmühle. Und wer weiß, was der Abend bringt, vielleicht wird dann auch noch getanzt.

 
 
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