Bietigheim-Bissingen „Sobald eine Schraube da ist, wird aufgeschraubt“

Von Helga Spannhake
Udo Fürderer (rechts) repariert den Kassettenrecorder eines Kunden. Foto: /Martin Kalb

Für das erste Repaircafé der St. Laurentius Gemeinde gab es über 20 Anmeldungen für defekte CD-Player, Kassettenrekorder und Radios.

Reparieren statt wegwerfen. So lautet das Motto des neuen Repaircafés in den Räumen der katholischen St. Laurentius-Gemeinde in Bietigheim. Zur Premiere des neuen Reparaturangebots gab es über 20 Anmeldungen defekter Geräte.

„Der Motor scheint defekt zu sein“, sagt Peter Kaiser bedauernd, während er mit konzentriertem Blick und Schraubenzieher bewaffnet in das Innenleben eines CD-Players schaut. Mitgebracht hat diesen das Ehepaar Lautner aus Bietigheim-Bissingen. Ihre Mini-HiFi-Anlage ist bereits über zehn Jahre alt. Das Radio funktioniert noch, aber CDs konnten sie nicht mehr abspielen. Leider wird das auch so bleiben, denn trotz großer Mühe gelingt nicht jede Reparatur. Das Gerät ist schon zu alt und Ersatzteile sind nicht mehr zu bekommen.

Einen Raum weiter steht ein schwarzes Rührgerät auf dem Kopf. Holger Röhm und Guido Hering betrachten die dazugehörige Platine, löten sie an einer Stelle. Bereits als Kind hat der Informatiker Holger Röhm gern gebastelt und wollte schon immer mal bei einem Repaircafé dabei sein: „Sobald eine Schraube da ist, wird aufgeschraubt“, ergänzt Guido Hering lachend. Am Nebentisch sitzt Udo Fürderer vor einem Kassettenrekorder und drückt auf eine der schwarzen Tasten: „Sie hat geklemmt und jetzt geht sie wieder“, freut er sich über die gelungene Reparatur.

Gelebte Nachhaltigkeit

Ressourcen zu schonen war dem St. Laurentius-Kirchengemeinderatsvorsitzenden Johannes Schockenhoff schon immer wichtig: „Viel zu viele Rohstoffe gehen verloren“, betont er und da ist es eben auch hilfreich, wenn man ein altes Gerät weiter nutzen kann. Im Sommer 2023 erhielt St. Laurentius das Zertifikat als „Faire Gemeinde“. Alle zwei Jahre muss dieses Engagement nicht nur bestätigt, sondern ausgeweitet werden und so entstand die Idee für das Repaircafé: „Dass gleich so viele gekommen sind, hat mich überrascht“, sagt Johannes Schockenhoff.

Über das Internet konnte das kaputte Gerät angemeldet werden, aber das war keine Pflicht. Auch unangemeldet ist jede und jeder willkommen. Zunächst bezieht sich das Reparaturangebot nur auf Elektrogeräte und diese müssen tragbar sein. Die Reparaturen werden auf Spendenbasis vorgenommen.

Keine Konkurrenz

Wichtig ist Schockenhoff auch, dass es dabei nicht ums Sparen gehe, sondern darum, dass einem vom Handel als nicht-reparierfähig ausgewiesenen Elektroartikel doch wieder neues Leben eingehaucht wird: „Wir wollen niemandem Konkurrenz machen“, betont er. Daher sind auch Reparaturen von Fahrrädern nur unter Vorbehalt geplant – eventuell in Kooperation mit Fahrradgeschäften: „Die können dann wiederum bei uns ihre zukünftigen Kunden finden“, ergänzt Peter Röhl, zuständig für die Internetseite des Repaircafés. Auch die Stadt Bietigheim-Bissingen ist seit 2013 Fairtrade-Town und daher ist es Oberbürgermeister Jürgen Kessing ein Anliegen, den Reparateuren einen Besuch abzustatten und interessiert über die Schultern zu schauen: „Wir wollen Nachhaltigkeit, und Dinge zu reparieren ist sinnvoll“, erklärt Jürgen Kessing und er macht zusätzlich darauf aufmerksam, dass es auch viele Leute gibt, die sich kein neues Gerät leisten können und daher auf Reparaturangebote angewiesen seien: „Und wir sind halt auch ein Tüftlerland“, fügt er schmunzelnd hinzu.

Getüftelt wird viel beim ersten Bietigheim-Bissinger Repaircafé und so ein Papierstau im Drucker ebenso aufgelöst wie bei einem alten Loewe Opta Röhrenradio aus dem Jahr 1959 der kaputte Schalter erfolgreich überbrückt.

Einmal im Monat wird es das Repaircafé im Gemeindehaus St. Laurentius geben. Die nächsten Termine sind am 26. März und am 23. April.  

 
 
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