Über eine Wendeltreppe geht es hinab in den Untergrund. Dort angekommen, schaltet Dr. Catharina Raible, die Leiterin des Hornmoldhauses, das Licht an – und sichtbar wird ein Gewirr aus Leitungen und weiteren technischen Elementen. Im Keller unter dem Stadtmuseum Hornmoldhaus befinden sich heute eine Heizungsanlage (Fernwärme) und Elektrotechnik. Raible lenkt den Blick indes auf die steinernen, bogenförmigen Wände. Sie lassen erkennen, dass man sich in einem historischen, Jahrhunderte alten Gewölbekeller befindet, der früher ganz anders genutzt wurde.
Bietigheim-Bissingen Statt Weinfässern jede Menge Technik
Unter dem Hornmoldhaus befindet sich ein großer historischer Gewölbekeller. Einen Eindruck davon, wie es dort im 16. Jahrhundert aussah, vermittelt heute die VR-Brille.
Wie, das demonstriert die Museumsleiterin mit einer VR-Brille. Setzt man diese auf, befindet man sich in einem Weinkeller mit vielen Fässern sowie einem hölzernen Schrank. „Das ist das Bietigheimer Weinregister“, erläutert Raible. Der virtuelle Besucher kann das Register auch öffnen, ebenso lässt sich am Zapfhahn eines Fasses drehen – und der alkoholhaltige Inhalt läuft auf den Boden.
Keller wohl älter als das Haus
Raible nimmt an, dass der Keller unter dem Hornmoldhaus – ein zweiter, wesentlich kleinerer befindet sich unter dem Anbau des Gebäudes – noch älter ist als das Haus selbst. Bevor dieses in den Besitz von Sebastian Hornmold kam, befand sich hier das verlassene Pfründhaus der Johannespfründe. Herzog Ulrich schenkte es dem Bietigheimer, als er ihn 1535 zum Vogt ernannte, und dieser errichtete 1535 bis 1536 über dem alten Keller einen neuen, prächtigen Wohnsitz.
Der Keller war für Hornmold wichtig, denn dieser betrieb zugleich einen schwunghaften Weinhandel. Bei seinem Tod im Jahr 1581 hinterließ er 57 Eimer Wein, was 17.000 Litern entsprach, und Fässer für 152 Eimer (circa 45.000 Liter).
Damals galten Weinbau und Weinhandel laut Catharina Raible als Haupteinnahmequelle in Bietigheim. Wein wurde nicht nur zum eigenen Verzehr angebaut, sondern bis in die Niederlande verkauft.
Ein Zeichen des Wohlstands
Deshalb war der Keller Hornmolds auch nur einer von vielen. Fast jedes Haus in der Bietigheimer Altstadt habe damals einen riesigen Keller gehabt, stellt Günther Bentele in „Bietigheim 789 bis 1989“ fest. Kennzeichnend waren ein großer gebogener Eingang und ein weiter Kellerhals für mächtige Fässer. Die hiesigen Keller dürften nach Einschätzung Benteles im 15. und frühen 16. Jahrhundert entstanden sein. Häuser ohne Keller seien der ärmeren Bevölkerung zuzurechnen.
Der Weinanbau nahm damals in Württemberg einen solchen Umfang ein, dass die Obrigkeit eingreifen musste. Herzog Ludwig I. verbot im Jahr 1575 die Umwandlung weiterer Ackerflächen in Weingärten, um zu verhindern, dass zu wenig Lebensmittel produziert wurden.
Als die Weinherstellung nachließ wurden die Keller der Altstadt laut Museumsleiterin Raible zur Lagerung anderer Dinge benutzt. Zum Beispiel Most oder Lebensmittel. Erst seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts habe die Bedeutung der Keller für die Vorratshaltung nachgelassen.
Schächte für Kabel genutzt
Im Hornmoldhaus, das bis Anfang der 1960er-Jahre im Besitz der Familie Lang war, die dort eine kleine Bäckerei betrieb, wurden im Keller Zwischenwände eingezogen, um abgetrennte Kellerbereiche zu schaffen. Bis vor eineinhalb Jahren wohnten hier noch Mieter, die den Keller mitbenutzten.
Zuletzt wurde im Keller wieder gearbeitet, das Hornmoldhaus erhält schnelles Internet. Jetzt muss noch das Gebäude selbst verkabelt werden, bis Jahresende soll alles fertig sein, erzählt Raible. Für die Arbeiten wurden auch die Schächte, die es zum Rathaus und zum Anbau gibt, genutzt. Von Geheimgängen will die Museumsleiterin dabei aber nicht reden – vielleicht könnten diese Schächte aus der Kriegszeit stammen, als die Menschen in den Kellern Schutz suchten, vermutet sie.