Bietigheim-Bissingen Tag des brandverletzen Kindes: Es kann so schnell passieren

Von pn
Florentine Kochanskis Sohn erlitt schwere Verbrühungen und das, obwohl die systemische Familienberaterin in ihren Kursen regelmäßig auf die Gefahren von Verbrennungen bei Kindern hinweist. Sie möchte mit ihrer Geschichte Aufmerksamkeit für das Thema schaffen. Foto: Oliver Bürkle

Die Bietigheimerin Florentine Kochanski erzählt am Tag des brandverletzen Kindes von der schweren Verbrühung ihres Sohnes. Rund 200 Kinder werden jährlich im Stuttgarter Olgahospital wegen Verbrühungen und Verbrennungen versorgt.

„Diesen Schrei werde ich nie vergessen“, erzählt Florentine Kochanski. Der jüngste Sohn der systemischen Familienberaterin aus Bietigheim-Bissingen verbrühte sich Anfang Oktober schwer. Eine Operation und zwei Vollnarkosen während eines knapp einwöchigen Krankenhausaufenthalts waren ein Teil der Folgen, mit denen die Familie konfrontiert war.

„Es ist uns passiert. Ich, die es in den Kursen mantraartig runterbete, wie schnell sich Kinder verbrennen können und wie extrem vorsichtig man sein muss“, sagt Kochanski. Sie gibt in Bietigheim unter anderem Baby- und Kleinkindkurse in ihrem „liebevollbegleitet“-Studio. Drei Kinder hat Kochanski. Bei ihrem zweieinhalbjährigen Sohn kam es zu einer schweren Verbrühung, als er versuchte eine Thermostasse mit heißem Tee von einer Ablage zu holen. „Ich hatte die Tasse gesehen, war mir sicher, dass sie weit genug wegstand, aber er kam trotzdem ran“, erinnert sich Kochanski. Der Thermosbecher sei eine seiner Lieblingstassen, leider spürt man von außen auch nicht, wenn sich darin eine heiße Flüssigkeit befindet. Die Gummierung am Boden tat sein Übriges und so ergoss sich heißer Tee über den kaum Zweieinhalbjährigen.

Öffentlich darüber sprechen

„Ich habe mich dafür entschieden, das Ganze auf Insta zu thematisieren. Denn ich dachte, wenn es hilft, dass nur einem Kind genau das erspart bleibt, dann war es schon richtig“, erzählt die Mutter von drei Söhnen. Die Reaktionen auf Instagram bestärkten sie in ihrer Entscheidung, das Thema öffentlich zu machen: „Mir haben so viele Erwachsene geschrieben, die selbst eine solche Verletzung erlitten haben, aber auch Eltern, die meine Geschichte zum Anlass genommen haben, Gefahrenpunkte zu Hause zu entfernen“, sagt Kochanski. Sie sei überrascht und auch erschrocken gewesen, als sie las, wie vielen Menschen das passiert sei.

„Wir behandeln ein bis zwei Kinder pro Woche ambulant wegen Verbrennungen oder Verbrühungen“, sagt Dr. Hartwig Sauter, Oberarzt der Kinderchirurgie in der RKH Klinik Ludwigsburg. 2021 versorgte das Team drei Kinder operativ, die mit schweren Verbrennungen oder Verbrühungen eingeliefert wurden. In diesem Jahr waren es bisher zwei Kinder. Meist werden die jungen Patienten jedoch direkt mit dem Rettungswagen nach Stuttgart in das Olgahospital gebracht, da es dort ein Schwerbrandverletztenzentrum gibt. Im Olgahospital werden jährlich rund 200 Kinder mit Brandverletzungen behandelt. Die Kinderchirurgie hält eigens ein Bett für schwerbrandverletzte Kinder vor. Rund dreiviertel der Patienten müssen auch operiert werden.

Lange Heilungszeit bei Brandverletzungen

Auch Kochanski kam mit ihrem Sohn direkt nach Stuttgart. „Als er sich verbrühte, haben wir funktioniert wie Roboter“, erinnert sich die Bietigheimerin. Rettungswagen rufen, Kleidung ausziehen, mit handwarmen, feuchten Handtüchern kühlen. Ihr Mann und sie haben in diesem Moment als Team gut funktioniert. Erst im Krankenwagen habe sie zu weinen begonnen, als sie „nur noch abwarten“ konnte. Auch jetzt noch reden sie in der Familie darüber, um zu verarbeiten, was geschehen ist. Ihr Sohn wird noch einige Zeit einen Kompressionsstrumpf am Arm tragen müssen, täglich zwei bis drei Mal eincremen, gehört auch die kommenden zwei Jahre zu ihrem Alltag. „Zum Glück geht mein Sohn sehr positiv mit seiner Krankenhauserfahrung um, wir hatten da wirklich ein tolles Team vor Ort“, betont Kochanski.

Hilfe erhielt sie sich auch über die Hotline des Vereins Paulinchen, eine Initiative, die sich um brandverletzte Kinder und deren Angehörige kümmert. Der Verein hat auch den 7. Dezember zum „Tag des brandverletzten Kindes“ initiiert, um auf die Gefahren für Brand- und Verbrühungsverletzungen bei Kindern aufmerksam zu machen. „Es sind die Kleinigkeiten, bei denen wir aufmerksam sein müssen: eine Heizung, ein Ofen oder auch die heiße Tasse zum Beispiel auf dem Weihnachtsmarkt, wenn man das Kind in der Trage hat“, sagt Kochanski. Sie will in Zukunft in ihren Kursen noch mehr auf das Thema Verbrennungen bei Kindern eingehen.

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Erste Hilfe bei brandverletzten Kindern

In diesem Jahr
legt der Tag des brandverletzten Kindes den Schwerpunkt auf die Erste Hilfe. Falls sich ein Kind verbrennt oder verbrüht gilt es folgendes zu beachten: Notruf alarmieren und Ruhe bewahren. Niemals das ganze Kind kalt abduschen, es besteht Unterkühlungsgefahr, nur mit handwarmem Wasser kühlen. Kleidung sollte man nur bei Verbrühungen entfernen, nicht bei Verbrennungen. 

 
 
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