Bietigheim-Bissingen Tote Katze sollte Hexen abschrecken

Von Claudia Mocek
Die frühere Markgröninger Stadtarchivarin Dr. Petra Schad (rechts), hier mit der Leiterin des Hornmoldhaus Dr. Catharina Raible, wertet Funde von Katzenmumien aus. Foto: /Martin Kalb

Archivarin Dr. Petra Schad sammelt seit 25 Jahren Fundmeldungen von Katzenmumien aus alten Häusern. Drei Mumien hat sie aufwendig untersuchen lassen, um das Alter herauszufinden.

Seit 25 Jahren sammelt Dr. Petra Schad Funde von Katzenmumien aus alten Häusern in einer Datenbank. „Aktuell liegen mir 64 Meldungen aus 42 Gebäuden im Landkreis Ludwigsburg vor“, sagt die Archivarin im Ruhestand. Insgesamt wurden ihr aus der ganzen Bundesrepublik 161 Funde weitergeleitet. „Es gibt Belege, dass tote Katzen noch bis ins 19./20. Jahrhundert in den Zwischenböden von Häusern hinterlegt wurden“, sagt Schad. Drei der Mumien hat sie mithilfe von archäologischen Methoden näher untersuchen lassen. „Was mir wichtig ist: eine umfassende Dokumentation, die Auskunft gibt“, sagt Schad.

161 Einträge in der Datenbank

1999 wurde in der Herrenküferei, einem Fachwerkhaus in Markgröningen von 1414, die erste Katzenmumie gefunden. Für die damalige Stadtarchivarin wurde sie zum Ausgangspunkt für ihre Forschungen. Nachfragen etwa bei Zimmerleuten ergaben, dass es in der Vergangenheit immer wieder solche Funde gegeben hatte. Der Anfang von Schads Datenbank war damit gemacht. Allein in Markgröningen wurden in neun Gebäuden 16 Mumien gefunden.

Auch etwa in Bietigheim, Bönnigheim, Kleinsachsenheim und Unterriexingen wurden gleich mehrere Mumien in einem Gebäude gefunden, die häufig in der Nähe von Kaminen oder Feuerstellen versteckt waren. Über die Jahre wuchsen die Datenbank-Einträge aus ganz Deutschland auf 161. Die letzten Funde stammen etwa aus Hessigheim (2023) und Heutingsheim (2024). Die Katzen sollten die Bewohner vor bösen Einflüssen schützen, ist Schad überzeugt. Der Hexenglauben früherer Zeiten sei noch lange verbreitet gewesen. „Die individuelle Interpretation ist nicht klar“, sagt Schad. „Doch die Angst war bei den Menschen nach wie vor vorhanden“, sagt Schad.

Bei den Katzen handelt es sich um Trockenmumien. Die Tiere wurden getötet, durch Wasserentzug trocknete die Haut rasch aus, verfestigte sich und verhinderte die erneute Wasseraufnahme. Anschließend lösten sich die Organe wie das Verdauungssystem durch Selbstverdauung oder durch enzymatischen Zerfall auf. „Die Mumien sind federleicht,“ sagt Schad. Sie ist sich nicht einmal sicher, ob der Mumifizierungsprozess stark roch. Zumal das Geruchsempfinden früher, als das Vieh noch im Haus untergebracht war, anders war als heute.

Heiliges Tier oder bedrohliches Wesen?

War die Katze in Ägypten ein heiliges Tier, galt sie der Gelehrten Hildegard von Bingen aus dem 12. Jahrhundert als kaltes und bedrohliches Wesen. Noch um 1900 soll Schad zufolge der Glaube an Hexen in Gestalt von Katzen im Landkreis lebendig gewesen sein. Eine getötete und damit besiegte Katze im Zwischenboden eines Hauses versteckt, sollte anderen Hexen oder Dämonen als Abschreckung dienen, vermutet die Archivarin.

Mithilfe archäometrischer Untersuchungen hat sie versucht, das Alter von drei Katzenmumien herauszufinden: Aus Knochenproben wurde Kollagen extrahiert, das anschließend verbrannt wurde. An dem Kohlenstoff (Carbon) wurden dann die radioaktiven C-Atome gezählt. „Ein Riesenaufwand“, sagt Schad, der rund 570 Euro kostete. Doch da die C14-Werte zwischen 1650 und 1950 ähnlich sind, benötigten die Forscher weitere Hinweise, um das Ergebnis zu interpretieren.

Da zum Beispiel an der Kirche, in der eine der untersuchten Katzen gefunden worden war, in den 1750er-Jahren größere Baumaßnahmen vorgenommen wurden, vermutet Schad, dass die Katze in dieser Zeit auch dort hinterlegt wurde. Ob die Handwerker eigenmächtig handelten oder im Auftrag etwa des Pfarrers, ist nicht bekannt.

Magische Objekte

Nicht nur Katzen wurden in Gebäuden hinterlegt: Es wurden auch andere magische Objekte gefunden wie Schuhe, Nachgeburtstöpfe oder Getreideringe. Feuerbriefe sollten die Bewohner vor möglichen Flammen schützen. „Das war eine reale Praxis“, sagt die Archivarin.

„Ich bin mit meiner Arbeit 30 bis 50 Jahre zu spät dran“, sagt Petra Schad. Denn vor allem in den 1960er und 70er-Jahren wurden solche Objekte beim Sanieren in alten Häusern gefunden. Die Archivarin möchte ihre aufwendige Dokumentation künftig etwa bei einer öffentlichen Stelle wie der Landesstelle für Volkskunde unterbringen. Doch bis dahin sammelt sie weiter. Wer auf Funde in alten Häusern stößt oder in der Vergangenheit gestoßen ist, kann sich an das Stadtmuseum Hornmoldhaus wenden. Dieses gibt die Infos an Petra Schad weiter.

 
 
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