Von Bäumen, Büschen, Sträuchern und Gras ist Hangfläche unterhalb des Ulrichsbuckels überwuchert, die im Süden vom Felsenkellerweg, im Norden von der Wobachstraße begrenzt wird. Wie im Dezember im Gemeinderat bekannt gegeben wurde, planen zwei Bauherren dort Mehrfamilienhäuser zu errichten und damit dem Wildwuchs ein Ende zu setzen, wofür die Stadträte die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen haben (die BZ berichtete). Dann beginnt ein neues Kapitel auf dem Areal, dessen heutiges Aussehen nicht ahnen lässt, dass sich dort über eine lange Zeit hinweg ein beliebtes Ausflugslokal befand.
Bietigheim-Bissingen Über dem Felsenkeller ist Gras gewachsen
Die Fläche, auf der sich in früheren Zeiten ein beliebtes Ausflugslokal befand, ist seit 2002 unbebaut. In jüngster Zeit gibt es Pläne für eine Wohnbebauung. Ein Rückblick.
Bierkeller ab 1836
Die Geschichte des Lokals beginnt laut den Recherchen von Stadtarchiv-Mitarbeiterin Gaby Hohn-Schwenninger im Jahr 1836. Damals gab es noch keinen Viadukt und keinen Bahnhof, nur Wiesen und Felder erstreckten sich jenseits der Enz an der Straße nach Ludwigsburg. Der Bierbrauer und Wirt Christian Berg aus Herrenberg kam auf die Idee, dort einen Bierkeller anzulegen, den er in den Felsen beim Ulrichsbuckel treiben ließ. Darüber eröffnete er eine Gartenwirtschaft.
Die kam offensichtlich bei den Bietigheimern gut an, die sonst eher Wein gewohnt waren. Im Jahr 1874 ließ sein Sohn August Berg die Gartenwirtschaft zu einem festen Gebäude ausbauen und auch eine Kegelbahn errichten. Der Felsenkeller entwickelte sich zu einem Lokal, das durch seine Gartenwirtschaft, die Kegelbahn und das selbstgebraute Bier zu einem gut besuchten Ausflugsziel wurde.
Die Chaussee nach Ludwigsburg hieß inzwischen Bahnhofstraße, nachdem der Schienenverkehr 1847 nun auch nach Bietigheim gekommen war. Neben dem Felsenkeller entstanden an der belebten Straße mit dem Storchen (1873) und dem Rößle (1882) weitere Gaststätten.
Für den Felsenkeller selbst begann ab 1889, als Berg das Gebäude verkaufte, erst einmal eine unruhige Phase. Der neue Eigentümer, der Bierbrauer Sautermeister aus Rottenburg, ließ das Gebäude vergrößern und eine Bierbrauerei sowie eine gemauerte Kegelbahn errichten, konnte den Besitz aber nicht lange halten. Die „Bachnersche Brauereigesellschaft“ aus Stuttgart agierte mit wechselnden Pächtern. Eine neue Blütezeit trat erst ein, als 1899 der Metzgermeister August Dierolf aus Heilbronn das Lokal übernahm.
Der Felsenkeller wurde in der Folge zum Stammlokal des Turnvereins und zahlreiche Veranstaltungen fanden dort statt, unter anderem 1913 der „Richtschmaus“ zum Rohbau des nahegelegenen Bietigheimer Krankenhauses. Als 1932 August Dierolf und seine Frau Fanny starben, führte die Tochter Julie Dierolf, auch „Tante Julie“ genannt, den Betrieb weiter.
Keller bietet Schutz im Krieg
Während des Zweiten Weltkriegs boten die Gewölbe des Felsenkellers den Anwohnern Schutz vor Luftangriffen. Ende 1944 plante sogar die Firma SWF (Spezialwerkzeugfabrik Feuerbach), die nahe beim Bahnhof durch Luftangriffe stark gefährdet war, Teile der Produktion in die Kellerräume des Felsenkellers zu verlegen, wozu es dann aber nicht mehr kam.
Im Jahr 1952 ging mit dem Tod von Julie Dierolf eine Ära zu Ende. In den 50er- und 60er-Jahren waren Helmut Feger und Sylvester Geier Wirte im Felsenkeller, dieser wurde nun auch zum Vereinslokal des Schützenvereins.
Doch die beste Zeit der Gastwirtschaft war nun vorbei. Ab den 70er-Jahren gab es unter verschiedenen Wirten griechische Küche, bis der Wirtschaftsbetrieb im Jahr 1993 endete. 2002 begann der Abbruch der Gebäude. Seither ist die Fläche sich selbst überlassen, was sich nun wieder ändern soll, wenn die beabsichtigte Neubebauung realisiert wird.