Bietigheim-Bissingen Urban Artist trifft auf Städtische Galerie

Von Heidi Falk
Bewegung spielt in den Werken von Alexis „Bust“ Stephens eine zentrale Rolle. In der Werkgruppe „Saut de l’être“, die er 2022 begonnen hat, sind es oft Dreiergruppen, die sich im Sprung oder im Fall – das ist nicht immer klar – befinden. Foto: /Martin Kalb

In der neuen Studioausstellung sind ab Freitag und bis 27. April Werke von Alexis „Bust“ Stephens aus der französischen Partnerstadt Sucy-en-Brie zu sehen.

In der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen war eigentlich noch nie ein Streetart-Künstler ausgestellt, aber bei ihm ist es etwas anderes“, sagt Galerieleiterin Dr. Isabell Schenk-Weininger. Am Freitagabend ist ab 19 Uhr die Eröffnung der neuen Studioausstellung. Ausgestellt werden Werke des Künstlers Alexis „Bust“ Stephens aus Sucy-en-Brie, der französischen Partnerstadt Bietigheim-Bissingens.

Doppelbegabung: Kunst und Tanz

Alexis „Bust“ Stephens, der sich auch „Bust The Drip“ nennt, ist 1983 in Paris geboren und ist neben seiner Arbeit als Künstler auch Tänzer. Seine Wurzeln liegen in der Hip-Hop- und Urban-Dance-Szene. Noch immer ist er aktiver Breakdancer, „wobei er aktuell verstärkt malt“, sagt Schenk-Weininger. Kein Wunder, denn Stephens ist derzeit gefragt – national und international. In Düsseldorf in der Galerie für Urban Art, Contemporary Art und Streetart sind beispielsweise Werke von ihm zu sehen, seine Urbanart ziert mittlerweile Gebäude und Wände weltweit, unter anderem in Indonesien. „Er arbeitet mit der Architektur, nimmt Bezug auf die Wände und Mauern, die seine Leinwände sind“, sagt Schenk-Weininger und freut sich bereits, dass er sich auch auf einer Wand in der Bietigheimer Galerie verewigen wird (siehe Infobox).

Auch wenn Stephens in der Urbanart-Szene Zuhause ist – unter anderen hat er sich 2015 dem Künstlerkollektiv Bang Crew angeschlossen, dessen Mitglieder unterschiedliche künstlerische Hintergründe haben: Tanz, Malerei, Video, Fotografie und Musik – ist er doch kein Graffiti-Künstler oder Sprayer. Er hat autodidaktisch einen eigenen Stil entwickelt, der die Bewegung aus dem Tanz aufnimmt, der etwas Urbanes ausstrahlt und doch auch auf der Leinwand nicht fehl am Platz wirkt. Das sei auch der Grund, warum er es als Urban Artist in die Städtische Galerie geschafft habe, sagt Schenk-Weininger.

In seiner Werkgruppe „Homomotus“ beispielsweise setzt er sich intensiv mit Bewegung auseinander, vor allem Tanzbewegungen aus dem Breakdance. Er verbindet dafür filigrane, teils verwischte Pinselstriche mit Spritzern und groben Farbtropfen. Auf die Leinwand bringt er in Mischtechnik dabei neben Acryl- auch Sprayfarbe sowie Ölkreiden. Eine scharfe Kontur wie bei klassischen Graffiti-Werken gibt es bei Stephens nicht. Seinen Stil überträgt er sogar auf seine Plastiken – auch eine Bronze ist in Bietigheim ausgestellt. Es handelt sich mehr um schwirrende Striche, die nicht nur die Bewegung des Körpers, sondern auch das bewegte Innere der dargestellten Personen zeigen. Denn Menschen sind seine Motive. Sie heben sich von monochromatischen Farbhintergründen ab, stehen inmitten von Natur oder bewegen sich als Parkourläufer durch geometrisch angelegte Architektur.

In der Städtischen Galerie ist in einem Raum auch eine Projektion einer Installation des Künstlers zu sehen, die er für das Musée Olympique in Lausanne anfertigte. Darin kombiniert Stephens seine Gemälde mit Videos von drei Freunden, die Breakdance tanzen. Dazu ist flirrende Minimal-Musik zu hören. Dieser Sound begleitet den Besucher und die Besucherin durch die Räume und verstärkt die Eindrücke.

Zerrissenheit der Protagonistin

Neben der äußerlichen Bewegung stellt er in seinen Werken auch tiefsinnige Fragen. In „Better in the wood“, das er 2020 während der Corona-Pandemie schuf (siehe Foto), ist die Protagonistin zerrissen zwischen dem urbanen Leben (eine weit entfernte Stadt ist links zu erkennen) und der Natur.

„To be or not to be“ von 2021 erinnert nicht nur an Shakespeares „Hamlet“, auf dem Bild hält der Protagonist mit dunkler Haut eine Maske, die an traditionelle afrikanische Masken erinnert, in der Hand. Stephens selbst hat französische und jamaikanische Wurzeln und kennt die Frage nach der eigenen Identität daher wohl selbst gut.

Gesellschaftskritik ist an „Le mal de l’epoche“ von 2023 ablesbar: Ein Junge sitzt unbewegt und alleine da und hält ein Handy in der Hand, in das er hineinstarrt.

Teil der Ausstellung sind auch drei weiße plastische Figuren aus Draht und Gips, die an Nylonfäden von der Decke zu fallen scheinen. Diese flankieren Bleistiftzeichnungen und Gemälde der Werkgruppe „Saut de l’être“. Darin liegt der Fokus auf je drei Figuren, die in einem Bewegungsablauf dargestellt sind. Ob sie jedoch aktiv handeln, ist nicht immer eindeutig. Bewegen sie sich selbstbestimmt oder fallen sie durch die moderne Welt?

 
 
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