Bietigheim-Bissingen Von der Bundeswehr zur Kirche

Von Petra Neset-Ruppert
Im Familiengottesdienst in der katholische Kirche Sankt Laurentius wurde am Wochenende Pfarrer Roland Deckwart verabschiedet. Er war 20 Jahre lang für die Gemeinde zuständig. Foto: /Martin Kalb

Pfarrer Roland Deckwart verlässt nach 20 Jahren die katholische Gesamtkirchengemeinde Bietigheim-Bissingen und zieht für seinen Ruhestand nach Stuttgart. Der Abschied falle ihm nicht leicht.

Als ich auf der Suche nach einer neuen Stelle war, gab mir ein Kollege den Tipp, dass in Bietigheim-Bissingen gerade jemand gesucht werde. Es gab hier bereits ein gutes Team, war nahe an Stuttgart und so kam das dann“, erinnert sich Pfarrer Roland Deckwart. 20 Jahre war er nun in der Stadt an der Enz. „Eine anspruchsvolle Zeit, die viel Kraft gekostet hat, allerdings auch toll gewesen ist“, konstatiert der 69-Jährige. Bereits ein halbes Jahr vor seinem 70. Geburtstag verabschiedet er sich aus gesundheitlichen Gründen aus seinem Amt (die BZ berichtete).

Ursprünglich hatte Deckwart nach seinem Hauptschulabschluss in Stuttgart die Ausbildung zum Großhandelskaufmann absolviert. „Das war so viel Verwaltungsarbeit, das war nichts für mich“, erinnert er sich. Dann musste Deckwart zur Bundeswehr. „Das war der Ausschlag, weshalb ich später Pfarrer geworden bin“, erzählt er. Den Wehrdienst wollte er eigentlich verweigern, doch das wurde ihm damals nicht gestattet. Er habe nach einer sinnhaften Arbeit gesucht. Eine Verbindung zur Kirche habe er schon immer gehabt und der Pfarrer seiner Kindheit sei ein Vorbild für ihn gewesen.

Eine Arbeit mit Sinn

So holte er nach der Bundeswehr sein Abitur nach und studierte in Tübingen und Wien Theologie. Seine erste Stelle als Pfarrer war im Alb-Donau-Kreis, dort blieb er elf Jahre. „Bei der ersten Pfarrstelle macht man noch viele Fehler, da sollte man nicht so lange bleiben“, lacht Deckwart. Als er dann nach Bietigheim-Bissingen kam, kamen Umbruchzeiten auf die Gemeinde zu und auch viel Neues, das er in seiner vorherigen Gemeinde nicht hatte. „Die Seelsorgeeinheit ist entstanden und die drei Gemeinden wurden zusammengeführt, auch die Ökumene hat mich hier an dieser Stelle besonders gereizt“, erzählt Pfarrer Deckwart.

Gerade mit seinem evangelischen Kollegen Pfarrer Bernhard Ritter habe er sich auch gleich auf Anhieb verstanden. „Ich war damals bei seiner Investitur und als er auf der Kanzel stand, dachte ich: ,Mit dem kannsch zusammaschaffa’.“ Eines der Projekte, dass ihm besonders am Herzen liegt, sind die sozialen Bestattungen, die er gemeinsam mit Ritter und dem Friedhofspersonal ins Leben gerufen hat. „Wir haben uns damals zusammengesetzt und überlegt, was wir machen können. Das kann doch nicht sein, diese Menschen haben gelebt und wenn sie sterben, verschwinden sie einfach?“, erinnert sich Deckwart.

An speziellen Terminen finden ökumenische Bestattungen für Menschen statt, die zum Beispiel keine Angehörigen haben oder für die keine Beerdigung organisiert wurde. Im Zuge der Gemeindenzusammenführung habe er immer versucht, alle Gemeinden gleich zu behandeln und ihnen zu zeigen: „Ihr seid alle wichtig.“ Zwar habe dieser Prozess Zeit gebraucht, doch er ist froh, wie die Gemeinde zusammengewachsen sei. Die Gesamtkirchengemeinde sei eine Erleichterung gewesen, gerade auch mit Blick auf die Verwaltung, die ihm ja sowieso nie lag. Gegen Ende hin habe ihn das ungeliebte Thema doch wieder eingeholt: Brandschutzbestimmung für Kirchen und Gemeindehäuser seien nochmals ein großer Verwaltungsakt gewesen. „Ich war dankbar, dass unsere Kirchenpflegerin da viel in die Hand genommen hat.“

Ruhestand „in Rufweite“

Noch steht sein Nachfolger nicht fest. „Früher hat man gebetet: Lass einen Pfarrer sterben, damit auch ich noch eine Gemeinde kriege, heute betet man eher, lass ihn lang leben, damit ich keine Gemeinde kriege“, erzählt er verschmitzt. Er hofft, dass bei der nächsten Ausschreibung im November schon sein Nachfolger dabei sein wird. Zwar sei er „in Rufweite“, denn im September zieht der 69-Jährige nach Stuttgart, doch erst einmal brauche er Zeit, um im Ruhestand anzukommen. Vor allem die vielen Abendtermine hatten ihn in den vergangenen Jahren viel Kraft gekostet.

Nun freut er sich wieder in seine alte Heimat zu ziehen und wieder Zeit für Kultur und Freunde zu haben. „Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal in Kino war. Ins Theater gehe ich auch nicht gerne allein, da kann ich dann bald mit meinen Freunden hingehen“, freut sich Deckwart. Die vielen aktiven Gemeindemitglieder werden ihm fehlen und der Abschied falle ihm nicht leicht, doch nun sei es Zeit für einen neuen Lebensabschnitt. Er glaubt, dass in der katholischen Kirche noch etliche Reformen notwendig sein werden, „auch dass Frauen ernst genommen werden. Wir haben viele Frauen im Kirchengemeinderat, die mitbestimmen. Das ist wichtig“, so Deckwart.

Seinen letzten Gottesdienst feiert er am 1. September in Sankt Laurentius. Beim Gemeindefest am Wochenende gab es bereits die Verabschiedungsfeier.

 
 
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