Bietigheim-Bissingen Vor acht Jahren: Bürgerentscheid kippt Vorhaben

Von Uwe Mollenkopf
2016: Jubel bei der Bürgerinitiative nach dem Bürgerentscheid. Foto: /Martin Kalb

Im Jahr 2016 wurde der Bau einer Biomüllvergärungsanlage im Steinbruch Fink in Bietigheim-Bissingen durch das Votum der Einwohner verhindert. Inzwischen wird das Gelände aufgefüllt.

Manche Projekte, die es nicht bis zur Realisierung schafften, waren zum Zeitpunkt des Scheiterns noch nicht sehr weit gediehen. Bei anderen lagen die Pläne hingegen fix und fertig vor. Zu den letzteren gehört die Idee, im Steinbruch Fink in Bissingen eine Biomüllvergärungsanlage einzurichten. Das es trotzdem nicht mit der Umsetzung klappte, lag an der ablehnenden Haltung einer Mehrheit der Bürger.

Entwickelt wurden die Pläne im Landratsamt. Dort stand die kreiseigene AVL vor der Situation, dass der Biomüll aus dem Landkreis Ludwigsburg in den Neckar-Odenwald-Kreis und nach Obersontheim in der Nähe von Schwäbisch Hall transportiert wurde, um dort zu Kompost verarbeitet zu werden. Im Dezember 2013 beschloss der Kreistag nach jahrelangen Diskussionen, dem eine Ende zu bereiten. Im Zeichen der Energiewende sollte der Biomüll stattdessen im Kreis zu Biogas vergoren werden, um ihn zur Energieerzeugung zu nutzen. Ab 2018 sollte es losgehen.

Das Projekt wurde von der AVL ausgeschrieben, den Zuschlag erhielt ein Betreiberkonsortium um die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen. Als Standort war zunächst der Waldhof im Spiel, nach erheblicher Kritik an einer Realisierung an dieser Stelle fiel die Wahl auf den Steinbruch Fink in Bissingen. Im Dezember 2015 gab der Gemeinderat dafür grünes Licht.

Bürgerinitiative gegründet

Damit war von Verwaltungsseite alles geklärt, doch bei den Bürgern führte auch dieser Standort zu Protest. Im März 2016 übergab die Bürgerinitiative „Weder Bio noch gut“ Oberbürgermeister Jürgen Kessing eine Liste von 7899 Unterschriften gegen das Vorhaben im Steinbruch. Die Bürger forderten einen Bürgerentscheid zur Revidierung der Entscheidung. Weil das notwendige Quorum weit übertroffen wurde, beschloss der Gemeinderat im Mai, die Entscheidung in die Hand der Bietigheim-Bissinger zu legen. Am Sonntag, 17. Juli 2016, sollte abgestimmt werden.

Die Befürworter warben im Vorfeld dafür, mit der Anlage mehr Ökologie im Landkreis zu verwirklichen. Zum einen durch einen Wegfall der langen Transportwege beim Biomüll, zum anderen, indem Strom und Wärme aus dem Biomüll hergestellt würden. Die Gegner befürchteten hingegen mehr Lärm und Verkehr und bezweifelten, dass das Ganze geruchlos von sich gehen werde. Am Ende stimmte eine klare Mehrheit gegen das Projekt. Knapp 81 Prozent lehnten die Vergärungsanlage ab, bei einer Wahlbeteiligung von 45 Prozent.

In der Folge wurde doch noch eine Biomüllvergärungsanlage gebaut, die unter anderem den Müll aus dem Kreis aufnimmt – allerdings nicht im Kreis, sondern rund 100 Kilometer entfernt in der Pfalz auf der Gemarkung der Gemeinde Westheim im Kreis Germersheim. Im Oktober 2019 wurde diese eingeweiht. Insofern ist das Projekt nicht ganz gescheitert, nur als lokales Projekt.

Betriebe hören auf

Für den Steinbruch hatte der Bürgerentscheid folgende Konsequenzen: Nach Auslaufen der Genehmigung mussten dort die nachgelagerten Betriebe (Betonwerk, Baustoff-Recycling und Schüttgutumschlag) eingestellt werden. Der Abbau von Naturstein war bereits 2012 beendet worden. Stattdessen wird der gesamte Steinbruch nun rekultiviert und aufgefüllt.

Ideen für das Steinbruchgelände werden dennoch immer wieder mal geäußert, zuletzt von Schülern bei der Veranstaltung „Schule im Rathaus“ im Juli, die dort gerne einen Kletterpark und ähnliche Anlagen gesehen hätten. Oberbürgermeister Jürgen Kessing stellte jedoch klar, dass das Unternehmen im Steinbruch verpflichtet sei, dort nach behördlichen Auflagen zum Teil Flächen für die Landwirtschaft, zum Teil Biotope herzustellen. Eine Nutzung mit viel Publikum sei dort nun nicht mehr möglich.

 
 
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