Am Donnerstag fand im Forst zwischen Bietigheim-Bissingen und Ingersheim eine Drückjagd statt (die BZ berichtete). Warum es die in regelmäßigen Abständen braucht, wie eine solche Jagd abläuft und was das alles mit einem „klimafitten“ Wald zu tun hat, das berichtet der zuständige Revierleiter Kim Kühn von ForstBW, der für den Staatswald im Revier Neckar-Enz zuständig ist, bei einem Treffen mit der BZ.
Bietigheim-Bissingen Was die Drückjagd mit einem „klimafitten“ Wald zu tun hat
Am Donnerstag fand im Forst in Bietigheim-Bissingen eine Drückjagd statt. Wie das ablief und warum die Jagd für den Wald wichtig ist, berichtet Revierförster Kim Kühn.
Schützen, Treiber und Jagdhunde
„Bei der Drückjagd im Forst waren 28 Schützen und zehn Treiber dabei“, sagt der Revierförster. Kühn ist wichtig zu betonen, dass es sich um eine Drück- und keine Treibjagd gehandelt hat. Dafür werden die Schützen auf Hochsitzen positioniert. Die Sitze baut Kühn zum Teil neu auf oder stellt vorhandene um. Die Treiber sind Hundeführer mit ihren Vierbeinern, die die Wildtiere in Richtung der Schützen lotsen. „Die Treiber rufen jedoch und hetzen die Tiere nicht“, sagt Kühn. Natürlich bedeute das trotzdem erheblichen Stress für die Waldtiere, das lasse sich nicht wegreden, jedoch müssten sie nicht panisch davonlaufen. „Zum Einsatz kommen nur spurlaute Hunde“, so Kühn weiter. Das Wild würde also nicht von sich anpirschenden Hunden überrascht, sondern nehme die Jäger bereits aus der Entfernung wahr. Hunderassen wie Jagdterrier, verschiedene Brackenarten, kleine Münsterländer oder Wachtelhunde kämen zum Einsatz. Kühn kenne die Schützen und platziere sie nach Schießfertigkeit. Es sei aber auch jedes Jahr ein aktueller Schießnachweis vorgeschrieben. Wer sich nicht an die Regeln halte, mache künftig nicht mehr mit. Trotz aller Routine – es findet jedes Jahr um die Zeit eine Drückjagd statt – sei er aber immer wieder froh, wenn alles gut gelaufen ist und es keine Unfälle gab. „Dann war es eine gute Jagd“, sagt Kühn.
Dass Drückjagden nötig sind, habe drei Gründe, erklärt der Revierleiter. Der erste Grund sei ein wirtschaftlicher. Gibt es zu viele Wildschweine, sei die umliegende Landwirtschaft gefährdet. In der Nähe des Forsts gehe es vor allem um Maisfelder, in denen die Schweine Schaden anrichten. Bei der Drückjagd wurden um die zehn Wildschweine gesehen, geschossen wurden vier. Insgesamt schätzt Kühn die Wildschweinpopulation im Forst auf etwa 30 Tiere.
Population im Blick behalten
Zu viele Wildschweine seien aus einem zweiten Grund nicht gut, dabei gehe es um Vorsorge vor der Afrikanischen Schweinepest, die seit knapp drei Jahren auch in Deutschland auf dem Vormarsch ist. Sollte die nämlich im Wald ausbrechen, könnte sie sich auch auf Nutztiere übertragen. In der Region gebe es zwar noch keine Fälle der Tierseuche, jedoch bereits im Rhein-Neckar-Kreis. „Die geschossenen Schweine werden beprobt“, so der Revierleiter. Sollte eines der Tiere die Krankheit haben, müsste der Wald abgeriegelt, jedes Wildschwein getötet und die Kadaver verbrannt werden. Es werde deshalb vorsorglich Schwarzwild geschossen, um im Ernstfall handlungsfähig zu sein.
Der dritte Grund für eine Drückjagd ist, den Wald „klimafit“ zu machen. Das bedeutet, dass er stabiler gegenüber Klimaveränderungen wird. Vor allem die Trockenheit mache dem Forst zu schaffen, sagt der Wald-Experte. Ziel sei ein Mischwald aus Buchen, Eichen, Vogelkirschen sowie Kiefern, Fichten, Tannen. Das Problem: „Rehe sind naschhaft“, sagt Kühn. Die Tiere finden seltene Bäume besonders lecker und nagen die Terminaltriebe, die für das Wachstum entscheidend sind, ab. Bei gepflanzten Bäumen können Vorkehrungen getroffen werden durch Zäune oder Baumschutzhüllen. Jedoch sei das nicht nur teurer, sondern auch aufwendiger. Bei der Naturverjüngung, auf die vor allem gesetzt werde, seien die natürlich wachsenden Jungbäume den Rehen jedoch ausgesetzt. Daher müsse die Rehpopulation kontrolliert werden, um den Fortbestand des Walds zu sichern. Bei der Drückjagd am Donnerstag wurden 18 Rehe geschossen. Gesichtet wurden um die 40, insgesamt seien es zwischen 60 und 80, je nach Jahreszeitenverlauf, sagt Kühn. Derzeit verteilen sie sich auf Wald, Felder und Weinberge. Richtung Januar ziehe es alle Rehe in den Wald, denn nur da gebe es dann noch Futter.