Steinmetz aus Bietigheim-Bissingen „Wer nicht stark ist, muss zäh sein“

Von Bigna Fink
Marmor, Fels, Granit: Martin Goerigk und Sohn Hannes bei den Grabsteinen ihres Betriebs im Gewerbegebiet Büttenwiesen. Hannes Goerigk möchte das Geschäft einmal übernehmen. Foto: /Martin Kalb

Der Bietigheimer Steinmetzbetrieb Goerigk feiert 50. Jubiläum, spezialisiert ist das kleine Team auf Grabmale. Wie hat sich der uralte Beruf verändert und wie steht es um die Zukunft?

€Vor der Werkstatt in der Pleidelsheimer Straße stehen hunderte Grabsteine aus Deutschland und aller Welt. „Es gibt natürlich noch viel mehr Auswahl im Katalog. Unsere Kunden können sich hier ein erstes Bild machen“, erklärt Martin Goerigk. Der Steinmetzmeister ist Geschäftsführer des Familienbetriebs Goerigk Natursteine in Bietigheim-Bissingen in zweiter Generation.

Nun feiert das Handwerksgeschäft, das sein Vater Andreas Goerigk 1975 gegründet hat, 50-jähriges Betriebsjubiläum. Hier in Bietigheim, zuerst in der Werkstatt unterhalb des St-Peter-Friedhofs, konnte der Steinmetzmeister aus dem hohenlohischen Bretzfeld seine Selbstständigkeit verwirklichen. 1985 kam die zweite Werkstatt dazu, gegenüber vom Einrichtungshaus Hofmeister im Gewerbegebiet Büttenwiesen. 2001 hat den Betrieb sein Sohn, Martin Goerigk, übernommen. In dem vierköpfigen Team ist seine Frau Bettina für die Buchhaltung, den Kundenkontakt und den Verkauf zuständig.

Martin Goerigk ist auf Grabsteine spezialisiert. Es gibt auch Bau-Steinmetze, die Fensterbänke, Treppen, Küchenplatten anfertigen und Steinmetze für Restaurierungen. Der 53-Jährige mag an seinem Beruf die Vielfalt, die die Beratung der Kunden mit den unterschiedlichsten Wünschen und dem Handwerklichen mit sich bringt.

Die meisten der Wunschsteine werden in Indien gefertigt

Die Kunden kommen in der Ausstellung draußen vor Goerigks Werkskatt vorbei. Wenn sie dort nichts finden, wird es nach eigenen Ideen oder Vorstellungen der Kunden in Indien gefertigt. „Oftmals wird ein Foto mitgebracht“, so Goerigk. Seit 1993 kommen die nach Kundenwunsch gefertigten Steine von einem indischen Großunternehmen „bei dem die Zusammenarbeit sehr gut klappt“, so Goerigk. Der indische Zulieferer ist für seine „ohne Kinderarbeit hergestellten Grabsteine“ zertifiziert, darauf legt Goerigk wert.

Auch aus Europa lässt der Steinmetzmeister Steine liefern, wie etwa Estremoz aus Portugal, Marmor aus der Türkei, Granit aus Schweden und es gibt heimische Materialien wie Sandstein aus Baden-Württemberg, Quarz aus dem Odenwald, Natursteine vom Fels der Alpen.

Die Goerigks vollenden die Grabmale mit den gewünschten Schriftzügen und Ornamenten. Dafür stehen in einem Betriebsraum steinerne Engel, Tiere, Pflanzen, Vasen zur Auswahl.

In den beiden Werkstätten bohren, fräsen, schleifen, polieren die Handwerker die Steine. Die Schriften werden sandgestrahlt, eingehauen oder verbohrt. Für ein stabiles Fundament am Grab betonieren sie die Steine ein. Morgens fahren die Handwerker auf die Friedhöfe im Umkreis mit ihrem kleinen LKW mit Kran und den fertigen Grabmalen. Dort stellen sie die Steine auf und nehmen welche mit, um sie neu zu beschriften.

„Unnötig komplizierte Bürokratie für die Kunden“

„Steinmetze müssen schon Kraft haben“, sagt Goerigk, selbst ein kräftiger Mann, und fügt lachend hinzu: „Die, die nicht stark sind, müssen zäh sein“. Bei dem Beruf wird es staubig, deshalb gibt es Masken, die eine Staublunge verhindert. Beim Sägen braucht es Gehörschutz.

Die Arbeit des Steinmetzes und Steinbildhauers gehört zu den ältesten Berufen der Welt. Das Handwerk geht zurück bis auf die Altsteinzeit vor etwa 40.000 Jahren. In den letzten Jahrzehnten habe sich für ihn der Beruf nicht stark verändert, erzählt Goerigk, der kaum etwas digital macht. Die Kundenwünsche wurden mit den Jahren individueller, Ornamente und Gestalt des Steins personalisierter.

Für die Zukunft seines Berufes komme es darauf an, wie sich die Friedhofskultur entwickelt. „Der Trend geht eindeutig zu Urnen“, beobachtet Goerigk. Hierbei kommen nicht immer Steinmale zum Einsatz. Trotz der alternativen Bestattungsformen sei die Auftragslage aber gut.

Unnötig aufwendig an ihrer Arbeit sei die Bürokratie auf den Ämtern, wenn es um die Genehmigung der Grabmale gehe, erzählt das Ehepaar Goerigk. Jede Kommune hätte ihren eigenen Antrag. So benötige es dafür in Freiberg vom Kunden ganze sechs Unterschriften, in Bietigheim eine, in Walheim keine. „Die Formulare könnte man für den Kreis Ludwigsburg vereinheitlichen“, findet Martin Goerigk.

Personell ist der Betrieb für die Zukunft gut aufgestellt: Sohn Hannes ist in seinem zweiten Lehrjahr als Steinmetz. Abwechselnd arbeitet er bei den Eltern im Betrieb und lernt in der Berufsschule in Freiburg. Martin Goerigk freut sich über die Berufswahl des Sohnes und betont: „Die Entscheidung kam von Hannes, ich habe auf ihn keinerlei Druck ausgeübt.“

Zwei personelle Glücksfälle sichern die betriebliche Zukunft

Am Telefon erzählt der 18-Jährige, dass ihm die Arbeit großen Spaß mache. „In dem Beruf habe ich viel Kundenkontakt. Außerdem kann ich kreativ und handwerklich arbeiten. Am Ende des Tages weiß ich, was ich geschafft hab“, so Hannes Goerigk über die drei Aspekte seines Berufes, die ihm sehr gut gefallen.

Froh sind die Goerigks auch über ihren Gesellen Ebrima Jadama, der seit sieben Jahren das kleine Team bereichert. Der damalige Geflüchtete hatte in Gambia im Holzbereich gearbeitet, 2017 fing er eine Steinmetzlehre im Betrieb an. 2020 wurde er für sein Gesellenstück in Freiburg drittplatziert. „Der Beruf ist körperlich anstrengend, aber ich liebe ihn einfach“, sagt der 39-Jährige gegenüber der BZ.

 
 
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