Das Gespräch zum Thema „Barrierefreies Bietigheim-Bissingen“ im Enzpavillon im Bürgergarten ist eine jährliche Veranstaltung der Stadt, die über die aktuelle Lage informiert und konkrete Hinweise bringen soll, wo Menschen mit Einschränkungen Verbesserungsbedarf sehen.
Bietigheim-Bissingen Wie barrierefrei ist die Stadt?
Ein Austausch mit Betroffenen im Enzpavillon im Bürgergarten – Baubürgermeister Michael Wolf nimmt Hinweise auf und informiert über die aktuelle Situation.
Betroffene bemängelten am Samstag Bushaltestellen, die nicht barrierefrei umgebaut sind und zum Teil keinen Wetterschutz haben, eine Verkehrsinsel, die mit dem Rollstuhl schlecht zu befahren ist, den unebenen Zugang zum Coffee Shop „Liquid Beans“, Ampeln, die nicht richtig geschaltet sind und deren Sprachausgaben nicht funktionieren sowie einen besprühten Busfahrplan.
Keine Orientierungshilfe in der Innenstadt mit dem Blindenstock
Eine Besucherin sagte „ich meide die Innenstadt“, weil sie mit dem Blindenstock hier keine Orientierungshilfe habe. Sie wünsche sich einen eigenen Streifen für Rollstuhlfahrer und Sehbehinderte. Außerdem kritisierte sie, dass Busfahrer an den Haltestellen oft „nicht richtig anfahren“ würden und so die Nutzung selbst von erhöhten Bordsteinen unmöglich machten. Teilweise würden sie auch zu weit nach vorne fahren und so zum hinten einsteigen zwingen, wo man mit Fragen vom Fahrer nicht gehört werde.
Baubürgermeister Michael Wolf sagte zu, alle genannten Orte und Einrichtungen zu prüfen und – wo es möglich und die Stadt zuständig sei – für Verbesserung oder Abhilfe zu sorgen. Beim Thema Bus verwies er auf den häufigen Zeitdruck der Fahrer, will aber trotzdem der Firma Spillmann einen Hinweis geben. Gerne dürften sich Betroffene auch direkt an das Omnibus-Unternehmen wenden. Eine Rollstuhlfahrer- und Blinden-Spur in der kompletten Fußgängerzone sei derzeit nicht finanzierbar, erklärte der Baubürgermeister.
Zur aktuellen Situation sagte Wolf, dass der geplante barrierefreie Umbau bereits bei 109 von von 134 Bushaltestellen erfolgt ist. Wo es möglich war, sind demnach sogenannte Kasseler Sonderbordsteine und Wetterschutzüberdachungen installiert worden. Der Umbau der restlichen 25 Haltestellen müsse jedoch verschoben werden, weil entweder der Baugrund fehle oder die Topografie es nicht zulasse. Eine Verlegung dieser Haltestellen werde geprüft. Für Sehbehinderte seien viele Signalanlagen inzwischen mit Freigabetönen ausgerüstet worden. Und weitere Anlagen würden auf Blindenanforderungen umgerüstet.
Bei allen Gebäuden, welche die Stadt oder die Bietigheimer Wohnbau errichtet, werde mindestens ein Geschoss barrierefrei ausgeführt, so Wolf, und bei vorhandenen Gebäuden die nachträgliche Installation eines Aufzuges geprüft. Bei Spielplätzen liege das Augenmerk auch auf Geräten für Kinder mit Mobilitätseinschränkungen.
Wackelnde Bodenplatten und lockere Pflastersteine
Für Sehbehinderte biete das Kulturamt „inklusive Einführungen“ sowie eine „Live-Audiodeskription“, um zum Beispiel Theater zugänglich zu machen, sagte Wolf. Im Stadtmuseum Hornmoldhaus würden virtuelle Rundgänge angeboten und eine Tastkarte mache die Gemarkung Bietigheim-Bissingen erlebbar.
Hans-Joachim Sämann vom Verein Barrierefreie Stadt Bietigheim-Bissingen wies auf wackelnde Bodenplatten und lockere Pflastersteine in der Fußgängerzone hin, wofür er den Lieferverkehr verantwortlich macht, der eingeschränkt werden solle. Auch beklagte er die sich ausdehnende Außengastronomie, die zusammen mit vielen Werbeaufstellern und Warteschlangen an der Eisdiele häufig den Durchgang blockiere.
Außerdem forderte er eine deutliche Kennzeichnung des Fahrradfahrverbots in der Fußgängerzone, weil hier rücksichtslos durchgeradelt werde, sowie eine Sperrung der Festplätze für Radfahrer bei Veranstaltungen mit großen Menschenmengen, um Kollisionen zu vermeiden.
Der öffentliche Raum sei prinzipiell klar geregelt, erklärte der Baubürgermeister und setzte auf gegenseitige Rücksichtnahme. Man könne nicht alles kontrollieren und die Eisdielenschlange „nicht einfach abschneiden“.
Bürgergarten soll radfrei werden
Radfrei werden soll der Bürgergarten, weil Pedelec-Fahrer und Familien mit kleinen Kindern sich die Wege hier nicht sicher teilen könnten, so Wolf. Dafür würde der Radverkehr im Zuge des Radwegekonzepts von der Wobachstraße auf die andere Flussseite in die Holzgartenstraße verlegt, so erklärte Baubürgermeister Michael Wolf.