Am vergangenen Samstag gab es zwei Vorfälle in Bietigheim – einen Einbruchversuch und einen Suizidversuch (die BZ berichtete). Diese haben für Aufsehen und viele Kommentare in den sozialen Medien gesorgt. Die BZ hat den Leiter der Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit, Steffen Grabenstein, dazu befragt.
Bietigheim-Bissingen Wie die Polizei arbeitet
Zwei Vorfälle in Bietigheim haben am Wochenende zu Gerüchten geführt. Was dahinter steckt.
Herr Grabenstein, woran lag es, dass die Polizei erst am Dienstag eine Mitteilung dazu herausgegeben hat?
Steffen Grabenstein: Die Fälle haben sich am Samstagabend ereignet, also außerhalb der Zeiten, zu denen die Pressestelle regulär besetzt ist. In der Zeit findet eine Berichterstattung nur bei ganz außergewöhnlichen Ereignissen statt, entweder durch unser Lagezentrum oder weil jemand von der Pressestelle verständigt wird und übernimmt. Daher haben wir über den Einbruch in Bissingen ganz regulär am Montagmorgen berichtet, wie das nach jedem Wochenende beziehungsweise bei ähnlichen Sachverhalten üblich ist. Der Sachverhalt, der sich am Bahnhof ereignet hat, liegt in der Zuständigkeit der Bundespolizei, die auch selbst Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Mit den Kollegen dort habe ich mich am heutigen Dienstag abgestimmt, nachdem uns die Mitteilung erreicht hat, dass die Gerüchteküche um die Sachverhalte brodelt und vor allem in Bietigheim-Bissingen viele Spekulationen im Umlauf sind. Das hat dann zu der neuerlichen Pressemitteilung von heute geführt, sowohl von der Bundespolizei, als auch bei uns.
Warum berichtet die Polizei nicht über Selbstmordversuche?
Das Thema Suizid ist ein sehr heikler Bereich. Keinesfalls sollen hier über die Berichterstattung Personen zu ähnlichen Taten animiert werden. Daher ist nicht nur die Polizei, sondern auch die Presse zu besonders sensiblem und zurückhaltendem Vorgehen angehalten. Außerdem sollen natürlich Angehörige und Freunde von Betroffenen geschützt werden. Im Regelfall wird daher über Suizide oder Suizidversuche nicht berichtet.
In den sozialen Medien haben viele Gerüchte kursiert. Warum stellt die Polizei keine Vermutungen auf und korrigiert sie, wenn sie zu anderen Ermittlungsergebnissen kommt?
Kern der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit ist eine auf Tatsachen beruhende und wahrheitsgemäße Berichterstattung. Es gilt der Grundsatz, dass alle unsere Informationen ausreichend verifiziert werden, bevor wir sie veröffentlichen. Da wir keine wirtschaftlichen Interessen verfolgen, heißt es im Zweifelsfall „Qualität vor Schnelligkeit“, wobei wir natürlich trotzdem möglichst aktuell berichten wollen. Daher vermeiden wir weitestgehend, noch nicht ausreichend gesicherte Informationen zu veröffentlichen. Nicht aus Angst, später vielleicht korrigieren zu müssen, sondern aus Rücksicht darauf, dass sich die Menschen auf die Richtigkeit unserer Daten verlassen. Bisweilen gibt es auch noch die Verpflichtung, Veröffentlichungen zuvor mit anderen Stellen und Behörden abzustimmen, was ebenfalls zu Zeitverzug führen kann.
Wie sollte man sich aus Ihrer Sicht in den sozialen Medien verhalten, wenn wilde Vermutungen zu kriminellen Vorfällen aufgestellt werden?
Aus meiner Sicht ist es das A und O, die Inhalte kritisch zu hinterfragen, insbesondere dann, wenn die Herkunft und Quelle einer Nachricht nicht eindeutig nachzuvollziehen ist. Selbst teilen oder weiterleiten sollte man auch nur solche Informationen, die plausibel erscheinen und deren Herkunft sich einem erschließt. Und man ist sicher nicht gut beraten, alles für bare Münze zu nehmen, was da tagtäglich in Emails, Messenger, Chatrooms und Onlineforen transportiert wird. Wir empfehlen daher, sich an seriöse Quellen, renommierte Medien und offizielle Informationen zu halten. Das gilt grundsätzlich, also nicht nur in Bezug auf Fake-News. Auch viele Betrugsmaschen bauen darauf, dass man vorschnell glaubt, was man mitgeteilt bekommt, ohne Inhalt und Herkunft von Nachrichten kritisch zu prüfen.
Vielen Dank für das Gespräch.