Bietigheim-Bissingen „Zeit für den Hundeführerschein“

Von Johannes Stiefel
Nur nicht ablenken lassen: zum Abschluss der Prüfung mussten die Hunde von ihren Halterinnen durch die Bietigheimer Fußgängerzone geführt werden. Foto: /Martin Kalb

Fünf Halterinnen haben am Sonntag die freiwillige Prüfung absolviert. Hundetrainerin Michaela Schieber fordert, dass sie zur Pflicht werden sollte.

Viele Herrchen und Frauchen kennen es: In den eigenen vier Wänden und im heimischen Garten verhält sich der Hund brav und vorbildlich, doch kaum wagt man einen Spaziergang in der Öffentlichkeit, geht es los: Der Vierbeiner zieht mit aller Kraft an der Leine, springt an fremden Passanten hoch oder bellt mit anderen Artgenossen um die Wette. Diese Situationen sorgen nicht nur bei allen Beteiligten für Frust und Ärger, sondern führen auch dazu, dass für viele Hundebesitzer ein gemeinsamer Stadtbummel mit ihrem Haustier undenkbar ist. Mit dem Bestehen des Hundeführerscheins haben am Sonntag fünf Hundehalterinnen jedoch bewiesen, dass es mit etwas Training auch anders geht.

Theorie und Praxis gefordert

„Die Hundebesitzer müssen Zeigen, dass Sie verantwortungsvoll mit ihrem Hund umgehen“, umschreibt die Hundetrainerin, Michaela Schieber, das übergeordnete Ziel des Hundeführerscheins. Neben einem entspannten und souveränen Auftreten dem Hund gegenüber, gehöre laut Schieber zu einem verantwortungsvollen Umgang in diesem Kontext auch, dass sich niemand durch die Anwesenheit des Hundes verängstigt oder belästigt fühlt. „Mir liegt es besonders am Herzen, Hundehalter und Menschen ohne Hund zusammenzubringen“, sagt sie.

Dass sie über das nötige Grundwissen verfügen, welches sich laut Schieber jeder aneignen sollte, bevor er sich einen Hund anschafft, haben ihre Schülerinnen bei einer Theorieprüfung bereits bewiesen. In insgesamt 109 Fragen ging es beispielsweise darum, wer laut Verordnung für das Entsorgen des Hundekots zuständig ist oder was man bei der Ernährung von Hundewelpen beachten muss. Während sich dieses Wissen auf den allgemeinen Umgang mit Hunden und den damit verbundenen Herausforderungen bezieht, muss in der praktischen Prüfung gezeigt werden, dass die Hundehalterinnen ihren Hund in den unterschiedlichsten Situationen im Griff haben. „Die Besitzerinnen müssen nachweisen, dass ihre Hunde im Alltag keine Gefahr sind“, sagt die externe Prüferin, Iris Heiser, die an diesem Tag die Prüfung abnimmt.

Der erste Teil findet bereits am Morgen in Ingersheim statt. Dort müssen die Teilnehmerinnen beispielsweise demonstrieren, dass ihr Hund auch ohne Leine auf Kommandos hört und vorbeifahrende Autos oder neugierige Fußgänger keine Ablenkung darstellen. Nachdem dieser Teil bestanden ist, geht es in die Bietigheimer Altstadt, wo Hunde und Frauchen durch die vielen Passanten, die engen Gassen und interessante Gerüche vor etwas größere Herausforderungen gestellt werden. Allein vor einem Schaufenster angebunden, müssen die Vierbeiner etwa brav auf die Rückkehr ihrer Besitzerinnen warten, ohne auf die bummelnden Passanten zuzugehen oder diese gar anzuspringen. Der Hündin Fee habe das laut ihrer Besitzerin Ute Würth einiges abverlangt. Würth hat sich und ihre Hündin zu dem Kurs angemeldet, um in problematischen Situationen, wie sie sie bereits erlebt hat, besser handeln zu können. „Die Beziehung zwischen Hund und Mensch wächst durch so einen Kurs und man lernt auch, andere Hunde besser einzuschätzen“, sagt Würth. Das intensive Training scheint sich gelohnt zu haben: In der praktischen Prüfung holt Hündin Fee am Ende die volle Punktzahl und ist damit die einsame Spitze des Tages.

Verpflichtende Prüfung gefordert

Das Absolvieren des Hundeführerscheins, mit dem auch eine Prüfungsgebühr von 60 Euro verbunden ist, ist bisher rein freiwillig. „Die meisten möchten eine Bestätigung, dass sie mit ihrem Hund richtig und verantwortungsbewusst umgehen“, beschreibt Trainerin Michaela Schieber die Motivation der meisten Teilnehmer, die sich in ihrer Hundeschule auf die Prüfung vorbereiten. Auf die Eigeninitiative von Hundehaltern zu warten, reiche laut Schieber jedoch nicht aus. „Es wird Zeit für den Hundeführerschein“, sagt sie und fordert eine verpflichtende Prüfung, wie es sie in Nordrhein-Westfalen bereits gibt. Nur so könne ein angenehmes und sicheres Miteinander mit Hunden in der Öffentlichkeit gewährleistet werden. Auch das Erlassen der Hundesteuer für Herrchen und Frauchen mit Hundeführerschein wäre laut Schieber denkbar.

Im letzten Teil der Prüfung müssen die Hunde zeigen, dass sie auch im Restaurant entspannt bleiben und „den laufenden Betrieb nicht stören“, wie Prüferin Iris Heiser sagt. Angesichts der Strapazen des Tages, scheint das nicht schwer zu fallen. Mit einem müden Hundeblick dösen die Vierbeiner unter den Tischen, während ihre Frauchen sich bei einer Tasse Kaffee angeregt über den nun abgeschlossenen Kurs unterhalten. Auch wenn alle die Prüfung bestanden haben, werden unter den Augen der Prüferin an dieser Stelle noch keine Leckerlies gezückt. Obwohl sie es sich verdient hätten, scheint dieser Umstand den disziplinierten Vierbeinern nichts auszumachen.

 
 
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