Bietigheim Steelers Chefstratege Rupert Meister im Interview

Von Andreas Eberle
Rupert Meister hat bei den Steelers als Leiter Sportliche Entwicklung und Strategie ein Auge auf den SCB-Nachwuchs. Foto: /Martin Kalb

Im Interview spricht Rupert Meister über den verpassten Aufstieg der U20, die Perspektiven für die eigenen Talente und die erschwerte Kaderplanung bei den Steelers-Profis. „Bietigheim ist ein perfekter DEL-Standort“, betont der Leiter der Nachwuchs-Abteilung.

Mit der U20 des SC Bietigheim-Bissingen hat Trainer Rupert Meister am Wochenende das Finale der Deutschen Nachwuchs-Liga (DNL) 2 knapp verpasst – und damit auch den angestrebten Sprung ins Oberhaus. Im BZ-Interview äußert sich der 58-jährige Leiter der Nachwuchsabteilung zu den Konsequenzen, der erschwerten Kaderplanung bei den Steelers-Profis und einer etwaigen Rückkehr in die DEL.

Haben Sie das Halbfinal-Aus mit der U20 gegen den EC Bad Tölz und den verpassten Aufstieg schon verdaut?

Rupert Meister: Ja, denn ich weiß, dass die Jungs alles gegeben haben. Der Durchmarsch wäre schön gewesen, und wir waren ja auch ganz nah dran. Leider hatten wir schon von Herbst an mit teils schweren Verletzungen zu kämpfen. Auch im Halbfinale waren wir dezimiert und am Anschlag. Dagegen konnten die Bad Tölzer auf sieben Spieler aus dem Oberliga-Kader zurückgreifen, nachdem ihre erste Mannschaft in den Pre-Playoffs ausgeschieden war. Mit der Gesamtentwicklung in den letzten drei Spielzeiten bin ich trotzdem sehr zufrieden. Vor dem Halbfinale haben wir 82 Prozent der möglichen Punkte geholt. Das ist eine enorme Leistung. Die DNL 1 bleibt unser Ziel.

Inwiefern ist es für den SCB überhaupt ein Nachteil, mit den Junioren nicht in der Division 1 zu spielen?

Die Klubs, die im Topsegment antreten, haben ein Faustpfand und machen den Toptalenten aus unteren Vereinen einen Wechsel schmackhaft – nach dem Motto: ,Schaut her, wir spielen in der höchsten Liga. Da hast du eher die Möglichkeit, in eine U-Nationalmannschaft zu kommen.‘ Mittlerweile werden schon in der U13 und der U15 Spieler angesprochen und abgeworben. Im Nachwuchsbereich gibt es nun mal keinen Bestandsschutz oder Ablösesummen. Abgänge von Perspektivspielern in jungen Jahren können wir nicht eins zu eins ersetzen.

Sie sind neuerdings Leiter Sportliche Entwicklung und Strategie für den Profi- und Nachwuchsbereich. Wie sieht die SCB-Strategie konkret aus?

Wir wollen die Lücke zwischen dem Nachwuchs und dem Leistungssport besser schließen. Um auch in Zukunft bestehen zu können, ist es notwendig, aus dem eigenen Haus eine gewisse Qualität hervorzubringen. Ziel muss es sein, pro Jahr mindestens einen bis zwei Spieler für die erste Mannschaft zu entwickeln. Einen Spieler von der Laufschule in den Profibereich durchzubringen, geschieht aber nicht am Fließband, sondern ist ein langer und harter Prozess. Oft heißt es bei den Profis: Die Spieler, die aus der Jugend herauskommen, sind nicht fertig. Aber es wird niemand als fertiger Spieler geboren. Das gilt auch für die heute etablierten Profis.

Welche Talente aus der U20 werden eine Förderlizenz bekommen?

Ich nenne so kurz nach dem Saisonende noch keine Namen. Es gibt einige sehr gute Spieler in unserem Programm, die wir im bezahlten Eishockey und auch in Bietigheim auf dem Eis sehen werden. Wir wollen den Jungs bei uns oder einem Kooperationspartner eine Perspektive bieten, ihnen Zeit zur Weiterentwicklung geben, sie fördern und fordern. Ein Spieler, der mit 18 noch nicht so weit ist, aber Potenzial hat, kann in zwei, drei Jahren für uns durchaus relevant sein. Ob es für die Talente am Ende bis in die DEL reicht, wird sich zeigen. In der DEL2 ist die Wahrscheinlichkeit aber viel größer, dass sie den Sprung schaffen. Letztlich müssen Leistung und Einsatz stimmen.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Sportchef Daniel Naud?

Es gibt zwischen uns keine Geheimnisse. Wir sitzen mittlerweile in einem Büro, begegnen uns auf sehr respektvolle Weise und arbeiten bei der Recherche professionell zusammen. Wir diskutieren viel. Nicht immer sind wir uns einig, aber wir finden immer eine Lösung.

Inwiefern sind Sie in die Personalplanung fürs DEL2-Team eingebunden?

Die Hauptverantwortung liegt bei Danny. Meine Aufgabe ist es, die Zukunft mit im Blick zu haben und mein Netzwerk zu nutzen, wenn wir jemanden für eine bestimmte Rolle brauchen. Ein gutes Beispiel ist Leon Doubrawa. Der war bei uns damals in der DNL in Landshut. Da ich wusste, dass er gerade sein Abitur gemacht hat, haben wir ihm angeboten, zu unserer U20 zu kommen – und ihm die Möglichkeit gegeben, bei den Profis als dritter Torhüter zu trainieren. Was Leon seitdem in jungen Jahren als Aufstiegstorhüter in den DEL2-Playoffs und Backup in der DEL erlebt hat, ist eigentlich der Wahnsinn.

Bleibt Doubrawa im Ellental?

Ich glaube, das würde Sinn machen. Danny hat gute Gespräche mit ihm geführt. Leon ist noch mitten in der Entwicklung. Aber ganz klar: Wir brauchen eine starke Nummer eins als Starter.

Abgesehen von Abgängen hört man in Sachen Personalmeldungen bisher sehr wenig von den Steelers. Wie weit ist die Kaderplanung gediehen?

Wir reden nicht über ungelegte Eier und lassen uns nicht unter Druck setzen. Wir nehmen nicht jemanden, nur damit wir jemanden haben. Um es mal klar zu sagen: Wir starten mit einem Jahr minus. Wären wir schon vor ein paar Monaten in unseren jetzigen Positionen gewesen, hätten wir vorzeitig zweigleisig planen können und heute wahrscheinlich nur noch zwei, drei Positionen zu besetzen. Wir hatten einen Abstieg, vor zwei Wochen einen Wechsel in der Vereinsführung und bauen nun ein komplett neues Team auf. Das benötigt nun mal viel Zeit und Recherche.

Aber die Zeit läuft dem Verein davon, viele gute Spieler sind schon vom Markt.

Das ist sicher nicht von Vorteil. Wir sind spät dran, aber wir können das nicht ändern. Das ist der Übergangsphase geschuldet. Aber ich kann versichern: Jede Entscheidung treffen wir im besten Sinn für unser Logo und die Zukunft unserer Steelers. Wir bitten hier alle um etwas Geduld. Wir glauben fest an das Potenzial des neuen Kaders.

Und was macht die Trainersuche?

Aus dem großen Pool von 30, 40 Trainern aller Couleur gibt es einen Favoritenkreis, in dem fünf, sechs Trainer sind. Wir schauen nach dem richtigen Mann für die jetzige Situation. Es gibt ein klares Anforderungsprofil.

Wie sieht dieses denn aus?

Es muss nicht zwingend ein deutscher Trainer sein, aber er sollte die Bedingungen in Deutschland und der DEL2 kennen. Ganz wichtig ist uns, dass der neue Chefcoach mit jungen Leuten arbeiten kann und will. Ein Ausschlusskriterium wäre, wenn er nur mit fertigen Spielern arbeiten möchte. Das wollen wir nicht.

Halten Sie eine Rückkehr der Steelers in die DEL in den nächsten Jahren für denkbar?

Ich bin im Eishockey schon viel herumgekommen. Für mich ist Bietigheim mit seinen Bedingungen ein perfekter DEL-Standort – mit der Nähe zu Ludwigsburg und Stuttgart, dem Trainerstab im Verein, den zwei Eisflächen und einer tollen Fankultur. Auch wenn wir in der Ersten Liga manchmal als gallisches Dorf bezeichnet wurden, sehe ich uns ganz und gar nicht als kleiner SC Bietigheim. Wir Steelers brauchen uns nicht zu verstecken, hier steckt enorm viel Potenzial. Wir sind alle Sportler, wollen uns verbessern und am Ende den maximalen Erfolg. Mittelfristig halte ich den Wiederaufstieg für möglich.

Prommersberger bleibt ein Steeler, Renner geht

Der doppelte Max war am Dienstag das Hauptthema bei den Bietigheim Steelers. Max Prommersberger und der DEL-Absteiger einigten sich auf eine weitere Zusammenarbeit. Somit geht der 35-jährige Defensivmann und Führungsspieler 2023/24 in seine bereits zehnte Saison im Ellental. Sein oberbayerischer Verteidiger-Kollege Max Renner verlässt den SCB dagegen nach drei Spielzeiten. Der gebürtige Rosenheimer, der am Freitag 31 Jahre alt wird, wechselt Gerüchten zufolge zu den Augsburger Panthern.

 
 
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