Der Architekt der Ege-Trans-Arena hat wohl alles richtig gemacht. Denn dass die Eishalle nach dem Derby zwischen den Bietigheim Steelers und den Heilbronner Falken noch ein Dach hat, grenzt an ein Wunder. 13 Sekunden vor Schluss beim Stand von 3:3 wird der Ex-Steelers-Spieler Frederik Cabana auf die Strafbank geschickt. Viel Zeit bleibt nicht mehr, SCB-Coach Alexander Dück nimmt noch eine Auszeit.
Bietigheim Steelers Dank Ex-Falke Dell: SCB stutzt Heilbronn elf Sekunden vor Schluss die Flügel
Gegen die Heilbronner Falken kann es wohl nur nervenaufreibend werden. Drei Mal liegen die Ellentäler zurück, drei Mal kommen die Gastgeber wieder ins Spiel und stellen elf Sekunden vor Schluss die Partie auf den Kopf.
Selbstvertrauen ins eigene Team
Doch die Steelers haben Selbstvertrauen, allen voran Goalie Olafr Schmidt. Der füllt seine Trinkflasche nämlich nicht noch einmal für eine eventuelle Verlängerung auf, „Zwölf Sekunden reichen uns“, sagt der Schlussmann an der Bank zu Equipment-Manager Marco Schwarzer. Und er behält recht: Die Ellentäler gewinnen das Bully, die Scheibe kommt an die blaue Linie zu Pawel Dronia, der einfach mal draufhält. Vor dem HEC-Netz ist viel Verkehr, ausgerechnet Alexander Dell, der in der Vorsaison noch für die Falken auflief, bugsiert die Scheibe an Goalie Patrick Berger vorbei und sorgt für Ekstase im Ellental – 4:3.
„Du musst in deine Mitspieler glauben und sie haben es geschafft“, sagt Schmidt nach dem Spiel und ergänzt: „In Nächten wie heute, in denen du drei Mal hinten liegst, musst du fokussiert sein und daran glauben, dass du zurückkommen kannst. Das haben die Jungs heute geschafft.
Die letzten elf Sekunden laufen herunter und der SCB steht als Derbysieger fest. Jubelstürme auf der Tribüne, ein Faustkampf bricht auf dem Eis aus, der Frust der Gäste, die drei Mal in Führung gingen, macht sich breit. Auch Falken-Coach Frank Petrozza ist mit Niederlage nicht zufrieden: „Ich verstehe es nicht. Es ist ein Derby und 13 Sekunden vor Schluss pfeifen die Schiedsrichter eine unnötige Strafe. Schade, das Spiel hätte eine Overtime verdient.“
Fans mit 60 Minuten Stimmung
Die 4500 Zuschauer machen die ausverkaufte Ege-Trans-Arena am Freitagabend zu einem Hexenkessel. „Danke an alle Fans, es war eine gute Stimmung, das macht Spaß für alle, hier zu spielen“, sagt SCB-Trainer Alexander Dück über die Stimmung nach der Partie.
Dabei werden seine Männer schon früh kalt erwischt. Nach dem besseren Start mit mehreren guten Abschlüssen bringt Thore Weyrauch die Enztalkurve zum Verstummen. Nach einem Scheibenverlust in der Falken-Zone geht es schnell, Nolan Ritchie bringt den Puck nach vorne und hat ein Zwei-gegen-Eins mit Weyhrauch gegen Sören Sturm. Der SCB-Verteidiger wirft sich zwar noch zwischen den Pass, kann diesen aber nicht verhindern. Weyrauch steht am zweiten Pfosten allein und schiebt locker ein, Schmidt ist machtlos (3.).
Nemec verpasst früh
Vom frühen Gegentreffer sind nicht nur die Anhänger der Grün-Weiß-Blauen geschockt, auch die Spieler brauchen etwas, um wieder in die Spur zu finden. Dem HEC gelingt es, die Hausherren hinten einzuschnüren und kaum zu Entlastung kommen zu lassen. Dabei ist der SCB vor dem Gegentor besser, Erik Nemec verpasst es nach nur 50 Sekunden selbst das 1:0 zu erzielen, nachdem sich der zu Beginn unsicher wirkende Berger im Tor verschätzt, dann aber per Hechtsprung noch den Einschlag verhindert.
So braucht es bis zur 10. Minute, bis von den Gastgebern wieder ein sauberer Angriff nach vorne kommt. Erst ist es Bastian Eckl, der die Scheibe frech erobert und nach einem Solo das lange obere Kreuzeck verfehlt. Kurz darauf scheitert Alexander Preibisch doppelt, nachdem der Kapitän einen Distanzversuch gefährlich abfälscht scheitert er auch mit dem Nachschuss an Berger.
Beide Teams lassen viel liegen
Die Partie wird von da an ausgeglichener, Bietigheim macht immer wieder vorne Druck, das letzte Abschlussglück fehlt noch. Die Falken lassen derweil ihre Konterchancen ungenutzt und verpassen es, höher in Führung zu gehen.
Zum Start des zweiten Drittels wiederholt sich die Geschichte fast, wieder drücken die Ellentäler und haben gute Abschlüsse auf das Netz von Berger und wieder kommen die Gäste zu einer Konterchance nach wenigen Minuten. Dieses Mal zieht Benedikt Jiranek den Puck am Pfosten vorbei – zum Glück der Heimfans. Beide Seiten spielen mit offenem Visier, erst kratzt Paul Meyer einen Schuss von Eckl von der Linie, Berger wäre geschlagen gewesen. Auf der Gegenseite rettet Schmidt gleich zwei Mal.
Sturm sichtlich unzufrieden
Frust kommt beim SCB auf, als Sturm ohne triftigen Grund von den Unparteiischen auf die Strafbank geschickt wird – zum wiederholten Male. Seinen Unmut zeigt er deutlich und wirft den eigenen Stock in der Kühlbox weg. Doch in der Unterzahl liegt auch gleichzeitig ein Hoffnungsschimmer, Marek Racuk überrascht den HEC mit einem Solo, schließt flach unter dem Schoner von Berger hinweg zum Ausgleich (27.).
Doch wie gewonnen, so zerronnen. Sturm kommt gerade von der Strafbank, da ist noch zu viel Platz in der Bietigheimer Deckung. Das nutzt Alec Zawatsky aus, sieht Calder Anderson der nach einem Querpass erneut zu viel Platz bekommt und mit Hilfe des Pfostens den alten Abstand wieder herstellt – 2:1 (29.). Ab da wird es hitziger, Pawel Dronia tackert Zawatsky in die Bande, der Deutsch-Kanadier bleibt verletzt liegen und wird behandelt, kann aber später wieder mitspielen. Der polnische Verteidiger auf der Gegenseite kommt mit einer kleinen Strafe glimpflich davon (32.).
Déjà-vu für die Bietigheimer
Wie schon in den beiden Dritteln zuvor starten die Steelers auch im letzten Abschnitt mit einer Großchance. Nach einem sauber vorgetragenen Konter von Racuk und Marvin Drothen kommt die Scheibe in den Slot zu Nemec, der den Puck allerdings verfehlt.
Doch die Ellentäler drücken weiter und kommen erneut zum verdienten Ausgleich. Einen Distanzschuss von Christoph Kiefersauer fälscht Joshua Rust noch entscheidend ab. Das 2:2 bleibt auch bestehen, nachdem sich die Schiedsrichter die Situation wegen eines möglichen hohen Stocks überprüfen (49.).
In der Schlussphase wird die Partie dann von Strafen geprägt. Thomas Supis wird nach 53 Minuten vom Eis gestellt – lange überfällig –, Dennis Dietmann drei Minuten später auf der Gegenseite ebenfalls, hier jedoch zu Unrecht. Und in beiden Unterzahlsituationen klingelt es, jedoch jeweils für die Mannschaft mit einem Mann weniger auf dem Eis: Erst ist es in einer Kopie vom 1:0 erneut Weyrauch, der einen üblen Rückpass der Hausherren ausnutzt (55.), eine Zeigerumdrehung später ist es Marek Racuk in einer Kopie des 1:1. Der Tscheche macht das 3:3 mit einem verdeckten Schuss. Das entscheidende Tor liegt in den letzten Momenten der Partie in der Luft, nach Dells Erlösung rasten die Fans dann vollends aus.