Bietigheim schießt sich den Frust vom Leib. Nach dem schwachen Auftritt am Freitagabend in Lindau zerlegen sie den SC Riessersee am Sonntag in seine Einzelteile. Mit 13:2 sichern sich die Ellentäler den höchsten Sieg der Saison und bleiben damit im 19. Heimspiel in Folge ungeschlagen. „Es war eine Wiedergutmachung, wir mussten reagieren, das haben wir gut umgesetzt“, sagt SCB-Coach Alexander Dück nach der Partie.
Bietigheim Steelers Der SCB wie Major Tom: Völlig losgelöst
Peter Schillings Song von 1982 ist auch heute noch wohlbekannt. Die Bietigheimer Eishockeymannschaft hat sich wohl von diesem Song vor der Partie gegen Riessersee inspirieren lassen und schießt die Männer aus Garmisch mit 13:2 ab.
Gegen die Männer aus Garmisch, die rund 100 Fans mit von der Zugspitze an den Neckar bringen, zeigen die Steelers ein gänzlich anderes Gesicht. Defensiv agieren die Hausherren kompakt, wobei vom SCR auch wenig gefährliches nach vorne kommt. Die Gastgeber spielen sich derweil vor allen Dingen im zweiten Abschnitt in einen Rausch, treffen aus allen Lagen, fast jeder Schuss ist ein Treffer, schon zum Ende des Abschnittes ist die Führung zweistellig.
Zwei Mal Pfosten, ein Mal Boehm
Vom Eröffnungsbully weg offensiv sucht sucht der SCB Zug zum Tor. Da fehlt aber noch das Zielwasser, so bleiben zahlreiche Chancen ungenutzt. So etwa die Abschlüsse von Christoph Kiefersauer und Viktor Buchner, die an den Außenpfosten klatschen (4./13.) oder der Versuch von Bastian Eckl, der alleine auf Michael Boehm zugeht, dann aber zu zentral auf den Goalie zielt (6.).
Erst Fedor Kolupaylo versetzt die meisten der 3003 Zuschauer in Jubelstürme: Der Deutsch-Russe, der zuletzt blenden in Form ist, veredelt einen stark herausgespielten Angriff und versenkt nach Querpass von Marek Racuk eiskalt (14.). Kiefersauer und Tyler McNeely könnten beide nur wenige Momente danach direkt nachlegen, scheitern aber an Boehms Schoner.
Der Deutsch-Kanadier, der seit Mittwoch den deutschen Pass besitzt und gleichzeitig seinen Vertrag verlängerte (die BZ berichtete), macht es dann drei Minuten vor der Pause besser. Von Kiefersauer bedient bekommt der Routinier die Scheibe im Zentrum, die bayrischen Verteidiger sind zu weit weg und McNeely legt das 2:0 ins Netz.
Eckl mit dem 3:0 vor der Pause
Die Gäste wirken geschockt, fangen sich noch vor der Pause in Form von Eckl das 3:0. Der großgewachsene Stürmer platziert nur 24 Sekunden später nach einem Bully vor Boehms Kasten einen harten Schuss neben den Pfosten und stellt den Pausenstand her. Auch der Goalie hinten wirkt nicht sattelfest, zahlreiche Schüsse landen nicht sicher in der Fanghand sondern prallen wieder zurück ins Feld.
Im zweiten Drittel nimmt das muntere Toreschießen weiterhin seinen Lauf, nachdem es die Männer in Weiß-Blau nicht hinbekommen, eine Überzahl in Zählbares umzumünzen, ist es der nächste Dreifachschlag binnen 27 Sekunden: Erst knallt Pawel Dronia einen Distanzschuss an den Pfosten, über zwei Stationen kommt der Abpraller zum polnischen Nationalspieler zurück. Dieses Mal fälscht Marvin Drothen den Versuch zum 4:0 ab.
Als dann Erik Nemec frei im Slot unmittelbar danach auf 5:0 erhöht stellt SCR-Coach Hunor Marton Andreas Mechl zwischen die Pfosten, Besserung bringt das aber nicht. Erneut ist viel Platz vor dem Kasten, dieses Mal drückt Alexander Preibisch das Hartgummi über die Linie (24.).
Auszeit ohne Wirkung
Marton bittet seine Spieler an die Bank für eine Auszeit, doch auch die zeigt keine Wirkung. Eineinhalb Minuten später haben die SCB-Fans schon wieder den Torschrei auf den Lippe, Mechl kratzt den Puck aber noch frei von der Linie, was auch der Videobeweis bestätigt (25.). Zwei Zeigerumdrehungen später zappelt die Scheibe dann aber wirklich im Netz, einen Reihenwechsel der Gäste nutzt McNeely gnadenlos aus und versenkt im Garmischer Kreuzeck zum 7:0 (26.).
So hoch das Ergebnis auch ist, es ist trotzdem schmeichelhaft, die Steelers könnten noch deutlicher in Führung liegen. Vom SCR kommt kaum etwas nach vorne, die Ellentäler malträtieren derweil das Gestänge und die Schoner von Mechl im Netz. Ein weiterer Distanzschuss von Dronia nach 31 Minuten und eine Fackel über die Fanghand hinweg von Marek Racuk markieren das achte und neunte Tor des Tabellenzweiten. Olafr Schmidt im SCB-Tor hat in der Zwischenzeit kaum etwas zu tun, langweilt sich schon fast und muss wenn dann nur harmlose Schüsschen direkt auf den Körper entschärfen.
Alexander Dell trifft eineinhalb Minuten vor der Drittelpause noch zum 10:0, mit sieben Treffern in einem Drittel geht Bietigheim gestärkt in den letzten Abschnitt. „Es war die Ansage, dass wir den Fuß nicht vom Gaspedal nehmen, sondern weiter so machen“, erzählt Dück. Ans Aufhören denkt auch keiner. Nach nur 16 Sekunden erzielt Nemec das 11:0. Von den mitgereisten Gäste-Fans, die die rund dreieinhalbstündige Fahrt auf sich genommen haben, gibt es dann die Höchststrafe. Sie verhöhnen die eigene Mannschaft mit „Wir wollen unser Geld zurück“-Sprechchören.
Premieren-Tor für Buchner
Ihre Truppe auf dem Eis strahlt weniger Gefahr aus, als die SCB-Jugend die in einer Drittelpause ihr Können zeigt sorgt. Neuzugang Buchner macht derweil eine Viertelstunde vor Schluss das Duzend voll und feiert sein erstes Tor im grünen Trikot (12:0, 46.), Nemec und Kiefersauer zerpflücken die gerupfte Defensive dann komplett, lassen die Riesserseer Hintermannschaft wie die Fahnenstangen stehen, der Tscheche versenkt das 13:0 (48.).
Bietigheim fährt von da an drei Gänge herunter. So kommen die Gäste noch zu zwei Ehrentreffern. Rund zehn Minuten vor Schluss wird erst Robin Soudeks 1:13 mit Häme der Fans gefeiert (49.). Die skandieren nämlich „Jetzt geht’s los“ und „Nur noch zwölf“. Kilian Raubal vollendet dann ein Solo zum zweiten Tor drei Minuten später. Den Schlusspunkt setzen erneut die Fans aus Garmisch, die 30 Sekunden vor Schluss mit Galgenhumor noch einmal „Sieg! Sieg!“-Chöre anstimmen.