Die Aufarbeitung des Abstiegs aus der Deutschen Eishockey Liga 2 (DEL2) bei den Bietigheim Steelers ist abgeschlossen. Der Blick richtet sich nach vorne auf die Oberliga-Spielzeit. Im Interview arbeiten Geschäftsführer Gregor Rustige und der Aufsichtsratsvorsitzende Martin Kemmler die nervenaufreibenden Wochen auf und schauen in die Zukunft. Was lief falsch? Welche Schlüsse zieht man daraus? Und wie geht man im Ellental die Oberliga an?
Bietigheim Steelers Rustige: Das Ziel in der Oberliga müssen die Top vier sein
Die Steelers-Verantwortlichen haben viele Fehler identifiziert: Sie wollen vor allem mehr Kontinuität und Erfahrung in den Kader bringen.
Es liegen turbulente Wochen hinter den Steelers. Wie haben Sie diese persönlich erlebt?
Gregor Rustige: Für mich war es anfangs eine wilde Zeit, da die Steelers mein Herzensverein ist. Nach drei, vier Tagen kommt man jedoch schnell wieder ins Arbeiten und fokussiert sich auf die neuen Ziele. Deshalb ist die sportliche Niederlage mit dem Abstieg auch schnell abgehakt. Martin Kemmler: Für mich war es recht frustrierend, weil ich gemerkt habe, wie wenig Einflussmöglichkeiten man operativ auf das hat, was auf dem Eis passiert. Man würde gerne so viel mehr ändern, aber kann es nicht beeinflussen und scheitert immer wieder an zwei Punkten: Zum einen am rein Sportlichen, was teilweise auch eine Frage von Spielglück und -unglück ist und zum anderen an den finanziellen Implikationen. Mit einem begrenzten Budget sind eben keine großen Sprünge möglich.
Was hätten Sie gerne geändert?
Kemmler: Sportlicher Erfolg hängt im Eishockey extrem vom Geld ab. Als wir gesehen haben, dass wir nicht auf dem Weg sind, den wir geplant hatten, hätten wir gerne gegengesteuert. Vor allem auf der Torhüter- und den Verteidiger-Positionen haben wir von Beginn an nicht die Leistungen bekommen, die wir uns erwartet haben. Dennoch haben wir uns dazu entschieden, kein weiteres Geld auszugeben, das wir zudem gar nicht hatten. Und wir waren überzeugt, dass sich der Kader erst finden muss, dass er besser ist als das, was wir auf dem Eis gesehen haben.
Der Rücktritt von Christoph Heinzmann als Präsident des SCB ist auch ein Eingeständnis, dass die enge Verzahnung des Stammvereins mit der Profi-Abteilung gescheitert ist. Oder sehen Sie das anders?
Rustige (schüttelt mit Kopf): Es ist immer die Frage, was sich die Leute darunter vorgestellt haben. Viele dachten, dass der Verein in die GmbH eingreift und operativ mitarbeitet. Das war und ist aber nicht der Fall. Der Verein ist zwar weiterhin Gesellschafter, aber die Vertreter des Vereins beteiligen sich nur im Rahmen ihrer Funktionen an den Entscheidungen der GmbH. So war es auch bei Christoph und darum ist die Verzahnung nicht gescheitert. Im Gegenteil: Wir arbeiten alle sehr gut zusammen. Kemmler: Es gab in der Vergangenheit unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die Profi-GmbH geführt und ausgerichtet werden sollte. Sowohl die GmbH als auch der Verein hatten gute Argumente für ihre jeweilige Position, aber man kam am Ende eben zu keinem tragfähigen Konsens. Und irgendwann war das Tischtuch eben zerschnitten. Mit der Trennung vom Geschäftsführer Volker Schoch und den daraus entstehenden Konsequenzen war dann der Höhepunkt erreicht. Als Präsident des Stammvereins stand Christoph über die Maße im Fokus und hat schließlich die Verantwortung übernommen, auch wenn er nicht der Schuldige ist.
Um auf das Sportliche zu kommen: Was lief alles falsch?
Rustige: Der Hauptgrund war der zu kurzfristige Übergang in der Geschäftsstelle. Daniel Naud, unser damaliger Sportlicher Leiter, hatte zu wenig Zeit, eine Mannschaft zusammenzustellen. Es sind nach dem Abstieg nur fünf Spieler aus der DEL geblieben, somit hat uns ein Stück Kontinuität gefehlt. Und unser Team war extrem jung. Ein weiter Punkt war auch, dass wir am Anfang ein riesiges Abwehrproblem hatten, das sich durch die ganze Saison gezogen hat. Dazu haben wir mit Max Prommersberger noch in der Vorbereitung einen Spieler verloren, der als Führungsspieler vorgesehen war. Leider hatten wir auch bei der Trainerwahl kein glückliches Händchen. Kemmler: Der Zug hat irgendwann Fahrt aufgenommen und war kaum mehr zu stoppen. Wir haben alles versucht, aber hatten das Gefühl, es kommt auf dem Eis nicht an. Die Truppe hat sehr selten gezeigt, dass sie den Abstiegskampf wirklich angenommen hat.
Wie wollen Sie den SCB in der Zukunft ausrichten?
Kemmler: Organisatorisch sind die Grundsteine gelegt. Der ganze Dissens zwischen Verein und GmbH, der früher bestanden hat, ist einem konstruktiven Miteinander gewichen. Die Gremien arbeiten hervorragend miteinander. Es gab keine Abstimmung, die knapp ausgefallen ist. Bei der Frage nach der Aufnahme von weiteren Gesellschaftern sind wir aber noch nicht weiter, da es noch zu viele Altlasten gibt, die im Vorfeld geklärt werden müssen. Rustige: Sportlich müssen wir schauen, dass wir in der Oberliga direkt in den Top vier oder fünf mitspielen. Wenn wir das nicht schaffen, haben wir ein Problem und verärgern die letzten Fans und Sponsoren. In diese Richtung läuft die Zusammenstellung des Teams. Mit Olafr Schmidt und David Zabolotny haben wir jetzt schon ein super Goalie-Duo und werden darüber hinaus noch den einen oder anderen erfahrenen Spieler verpflichten. Wir wissen aber auch, dass Erfolg Kontinuität braucht und wir nun wieder an dem Punkt sind, nahezu eine komplett neue Mannschaft zusammenstellen zu müssen.
Stichwort Kontinuität: Wie weit sind Sie, den Kader zusammenzuhalten?
Rustige: Mit Vertragsverlängerungen wird es wieder nicht einfach. Verdientere Spieler lassen sich die Oberliga bezahlen, weil es für sie sportlich nicht mehr so interessant ist wie die DEL2. Allerdings wollen wir auch bewusst ein paar Sachen am Kader ändern.
Wie sieht denn die finanzielle Lage aus? Müssen Sie für die Oberliga deutlich kleinere Brötchen backen?
Kemmler: Aktuell bleiben uns die meisten Sponsoren erhalten, aber es stehen auch noch sehr viele Gespräche aus. Wir planen etwa 40 Prozent unter dem Budget der DEL2. Die Zielgröße ist rund zwei Millionen Euro. Der prozentuale Anteil des Spieleretats am Gesamtetat wollen wir aber höher halten als in der Vergangenheit.
Der Abstieg hat einigen Kredit bei den Fans gekostet. Wie wollen Sie eine Aufbruchstimmung erzeugen?
Kemmler: Natürlich benötigen wir gerade jetzt eine „Jetzt erst recht“-Mentalität sowohl im Verein als auch bei den Fans und Unterstützern. Um aus dem Tal herauszukommen, ist perspektivisch der einzige Weg die Steigerung des Zuschauerschnitts auf rund 3.000 bis 3.500 pro Heimspiel. Um das zu erreichen, werden wir eine Vielzahl an Aktivitäten ergreifen müssen, die jedoch eher das sind, was man „Grasnarben-Marketing“ nennt – also Maßnahmen, die viele Menschen in der Region ansprechen und nicht teuer sind. Um so erfolgreich Eishockey spielen zu können, wie wir es in der DEL2 einst getan haben, benötigen wir aber zusätzlich auch mehr Sponsoringeinnahmen.