Bietigheim Steelers SCB findet in Goalie Kevin Reich seinen Meister

Von Niklas Braiger
Das Tor zum Glück für Hannover: Jordan Knackstedt (unten) knallt den Puck ins kurze Eck. Foto: Florian Petrow/Göttinger Sportdienst

Nur zwei der 49 Schüsse der Bietigheim Steelers finden den Weg am Schlussmann der Hannover Scorpions vorbei. In der Verlängerung ist es dann ein alter Bekannter, der die Niederlage besiegelt.

Was für eine Atmosphäre am Gründonnerstag. Eine ausverkaufte ARS-Arena in Hannover, 2700 Zuschauer singen vor dem Eröffnungsbully des ersten Playoff-Finalspiels die deutsche Nationalhymne: Gänsehaut. Die Bietigheim Steelers verlieren nach einem harten Kampf und fast 80 Minuten Eishockey letztlich dennoch knapp mit 2:3 gegen die Hannover Scorpions.

Die endgültige Gänsehaut kommt dann aber in der Verlängerung auf. Denn kurz bevor das Siegtor fällt ist es mucksmäuschenstill in der Eishalle. Ein medizinischer Notfall im Steelers-Block hat beide Fanlager zum Verstummen gebracht, mit lautem Applaus werden aber die Sanitäter und der zu behandelnde Fan verabschiedet (65.). Für Jubel im Heimblock sorgt dann aber wenig später aber Jordan Knackstedt. Der Stürmer, der den SCB in der Vorsaison noch mit Selb in die Oberliga geschossen hat, verwertet einen zweiten Nachschuss ins kurze obere Eck, Bietigheims Goalie Olaf Schmidt ist machtlos gegen den Siegtreffer.

Früher Doppelschlag des HSC

Dabei werden die Schwaben vom Start weg schon gleich kalt erwischt. Schon im Vorfeld hatten Coach Alexander Dück und Co. angemerkt, dass nach der elftägigen Spielpause der Rhythmus schnell wieder zurückkommen muss. „Je länger man nicht spielt, desto schwieriger wird es , wieder reinzukommen“, prognostizierte der Coach. Auch Kapitän Alexander Preibisch warnte bereits vor den ersten Minuten der Partie. Und schon nach 70 Sekunden jubeln die Hannoveraner Fans: Dylan Wruck wird bei einem Vorstoß nur von Jesse Roach begleitet, hat kurz vor Schmidt dann noch das Auge für Pascal Aquin, der ebenfalls nur Geleitschutz erhält und den Puck über die Linie drückt.

Das Tor fällt so früh, dass ein Großteil der Steelers-Fans es nicht einmal mitbekommt. Denn beide Fanbusse kommt nach Stau erst zehn Minuten nach Spielbeginn an. Doch auch mit deren Anwesenheit ändert sich am Spiel wenig. Bietigheim schafft es zwar hier und da mal ins gegnerische Drittel, da fehlt dann aber die Präzision beim Abspiel oder Abschluss.

Kirsch erhöht

Derweil sind die Scorpions brandgefährlich und bauen nach fünf Spielminuten sogar die Führung aus. Justin Kirsch bekommt im linken Rückraum viel zu viel Zeit und Platz und kann die Scheibe mit viel Kraft und noch mehr Präzision zum 2:0 unterbringen. Doch mit laufender Spielzeit wird der SCB auch in der Offensive stärker, Viktor Buchner verpasst nach zehn Minuten den Anschluss, scheitert aber am überragenden Kevin Reich im Kasten der Hausherren.

Christoph Kiefersauer hat kurz vor der ersten Unterbrechung dann aber mehr Glück und netzt den Anschlusstreffer ein, Mick Hochreither und Tyler McNeely haben zuvor über die rechte Seite die Hannoveraner Defensive zerpflückt, der eingelaufene Kiefersauer darf sich letztlich auch bei Preibisch bedanken, der Reich noch entscheidend die Sicht nimmt (18.).

Und dieses Oberwasser nehmen die Ellentäler auch mit. Den Scorpions merkt man die längere und anstrengende Serie gegen Heilbronn an. Nur selten kommen sie zu Entlastung, wenn doch wird es aber richtig brenzlig. Knackstedt wurstelt sich in einem Konter um drei Steelers-Verteidiger, Jan Veselý kann den Stürmer noch mit einem Stock in die Schlittschuhe stoppen und muss dafür auf die Strafbank (24.).

Sämtliche Versuche scheitern

Die Unterzahl verteidigen die Gäste stark weg, wenig später in eigener Überzahl wird es ein wahrer Chancenwucher. Veselý, Kiefersauer und McNeely verpassen allesamt das 2:2 auf das offene Netz, entweder pariert Reich brillant oder die Scheibe landet am Außennetz. Enorm bitter für die Steelers, der Ausgleich wäre hochverdient. Auch in einem zweiten Powerplay verpassen es die Grün-Weiß-Blauen nur knapp, das zweite Tor zu erzielen.

„Man hat gemerkt, die Bietigheimer hatten elf Tage Pause. Am Anfang waren wir ein bisschen stärker, aber jetzt sind sie voll da“, sagt auch Christoph Kabitzky in der zweiten Drittelpause, das hatte Preibisch schon im Vorfeld angekündigt: „Die sind vielleicht ein Drittel im Vorteil, dann kommen bei denen aber die Beine und der Kopf ins Spiel und wir können die Überlegenheit von elf Tagen ohne Spiel ausnutzen“, sagte der Kapitän im Vorfeld. Und diese Frische nutzen die Bietigheimer auch aus.

Das merkt man dem SCB auch im Schlussdrittel deutlich an. Die Hausherren konzentrieren sich nur noch auf die Defensive, zu Entlastungsangriffen kommt es nur allzuselten. Die Steelers bestimmen das Spiel, haben die Chancen, verzweifeln jedoch Reihenweise an Reich. Egal ob Stürmer oder Verteidiger, ob Kombination oder One-Timer, ob im Powerplay oder in Gleichzahl – es wirkt wie verhext.

Reich mit Monster-Reflex

Insgesamt zehn Minuten Überzahl bleiben aus Sicht der Schwaben ungenutzt, Reich ist immer zur Stelle, teilweise auch spektakulär. So nimmt er gegen den im Zentrum freistehenden Erik Nemec einen Schuss weg, der sonst genau im Kreuzeck eingeschlagen wäre. Reichs Fanghand schnellt jedoch in die Höhe und fischt die Scheibe aus dem Winkel (52.). Schmidt auf der Gegenseite ist nur selten gefragt, wenn mal doch ein Schuss auf sein Netz kommt, ist der Schlussmann sicher zur Stelle.

Fünf Minuten vor Ende der regulären Spielzeit ist der Bann dann aber endlich gebrochen und wer sonst außer Jan Veselý erzielt den hochverdienten Ausgleich. Von Landsmann Nemec – der zuvor gut den Puck erobert – bedient bleibt der Neuzugang eiskalt und versenkt zum 2:2. Für den Wintertransfer ist es im 14. Playoff-Spiel bereits das 13. Tor – Bestwert. Somit geht das Spiel bis in die Overtime, wo sowohl Schmidt wie auch Reich weiterhin glänzen, sich der Bietigheimer am Ende aber doch geschlagen geben muss. Denn einen Abschluss aus kurzer Distanz von Allan McPherson kann der 29-Jährige nur prallen lassen, den ersten Nachschuss blockt ein Schläger, den zweiten Versuch versenkt dann Knackstedt.

 
 
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