Bietigheim Steelers Aufmüpfiger SCB verdirbt Ice Tigers die Partylaune

Von Andreas Eberle
Steelers-Verteidiger Arvin Atwal (Mitte) hält seinen Nürnberger Gegenspieler Tyler Sheehy vom Bietigheimer Tor fern. Für den Ernstfall steht Goalie Sami Aittokallio bereit. Foto: /Martin Kalb

Das Schlusslicht Bietigheim Steelers schlägt Nürnberg nach einem 0:2-Rückstand mit 5:2. Die endgültige Abstiegsentscheidung ist noch einmal vertagt. 800 Gästefans begleiten den Playoff-Kandidaten aus Franken ins Ellental, davon 500 mit einem Sonderzug. DEL-Rekordscorer Patrick Reimer wird besonders gefeiert.

Warum nicht häufiger so? Das werden sich viele Fans unter dem Eindruck des vorletzten DEL-Heimspiels der Bietigheim Steelers fragen. Mit einem 5:2 zähmten sie am Sonntagnachmittag den Playoff-Anwärter Nürnberg Ice Tigers und beendeten ihre Negativserie mit vier Niederlagen am Stück. Damit ist das Schlusslicht aus dem Ellental zumindest rechnerisch immer noch nicht abgestiegen. Da der Vorletzte Augsburger Panther mit 2:1 nach Penaltyschießen bei den Fischtown Pinguins in Bremerhaven gewann, reduzierte sich der Bietigheimer Rückstand auf den vorletzten Platz nur um einen Zähler auf acht Punkte. Die wären in den verbleibenden drei Partien theoretisch noch aufholbar, was aber alle Wahrscheinlichkeitsregeln aushebeln würde. Mit einer Niederlage am Dienstag (19.30 Uhr) in Ingolstadt wäre der SCB endgültig weg vom Fenster.

„Wenn ich ehrlich bin: Wir haben schon bessere Spiele gemacht, die wir dann verloren haben“, bilanzierte Trainer Pekka Kangasalusta und lobte die „grandiose Stimmung“ in der Halle.

Erstligareife Atmosphäre

Seine Profis steigerten sich im vorletzten Bietigheimer Heimspiel nach einem schwachen Auftaktdrittel und einem 0:2-Rückstand gewaltig und betrieben Werbung in eigener Sache – auch vielleicht schon im Hinblick auf die anstehenden Vertragsgespräche für die neue Runde, ob in Bietigheim oder anderswo. Die Kulisse und die Atmosphäre waren ebenfalls noch mal erstligareif: 3595 Zuschauer bevölkerten die Ränge der Ege-Trans-Arena, davon 800 aus Nürnberg. 500 Schlachtenbummler der Ice Tigers waren mit dem Sonderzug angereist, der Rest mit zwei Fanbussen und Privatautos.

Ein verdienter Nürnberger Profi wurde besonders gefeiert: Kapitän Patrick Reimer, der Rekordscorer der DEL, befindet sich derzeit wie der SCB auf Abschiedstournee: Nach 20 DEL-Spielzeiten, die letzten elf im Tigers-Trikot, hört der 40-jährige Stürmer nach dieser Runde auf. Im ersten Powerbreak gratulierten die Steelers ihm auf dem Videowürfel zu seiner denkwürdigen Karriere, die in Olympia-Silber 2018 in Pyeongchang mit dem deutschen Team ihren Höhepunkt hatte.

Die DEL-Legende bedankte sich kurz darauf auf seine Weise für die hehren Worte von Stadionsprecher Uwe Frauendienst: Nach einem flotten Angriff jagte Reimer die Scheibe zum 1:0 unter die Latte (12.) – sein bereits 393. Treffer in der Eliteklasse. Ein Lapsus von C.J. Stretch leitete das 0:2 ein. Der Center verlor an der eigenen blauen Linie bei Bietigheimer Überzahl den Puck an den aggressiv attackierenden Daniel Schmölz. Dieser ließ Goalie Sami Aittokallio keine Chance (17.).

Vier Tore in knapp zehn Minuten

Das Mitteldrittel stand ganz im Zeichen der Schwaben, die nun gnadenlos zuschlugen. Innerhalb von knapp zehn Minuten machten sie aus dem 0:2-Rückstand eine 4:2-Führung. Mit seinem ersten Saisontor verkürzte Arvin Atwal per Abstauber auf 1:2, nachdem Gästegoalie Niklas Treutle einen Schuss von Fabjon Kuqi nur notdürftig abgewehrt hatte (27.). Im Duell fünf gegen drei gelang Michael Keränen der 2:2-Ausgleich (32.). Und innerhalb von nur 23 Sekunden besorgten Chris Wilkie und Mathew Maione den dritten und vierten Steelers-Treffer – jeweils über die linke Angriffsseite, jeweils gegen eine komplett offene Nürnberger Deckung, jeweils mit einem Schuss ins lange Eck (35./36.). „Wir haben gar nicht so gut gespielt, waren aber effektiv“, kommentierte Kangasalusta den zweiten Spielabschnitt.

Der Bietigheimer Block war jedenfalls aus dem Häuschen – und der fränkische Anhang bedient. „Wir wollen euch kämpfen sehen“, skandierten die Tigers-Fans. Ihre Lieblinge hatten die Partie gegen den designierten Absteiger wohl schon abgehakt, was man gegen einen angeschlagenen Gegner bekanntlich nie tun sollte.

Schüle scheidet verletzt aus

Für Tim Schüle, der einen Schlag in die Kniekehle bekommen hatte, war die Begegnung nun vorzeitig vorbei. Auch ohne den Verteidiger ließen die Hausherren im letzten Durchgang keinen Deut nach und verteidigten ihren Vorsprung mit Zähnen und Klauen. Teemu Lepaus hätte bereits alles klarmachen können, doch der Finne traf nur die Latte (44.). Und Keränen scheiterte in der Endphase mit einem Schuss aufs leere Tor am Pfosten, nachdem Treutle vom Eis gegangen war (59.). Besser zielte Kapitän Constantin Braun 34 Sekunden vor Spielende in derselben Situation. „Hier regiert der SCB“, brüllten die begeisterten Steelers-Fans. „Dieser Sieg gibt uns Energie“, freute sich auch Kangasalusta. Energie für ein Finish in einer eigentlich aussichtslosen Tabellenlage.

In der DEL bahnen sich mehrere Trainerwechsel an

Die Gerüchteküche in der DEL brodelt. Unbestätigten Medienberichten zufolge beerbt Gerry Fleming, Coach der Löwen Frankfurt, zur neuen Saison Harry Kreis (wird Bundestrainer) bei den Schwenninger Wild Wings. Der 57-jährige Fleming hatte erst zu dieser Saison den Job beim hessischen Aufsteiger übernommen. Derweil wird der aktuell noch im Management der Schwenninger eingebundene Christof Kreutzer wohl Trainer und Sportdirektor bei den Augsburger Panthern, unabhängig von deren Ligenzugehörigkeit. Hauptgesellschafter Lothar Sigl hatte bei einem Sponsorentreffens erklärt, dass die Nachfolge von Kau Suikkanen schon vergeben sei und der neue Trainer bereits unterschrieben habe – ohne einen Namen zu nennen.

In München bahnt sich ebenfalls ein Trainerwechsel an. Meldungen, wonach Don Jackson die Hauptverantwortung beim EHC Red Bull abgeben und künftig in übergeordneter Funktion im Konzern arbeiten wolle, gibt es schon länger. Nun hat der Schweizer Experte Klaus Zaugg einen ganz interessanten Namen ins Spiel gebracht: Der ehemalige Bundestrainer Toni Söderholm soll nach nicht einmal einer Saison beim SC Bern nach Deutschland zurückkehren und Jackson beim DEL-Spitzenreiter beerben. 

 
 
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