Fassungslos steht Tim Schüle unmittelbar nach dem Abpfiff vor dem eigenen Netz. Ein Blick in die Weiten der Ege-Trans-Arena, die Ratlosigkeit steht dem Rückkehrer ins Gesicht geschrieben. Der Verteidiger der Bietigheim Steelers hatte Sekunden zuvor den spielentscheidenden Fehler gemacht, der in der Oberliga-Partie gegen den ECDC Memmingen die 1:2-Niederlage in der Verlängerung besiegelt. Doch dabei konnte der 34-Jährige tatsächlich wenig dafür, die Aktion war maximal unglücklich.
Bietigheim Steelers Slapstick in der Overtime: SCB verliert erstmals zuhause
60 Minuten lang stehen die Bietigheim Steelers defensiv stabil und lassen kaum etwas zu. In der Verlängerung wird es dann kurios.
Schüle, der die Scheibe in der Verlängerung vor dem eigenen Netz sichert, skatet mit dem Puck am Schläger auf die rechte Seite um das Spiel neu aufzubauen. Mitspieler Marek Racuk will seine Laufbahn kreuzen und ihn Hinterlaufen, doch kommt es dabei zur Misskommunikation: Beide SCB-Akteure rauschen ineinander, Schüle fällt sogar zu Boden – im Drei-gegen-drei, das in der Overtime gespielt wird, tödlich. Die herrenlose Scheibe nimmt Matej Pekr an, bedient Edgars Homjakovs, der ungedeckt im Zentrum steht und eiskalt unten links einschiebt. Erik Nemec, der neben Schüle und Racuk auf dem Eis steht, ist zu weit weg, der überragende Olafr Schmidt im Tor machtlos (61.).
Chancenwucher beim SCB
Es ist ein bitteres Ende für die Steelers, die zuvor über 60 Minuten lang gegen den bisher ungeschlagenen ECDC stark verteidigt hatten und sich auch bei Goalie Schmidt bedanken durften, dass es nur bei einem Gegentor blieb. Wie bereits in den Vorwochen hatten die Steelers unzählige Chancen, das Spiel in der regulären Spielzeit zu entscheiden, scheiterten aber Mal um Mal entweder am eigenen Unvermögen, dem gegnerischen Goalie Bastian Flott-Kucis – der von 33 Schüssen nur einen passieren ließ – oder der Torumrandung. Allein im zweiten Drittel trafen die Steelers gleich drei Mal Pfosten oder Latte.
Wie bereits in den Vorwochen kritisiert Dück nach der Partie die Effizienz ab dem zweiten Drittel: „Solche Chancen müssen wir nutzen, sonst wird man bestraft.“ Tamas Kanya und Bastian Eckl spielen ein Zwei-gegen-eins gegen Flott-Kucis nicht entschlossen genug aus (24.), Erik Nemec kriegt die Scheibe im Alleingang vor dem Keeper nicht durch die Schoner (31.), zwei Zeigerumdrehungen haben die SCB-Anhänger den Torschrei schon auf den Lippe, als Racuk eine Hereingabe von Schüle um Zentimeter am Kasten vorbeischiebt.
Sturms Gewaltschuss ins Glück
Nur Sören Sturm schaffte es, den Schlussmann der Indians zu überwinden. Nach einem Abschluss von Top-Scorer Marek Racuk ließ Flott-Kucis das Hartgummi nur klatschen, das Spielgerät kam in den Rückraum zum Routinier, der humorlos durchzog und den Großteil der 2009 Zuschauer zum Jubeln brachte (44.). Das Tor fiel in Gleichzahl, von der bis dato besten Überzahl-Mannschaft der Liga (zwei Drittel aller Powerplays resultierten in Toren) war nichts zu sehen. Selbst aus einem Fünf-gegen-drei machen die Hausherren nichts. „Beide Unterzahlspiele waren sehr stark, sowohl von Bietigheim, aber auch unsere Jungs haben es gut gemacht“, lobt Memmingens Trainer Daniel Huhn die Teams.
Sein Team schlug indes in Überzahl zu: Racuk war nach einem unnötigen Foul nur noch wenige Sekunden auf der Strafbank, da brachte Markus Lillich die Scheibe ins Zentrum, wo Tyler Spurgeon den Schläger dazwischen brachte und unhaltbar für Schmidt abfälschte (28.). „Beide Goalies haben einen überragenden Job gemacht“, zollt Huhn Respekt, auch sein Gegenüber Alexander Dück stimmt zu: „Lob an die beiden Torhüter auch von meiner Seite.“
Die beiden Schlussmänner sind vor allem ab dem zweiten Drittel gefragt, im ersten Abschnitt kommen lediglich insgesamt 15 Schüsse auf die Netze. Größtes Highlight dieses Durchgangs ist abseits des Eises ein Spruchbanner der Steelers-Ultras. Während des Powerbreaks enthüllen die Fans in der Enztalkurve zwei Banner mit Kritik an die teuren Preise in der Ege-Trans-Arena: „Sportlich: Oberliga. Bierpreise: DEL-Niveau“, ist darauf zu lesen.
Nächste kleine Spielpause
Für den SCB geht es nach der englischen Woche erste am Sonntag weiter, dann mit dem Heimspiel gegen die Stuttgart Rebels. „Auf der einen Seite kommt uns das entgegen, auch mit den paar Verletzten die wir aktuell haben. Auf der anderen Seite verlieren wir unseren Rhythmus“, sagt Dück und ergänzt: „Das war mit ein Grund, warum wir so schleppend in das Spiel reingekommen sind.“ Denn schon im Vorfeld hatte der SCB eine kleine Pause, das vorherige Spiel war am vergangenen Freitag gegen Bad Tölz. In der DEL2 waren solche Pause hingegen nur selten gesät.