Bietigheimer Handballerinnen sind in der Königsklasse ohne Chance Trotz Klatsche ein Highlight

Von Sebastian Klaus
Mit vereinten Kräften versuchen Bietigheims  Danick Snelder (links) und Julia Maidhof Györs Stine Bredal Oftedal zu bremsen. Doch gegen die Geschwindigkeit und Raffinesse der norwegischen Welthandballerin war am Sonntag einfach kein Kraut gewachsen. ⇥ Foto: Marco Wolf

Die SG BBM Bietigheim kassiert beim 20:37 im Achtelfinale der Champions League gegen Györ ETO HC ihre höchste Niederlage aller Zeiten.

Am Sonntagmorgen vor dem Spiel  hatten sich die Spielerinnen des ungarischen Serienmeisters Győr ETO KC noch in Ludwigsburg die Beine vertreten und vor dem verschlossenen Schlosstüren das fast schon obligatorische Erinnerungsfoto geschossen. Am Nachmittag gab es dann auf der Platte den zweiten Spaziergang für die Superstars aus Ungarn, die im ersten Achtelfinalmatch der Champions League der gastgebenden SG BMM beim 37:20-Erfolg nicht den Hauch einer Chance ließen.

Die SG BBM musste in der Ludwigsburger MHP-Arena ohne Stammkeeperin Emily Sando mit nur einer Torhüterin antreten. Die norwegische Nationaltorhüterin hatte im Abschlusstraining am Abend vor dem Spiel einen Ball mit voller Wucht an den Kopf bekommen und umgehend signalisiert, gegen Györ nicht spielen zu können. Die Last lag damit alleine auf den Schultern und in den Händen von Valentyna Salamakha. Und die Ukrainerin machte ihre Sache zumindest in der Anfangsphase ausgezeichnet. Erst klärte sie klasse nach einem Durchbruch der wieselflinken Welthandballerin Stine Bredal Oftedal, kurz darauf einen Wurf von Rechtsaußen Dorottya Faluvegi.

Die Gastgeberinnen versuchten wie so oft das Positionsangiffsspiel zu vermeiden und über schnelle Tore zum Erfolg zu kommen. Genau davor hatte die rechtzeitig zum Achtelfinale wiedergenesene Rückraum-Shooterin Eduarda Amorim noch gewarnt. Die Welthandballerin von 2014 hatte sich vor dem Spiel zwar siegessicher gegeben, allerdings auch die zwei Gesichter der Bietigheimerinnen in der Königsklasse auswärts und daheim angesprochen. In Heimspielen präsentiere sich die Gaugisch-Sieben in der Abwehr sehr kompakt im Mittelblock, wusste die brasilianische Nationalspielerin, weshalb es die Gäste vor allem über die Außen und über das Tempospiel versuchen wollten.

Nur ein Treffer in 13 Minuten

Doch das Rückzugsverhalten der Gäste stimmte. Die einzige Chance bot sich zunächst Antje Lauenroth, die nach einem Konter am Pfosten scheiterte. Ansonsten war es aber eine Machtdemonstration der Ungarinnen, die die überforderte Spielgemeinschaft an die Wand spielte. 8:1 stand es dementsprechend nach 13 Minuten, der einzige Treffer der SG BBM ging auf das Konto von Rechtsaußen Amelie Berger. Auch in den Folgeminuten spielte die Weltauswahl aus Ungarn mit dem zweifachen Deutschen Meister Katz und Maus. Die Mannschaft von Trainer Markus Gaugisch fand kein Durchkommen durch die stabile Deckung von Györ, während die sehr variabel spielenden Gäste auf der Gegenseite nur wenig Mühe hatten mit der Bietigheimer Abwehr. 12:3 hieß es nach 17 Minuten.

Loerper bittet zum Tanz

Erst als sich bei Györ wohl aufgrund des großen Vorsprungs etwas der Schlendrian einstellte, fand auch die trotz der drückenden Überlegenheit des Kontrahenten nie aufsteckende SG BBM wieder ihren Weg erfolgreich in Richtung Tor. Nach 24 Minuten stand ein 6:14 auf der Anzeigentafel. Vor allem der sechste Treffer der SG durch Anna Loerper konnte sich sehen lassen. Die zweimalige Handballerin des Jahres in Deutschland tanzte auf Halbrechts durch die Gästeabwehr und schloss überlegt ab. Beim 8:18 zur Halbzeit klatschten sich die Gästespielerinnen ab, als hätten sie das gerade bereits das Viertelfinale erreicht.

Doch Gaugisch hatte seine Truppe in der Halbzeitpause gut eingestellt, denn nach dem Wechsel zogen seine Spielerinnen ein wahres Abwehrbollwerk auf, dass selbst die Stars aus Ungarn immer wieder an sich abprallen ließ. Daraus ergaben sich zahlreiche Konterchancen, die unter anderem Amelie Berger oder Danick Snelder verwerteten. Wäre Sandos norwegische Nationalmannschaftskollegin Silje Solberg, die bereits im Dezember im Finale beim EM-Titelgewinn in Dänemark überragt hatte, nicht im Tor gewesen, die Spielgemeinschaft hätte sogar noch weiter herankommen können.

Stattdessen bauten de Gäste den Vorsprung langsam aus. 25:12 hieß es nach einer Dreiviertelstunde. Während die Ungarn munter durchwechseln konnten, schlugen sich bei der SG BBM die bewährten Kräfte weiterhin wacker. Vor allem Julia Maidhof mit drei Treffern zwischen dem 13:25 und dem 17:31 (52. Minute) wusste zu gefallen. Doch am Ende stand dennoch trotz solider Leistung die erwartbare 20:37-Niederlage gegen das seit drei Jahren in der Königsklasse unbesiegte Topteam, dass damit bereits für das Viertelfinale planen kann. „Das ist die beste Ansammlung von Einzelspielerinnen, die es derzeit auf der Welt gibt. Besser geht es nicht“, wollte Gaugisch nach der Partie seinen Spielerinnen auch erst gar keinen Vorwurf machen. „Für uns war es ein absolutes Highlight“.

 
 
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