An Zündstoff hat es im Bauernkrieg 1525 nicht gefehlt. Auch Bietigheim geriet ins Visier der Unzufriedenen, die gegen eine Erhöhung der Abgaben und die Ausweitung der Leibeigenschaft ankämpften. So vereinigten sich im April 1525 der „Zabergäuer Haufen“ unter Bauernführer Hans Wunderer und der in Großbottwar versammelte „Helle Haufen“ unter Führung von Matern Feuerbacher auf dem Weg nach Stuttgart in Bietigheim. Die Ereignisse über die württembergische Landstadt schrieb Sebastian Hornmold auf, der für sein Verhalten im Bauernkrieg und die Rettung seiner Vaterstadt noch 1525 zum Stadtschreiber gemacht wurde. Erwin Mickler arbeitete die Schriften auf, nachzulesen sind sie in dem Buch „Bietigheim 789-1989“.
Bietigheimer Historie Bauern plündern die Registratur und das Rathaus
Vor 500 Jahren gab es im Bauernkrieg in Bietigheim Plünderungen und der Vogt sollte ermordet werden. Bauernführer Feuerbacher verhinderte dies.
Auch Handwerker sympathisieren mit den Bauern
Demnach sympathisierten in Bietigheim die Bauern und auch ein Teil der Handwerker mit den Aufständischen. Die Gegner, Inhaber städtischer, staatlicher und kirchlicher Ämter, hielten es mit der Landesregierung, die in Marbach und bei Asperg einen militärischen Hauptstützpunkt hatte. An der Spitze der Bauernbewegung stand Matern Feuerbacher, der versuchte, die Wut der Rebellen und städtischen Kleinbürgern in friedliche Bahnen zu lenken und im ganzen Land in eine einheitliche Neuordnung zu fassen.
Die Gewalt in Bietigheim griff nach Ostern am 22. April 1525 um sich. Die Bauern waren zunächst im Begriff, an Bietigheim vorbei nach Vaihingen und Maulbronn zu ziehen. Im Vertrauen auf eine entsprechende Abmachung waren die Bürger von Bietigheim wieder an ihre Feldarbeit gegangen, als aufsässige Ingersheimer, in Unkenntnis der Abmachung, vor dem Unteren Tor standen und mit Gewalt in die Stadt drängten. Sie hatten es auf ehrbare Bürger, aber vor allem auf den Altvogt Johannes Hess abgesehen, der sich durch sein strenges Verhalten unbeliebt gemacht hatte. Die Bürger wurden von den wütenden Bauern ausgeraubt, den Frauen der Schmuck abgenommen, während sich einige Männer noch im Heu oder bei den Schweinen verstecken konnten. Altvogt Hess gelang es, durch ein geheimes Gemach zu flüchten, bis er aufgestöbert wurde.
Vogt und Stadtobere werden als Geiseln genommen
Das Rathaus wurde an diesem Tag von den rebellischen Bauern gestürmt, der Vogt und das Stadtregiment als Geiseln genommen, die Registratur verwüstet, auf die Straße geworfen und geplündert.
Darauf sind auch Bauern unter dem Kommando von Feuerbacher, die an Bietigheim vorbeimarschieren wollten, in die Stadt eingedrungen. Feuerbacher widersetzte sich allerdings standhaft allen Ausschreitungen und Gewaltmaßnahmen. Deshalb nahm er die beiden Vögte im Amtshaus gefangen und bestellte Wachen, die sie gegen Übergriffe radikaler Elemente schützen sollten. An Aufständischen, die ihren Tod forderten, fehlte es allerdings nicht, geht aus den Berichten hervor.
In dieser Situation griffen Adam Hornmold und sein Sohn Sebastian, Student und damals gerade zu Hause, ein. Sie bekamen Kontakt zu den Hauptleuten Wunderer sowie Feuerbacher und erreichten mit ihrer Hilfe, dass die Nacht über niemand zu den Gefangenen Zutritt erhielt, um sie so wenigstens bis zum Morgen am Leben zu erhalten. Außerdem setzte sich Adam Hornmold mittels seiner Frau Barbara für alle schwangeren Frauen der Stadt ein, um für das Leben der Gefangenen zu bitten. Auch die Ältesten im Gericht wurden zu dieser Bitte bewogen und verbürgten sich für den Altvogt mit insgesamt 6000 Gulden.
Der geplünderte Hausrat des neuen und des alten Vogts wurde auf den Platz der Auwiesen gebracht, wo sich Bauern an weiteren Plünderungen beteiligten und durch Hetzreden gegen die Verhafteten und der Forderung ihres Todes die Bürgerschaft in neue Gefahr brachte.
Nachdem auch Besigheimer Bauern und andere energisch für den Vogt eintraten und mit ihrem Abzug gegen die Forderung Wunderers auf Hinrichtung protestierten, einigten sich die Hauptleute mit Sebastian Hornmold. Die Bauern sollten aus der Stadt abziehen und sich nach Vaihingen und Maulbronn in Marsch setzen. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung bestellte Feuerbacher vor dem Abmarsch schließlich noch einen Ausschuss, dem auch Bürgermeister Michel Kachel angehörte.
Georg Truchseß will die Stadt dem Erdboden gleichmachen
Damit war der Bauernkrieg für Bietigheim jedoch noch nicht zu Ende, so Chronist Mickler. In dem Glauben, dass die beiden Vögte ermordet worden seien, hatte der Feldherr des Schwäbischen Bundesheeres, Georg Truchseß von Waldburg, beschlossen, mit Bietigheim ebenso wie mit Weinsberg zu verfahren – plündern und dem Erdboden gleichmachen. Da war es wieder Sebastian Hornmold, der in Verhandlungen den wahren Sachverhalt darstellen konnte. Seinem Verhandlungsgeschick war es zu verdanken, dass auch diejenigen Bürger, die sich den Bauern aus freien Stücken angeschlossen hatten, straffrei blieben.
Nur ein Jahr später, 1526, begann er als Teil der Wiederherstellung der vernichteten Rathausregistratur mit der Abfassung der Annalen – und damit der Beschreibung der Geschehnisse vor 500 Jahren.