Bietigheimer Hornmoldhaus Im Museum fliegen die Pfeile – aber nur virtuell

Von bz
Jana Knickrehm von der Uni Tübingen führt die VR-Brille in der Baelz-Ausstellung im Hornmoldhaus vor. Foto: /Martin Kalb

Für das Stadtmuseum Hornmoldhaus wurden digitale Spiele auf Basis japanischer Exponate entwickelt. Beim Museumstag am 21. Mai kann das Spielen mit der VR-Brille probiert werden.

Vor den Augen des Besuchers taucht eine japanische Landschaft auf. Ein Reiter erscheint und galoppiert durchs Bild. Dann spannt man den Bogen und nimmt Ziele ins Visier. Ein Pfeil schwirrt in die anvisierte Richtung – manchmal trifft er, manchmal fliegt er ins Leere. Am Ende taucht auch noch ein Geist auf. Zehn bis 15 Minuten betätigt man sich in der traditionellen Kunst des japanischen Bogenschießens, bis man im Idealfall alle Levels bewältigt hat – und nach Ablegen der VR-Brille den Ausflug in die virtuelle Welt beendet und wieder zurück in der realen Welt im zweiten Stock des Bietigheimer Hornmoldhauses ist.

„Yabusame!!“ heißt das VR-Brillenspiel, das am kommenden Sonntag, 21. Mai, beim Internationalen Museumstag zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Hacker und Softwareentwickler von mehreren Universitäten und Fachhochschulen haben das digitale Spiel fürs Museum entwickelt. Sie wolle damit Leute ansprechen, die sich vielleicht nicht so für die Museumsausstellungen interessieren, aber auf diese Weise Lust zu einem Besuch bekommen, sagt Museumsleiterin Dr. Catharina Raible.

Japanische Querrollen

Die Grundlage für das Spiel liefern die japanischen Querrollen aus dem 18. Jahrhundert, die der Bietigheimer Arzt Erwin von Baelz im 19. Jahrhundert aus Japan mitgebracht hat und die Teil der Sammlung des Stadtmuseums Hornmoldhaus sind. Einzelne Rollen sind 15 Meter lang, aus Papier und zeigen Landschaften und figürliche Szenen über Ritterspiele, Bogenschützen und Samurai beziehungsweise Ronin, also herrenlose Samurai.

Aufgrund ihrer Größe könne man sie nicht im Museum zeigen, erklärt Raible, und daher sei in der Coronazeit die Idee entstanden, sie zu digitalisieren. Mit zehn digitalen Datensätzen der Querrollen war das Museum im vergangenen Jahr beim „Kultur-Hackathon“ in Baden-Württemberg, einer Veranstaltung, bei der Programmierer, Designer und Spieleliebhaber zusammen mit Kulturinstitutionen digitale Anwendungen auf der Basis von Kulturdaten entwickeln. Über 30 Kultureinrichtungen nahmen daran teil.

Die Datensätze hätten gleich fünf Teams unterschiedlicher Universitäten und Hochschulen begeistert, bericht Raible, „das gab’s noch nie in der Geschichte des Kultur-Hackathons“. In den folgenden Monaten entwickelten Teams aus Tübingen, Stuttgart, Furtwangen, Leipzig, Würzburg und Heidelberg mehrere Computerspiele auf der Basis der Querrollen.

Neue Medienstation

Zwei davon – Yabusame und „47 Ronin“ – können auf dem Rechner mit Maus und Tastatur gespielt werden, eine Anwendung ist für PC oder Tablet. Zu finden sie auf der Homepage des Museums (www.stadtmuseum.bietigheim-bissingen.de). Bogenschießen mit der VR-Brillen-Anwendung „Yabusame!!“ kann man jedoch nur im Museum. Für die übrigen Spiele gibt es dort jetzt aber auch ganz neu eine Medienstation (im Baelz-Kabinett). Über diese sind außerdem ein Film über eine japanische Teezeremonie, der Film „Römer an Enz, Metter und Neckar“ sowie die virtuellen Rundgänge des Stadtmuseums zu sehen.

Ausstellungen seien heutzutage nur zu halten, wenn es dazu auch digitale Elemente gebe, meint Kevin Körner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im eScience-Center der Universität Tübingen. Er hat mit einem Team die Entwicklung des VR-Spiels „Yabusame!!“ für das Bietigheimer Hornmoldhaus verantwortet.

„Man muss heute beides machen, digitale Angebote und Ausstellungen vor Ort“, beschreibt Catharina Raible die neuen Trends in der Museumspädagogik. Es entspreche der Vermittlung auf moderne Weise, beides als gleichwertig anzusehen.

Museum bietet VR-Brillen-Führungen an

Am 21. Mai, dem Internationalen Museumstag, kann das Spiel mit VR-Brille im Hornmoldhaus ausprobiert werden. Danach werden VR-Brillen-Führungen nur im Rahmen einer öffentlichen oder privaten Führung angeboten.

Öffentliche VR-Brillen-Führungen zum Preis von 7 Euro (ab sechs Jahre, maximal zehn Personen pro Gruppe) gibt es mit Anmeldung am 4. und 18. Juni, jeweils um 15 Uhr. Weitere Termine sollen folgen.

Private Führungen für Gruppen mit maximal zehn Personen können ebenfalls gebucht werden. Diese kosten 50 Euro (bis fünf Personen, eine Stunde) oder 75 Euro (1,5 Stunden, zwischen sechs und zehn Personen.

 
 
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