Bis zu 335 Beschäftigte in Bietigheim sind betroffen Bosch AS schließt Produktion

Von Claudia Mocek
Ende 2021 soll es keine Fertigung von Bosch AS mehr Bietigheim-Bissingen geben.⇥ Foto: Martin Kalb

Bis zu 335 Beschäftigte aus Montage und Fertigung sind betroffen. Die Gewerkschaft fordert die Erhaltung des Standorts.

Bosch schließt Ende 2021 die Produktion Automotive Steering (AS) in Bietigheim-Bissingen. Während das Unternehmen von einer notwendigen Maßnahme aufgrund des Kostendrucks und Umsatzrückgangs spricht, ist die Entscheidung laut IG Metall ein „Schlag ins Gesicht“. Von der Schließung sind laut Unternehmen im Fertigungsbereich rund 290 Mitarbeiter beschäftigt. Die Gewerkschaft spricht von 335 Beschäftigten.

Laut Unternehmenssprecherin Julia Naidu sollen sowohl die Montage von Sensor- und Servoeinheiten (Steuerung und Motor) für Elektrolenkungen als auch die Fertigung von Produkten für die Nachserienversorgung für Elektrolenkungen und Ventile eingestellt und an andere europäische Standorte verlagert werden. Für das Werk in Bietigheim-Bissingen habe es keine „langfristige, nachhaltige Lösung“ gegeben. Künftig solle der Standort mit Fokus auf Entwicklung weitergeführt werden. Die Stadt sei „ein guter Standort, auch für internationale, qualifizierte Bewerber“, sagte die Unternehmenssprecherin.

Zeitnahe Gespräche

Der notwendige Personalabbau soll nach Möglichkeit sozialverträglich gestaltet werden. „Garantieren können wir es nicht“, sagte Naidu: Auch betriebsbedingte Kündigungen „können wir nicht ausschließen“. Das Unternehmen werde zeitnah Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern aufnehmen, um Inhalte und Details zum Fertigungsende zu erarbeiten.

Bereits 2016 sei ein Sozialtarifvertrag vereinbart worden, der bis Ende 2021 gilt. Dieser beinhaltet neben der Ansiedelung der Nachserienversorgung für Lenksysteme einen Aufbau als Kompetenzzentrum für Systementwicklung und solle einen Strukturwandel einleiten.

Hier setzt die Kritik der Gewerkschaft an: Der Sozialtarifvertrag sei zum großen Teil nicht umgesetzt worden. „Viele Arbeitsplätze, die in anderen Bereichen geschaffen werden sollten, wurden nicht geschaffen“, sagt der Geschäftsführer der IG Metall Ludwigsburg-Waiblingen, Matthias Fuchs. Außerdem seien Qualifizierungsthemen nicht angegangen worden. Auch der Perspektivdialog über die Zukunft von Bosch AS über 2021/22 hinaus sei abgebrochen worden. Fuchs kritisiert, dass der zuständige Aufsichtsrat nicht umfassend informiert worden sei. „Transformation kann nicht bedeuten, dass die Beschäftigten auf der Strecke bleiben“, sagte er und forderte: „Der Standort Bietigheim muss erhalten bleiben, mit einer Zukunft für die heutige Belegschaft. Wir werden standortübergreifend für die Zukunft jedes Beschäftigten kämpfen.“

„Kahlschlag greift um sich“

Auch am Standort Schwäbisch Gmünd sollen Stellen abgebaut werden, dort stehen bis 2026 laut IG Metall über 2000 Stellen zur Debatte. „Bosch nutzt das Thema Corona, um Personalkosten zu senken. Bremen wird geschlossen. Berlin soll verkauft werden. Was bleibt von Automotive Steering? Der Kahlschlag greift um sich. Ist das wirklich das soziale Selbstverständnis von Bosch?“, fragte der Betriebsratsvorsitzender am Standort Bietigheim, Vincenzo Basile, in einer Mitteilung.

Das habe mit „sozial“ nichts mehr zu tun, sagt Fuchs. Er ist davon überzeugt, dass das Unternehmen zu wenig für Innovationen getan habe. In der nächste Woche soll es vor Ort eine Betriebsversammlung geben.

Laut Bosch soll der Entwicklungsbereich am Standort bestehen bleiben. Dort arbeiten seit 2019 etwa 270 Ingenieure, 235 im Bosch-Geschäftsbereich Chassis Systems Control (CC) und 35 bei Bosch Automotive Steering. Ein weiterer Ausbau sei geplant.

Der Leiter der IG Metall-Vertrauensleute, Andreas Riehl, sagte zur Schließung der Produktion: „Die Belegschaften der Automotive Steering haben einen gemeinsamen Anspruch, eine solidarische Haltung: Wir werden um unsere Jobs und für unsere Zukunft laut.“

Kritik an Bosch

„Wenn Bosch, als vermeintlich sozialer Arbeitgeber, so mit der Transformation und den Beschäftigten umgeht, sehe ich schwarz für die Zuliefererbranche in Baden-Württemberg“, betonte der Betriebsratsvorsitzender des Standortes Schwäbisch Gmünd und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Robert Bosch Automotive Steering GmbH Alessandro Lieb.

 
 
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