Blick ins Archiv Holzhieb für die Omnibus-Halle

Von Martin Hein
Ein Omnibus der Firma Karl Rehfuss, die sich schließlich gegen das Busunternehmen von Wilhelm Eberhard in Bietigheim durchsetzen konnte. Das Foto zeigt den Fahrer Helmut Büsing vor seinem Bus der Marke Hansa Lloyd. Foto: /BZ-Archiv

Es dauerte, bis sich der Omnibus als Verkehrsmittel im öffentlichen Personennahverkehr etablierte. Ein Blick auf die Anfänge im Landkreis Ludwigsburg.

Aller Anfang ist schwer, dies gilt auch für den öffentlichen Personennahverkehr. Vor allem gegenüber neuen Verkehrsmitteln herrschte vor rund 130 Jahren eine Skepsis. Kaum hatten sich die Menschen an die Eisenbahn als fortschrittliches Verkehrsmittel gewöhnt, gab es plötzlich motorisierte Kutschen. Am 18. März 1895 nahm der erste mit Verbrennungsmotor ausgestattete Omnibus der Welt den Betrieb auf. Ganze fünf PS leistete der Motor. Der von Carl Benz gebaute Bus benötigte für die 15 Kilometer lange Strecke mit fünf Haltestellen von Siegen nach Deuz eine Stunde und 20 Minuten.

1905 erste Omnibus-Testfahrt in Bietigheim

Knapp zehn Jahre später wurde dieses neue Verkehrsmittel erstmals auch in Bietigheim bestaunt. Der Enz- und Metter-Bote vom 13. Mai 1905 berichtete über eine Probefahrt mit einem Motorwagen der Neuen Berliner Automobilgesellschaft. Auf Veranlassung „hiesiger Interessenten“ fand eine Probefahrt vom Bahnhof nach Bissingen und zurück statt. „Der Automobil-Omnibus war von 18 hiesigen Herren besetzt, welche sich sehr befriedigt über die Fahrt aussprachen“, hieß es damals. Zur Errichtung einer Buslinie führte diese Probefahrt jedoch nicht – noch nicht.

Postautoverkehr im Bezirk Besigheim startete 1914

Knapp neun Jahre später, am 16. Mai 1914 wurde der Postautoverkehr im Bezirk Besigheim eingerichtet. Dies war sozusagen der Startschuss für den regelmäßigen Busverkehr im Bietigheimer Stadtgebiet. Kaum gestartet, gab es wenige Tage später auch schon Kritik, vor allem an der Taktung und Verzahnung mit der Eisenbahn. Ein Leser des Enz- und Metter-Boten äußerte sich am 27. Mai 1914: „Schon viele werden mit Bedauern gesehen haben, dass die Auto-Omnibusse von und zu der Stadt meistens leer fahren. Es soll hier nicht an den Fahrzeiten Kritik geübt werden, nur erscheint es dem Einsender unverständlich, dass nicht einmal die entsprechenden Züge abgewartet werden, wenn dieselben etwas verspätet ankommen. Reisenden und der Rentabilität wäre damit gedient.“

Holzhieb in Ochsenbach für eine Omnibus-Halle

Auch andernorts sollten nun Postauto-Linien eingerichtet werden und dabei ging es – wen wunderts – gleich ums Geld. Im Juni 1926 war die Rede von der Auto-Postlinie Ochsenbach – Hohenhaslach - Vaihingen. Die beteiligten Gemeinden sollten eine gewisse Garantie übernehmen und Ochsenbach, das zugleich Endstation dieser Linie werden sollte, außerdem eine Autohalle für rund 9000 Mark finanzieren. Angesichts dieser hohen Summe machten die Ochsenbacher einen „außerordentlichen Holzhieb“ der respektable 5000 Mark einbrachte. Für den Rest baten die Ochsenbacher den Brackenheimer Bezirksrat um einen Zuschuss. Selbiger sagte gerade mal 300 Mark zu. Weit weniger als erhofft. Ein Ochsenbacher Gemeinderat intervenierte, worauf die Summe wenigstens auf 800 Mark aufgestockt wurde.

Sechzehn Sitzplätze hatte der auf dieser Linie verkehrende vollgummibereifte Bus und bewältigte die Strecke zum Vaihinger „Reichsbahnhof“ in sensationellen 30 Minuten. Die zuvor eingesetzte Postkutsche benötigte für diese Strecke beinahe zwei Stunden. Im Stadtgebiet Bietigheim gab es 1927 zwei konkurrierende Busunternehmen. Am 5. Februar 1927 nahm der aus Teinach stammende Wilhelm Eberhard den Busverkehr vom Marktplatz zum Bahnhof auf. Zeitgleich gab es auch die Buslinie von Karl Rehfuß. Zwischen beiden Unternehmen entbrannte ein regelrechter Konkurrenzkampf, den der ortsansässige Karl Rehfuß schließlich für sich entscheiden konnte.

Schlecht frequentierte Kraftpostlinie eingestellt

Das neue Verkehrsmittel wurde nicht auf allen Linien angenommen. Die Oberpostdirektion monierte am 4. September 1931 vor dem Bietigheimer Gemeinderat, dass die Kraftpostlinie Bietigheim – Pleidelsheim – Mundelsheim sehr schlecht frequentiert gewesen sei. Bei einigen Fahrten saßen 1930 in den Monaten Mai und Juni demnach nur 1,1 bis 1,7 Personen im Omnibus. Man wolle dies weiter beobachten und die Fahrten auch sonntags und montags versuchsweise ausführen, vergebens.

Am 7. Januar 1932 wurde verkündet, dass die Kraftpostlinie Bietigheim – Pleidelsheim – Mundelsheim wegen dauernd ungenügender Besetzung eingestellt werden musste. Der Bietigheimer Busunternehmer Karl Rehfuß gab aus gesundheitlichen Gründen den Busverkehr 1939 auf. Ein Nachfolger konnte zunächst nicht gefunden werden.

Bietigheim betreibt Buslinie in eigener Regie

Die Stadt sah jedoch den großen Bedarf an einer Busverbindung zum Bahnhof und beschloss kurzerhand am 14. Juli 1939 selbst den Busverkehr in städtischer Regie zu betreiben. Dazu kauften die Bietigheimer zwei gut erhaltene Omnibusse von den Stuttgarter Straßenbahnen und eröffneten am 26. August 1939 den städtischen Kraftverkehr Stadt-Bahnhof, auf dem die Busse fortan unter der Woche stündlich ab 4.55 Uhr verkehrten. 1940 wurden 153 469 Fahrgäste bei 28 947 gefahrenen Kilometern befördert was rund 12 789 Fahrgäste pro Monat entsprach.

In den Wirren des Zweiten Weltkriegs konnte die Stadt den Busverkehr nicht mehr selbst betreiben. Am 3. Januar 1942 übernahm der damals 35-jährige Ernst Spillmann, ein gelernter Automechaniker aus Möglingen, das Bus-Unternehmen von der Stadt. Kurz darauf wurde Spillmann selbst zum Wehrdienst eingezogen. Nur ein notdürftiger Linienverkehr konnte bis Kriegsende aufrechterhalten werden.  

 
 
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