Am Sonntag, 6. April, öffnet im Schwäbischen Schnapsmuseum in Bönnigheim die Sonderausstellung mit dem Titel „Bönnigheim unterm Hakenkreuz“. Museumsleiter Kurt Sartorius und seine Mitstreiter aus der Historischen Gesellschaft schaffen damit eine Punktlandung, denn auf den Tag genau 80 Jahre davor, am 6. April 1945, endet die Nazi-Herrschaft in Bönnigheim in einer Katastrophe.
Bönnigheim Dachbodenfunde aus der Nazizeit
Eine Ausstellung zum Gedenken an die Naziherrschaft in der Stadt öffnet im April im Schwäbischen Schnapsmuseum.
„Am Abend des 6. April 1945 ließ der Ortsgruppenleiter Gustav Glaser den Volkssturm vor dem Rathaus antreten und befahl die Verteidigung. Dabei klopfte er auf seine Pistolentasche und drohte jedem persönlich mit dem Erschießen, wenn er seinen Posten verließe. Aufgrund der Verteidigung schoss die französische Artillerie. Als Bönnigheim besetzt war, schoss die deutsche Artillerie in die Stadt. 13 Einwohner kamen ums Leben, fast 50 Gebäude brannten ab. Als am 7. April die Kampfhandlungen begannen, setzte sich der Ortsgruppenleiter Glaser als erster ab“, beschreibt eine Informationsfahne die Situation zum Kriegsende in Bönnigheim.
Drei Jahre Planung
Drei Jahre Planung gingen dieser Sonderausstellung voraus, die die alkoholgeschichtliche Dauerausstellung im Schwäbischen Schnapsmuseum ergänzt. Aus einem reichen Fundus an historischen Gegenständen im Kavaliersbau des Bönnigheimer Schlosses suchten die Ausstellungsmacher genau das aus, was ihre Sonderausstellung bereichern könnte. „Dort haben wir stadtgeschichtlich relevante Dinge aufbewahrt aus dem Handwerk, Haushalt, ein Lager für Bücher. Wir haben rund 10.000 Gegenstände aus dieser Wohnung im Kavalierbau inventarisiert“, macht der Heimatforscher Kurt Sartorius deutlich.
Zur Bönnigheimer Geschichte in der Nazizeit gehört die des damaligen Bürgermeisters Hermann Zipperlen. Der Bönnigheimer war liberal und kein Freund der Nazis. Er hatte sich geweigert 1934 eine Hakenkreuzfahne bei einer Veranstaltung aufzuhängen. Die Nazis haben ihm das übel genommen und ihn aus dem Amt gedrängt. Plötzlich wurden ihm psychische Probleme diagnostiziert. Dadurch konnte er nicht mehr Bürgermeister werden. Die Bönnigheimer Naziseilschaften haben diese Lügenmachenschaften weitergetrieben und behaupteten er sei im Konzentrationslager gewesen. Es gibt sogar ein Foto, auf dem der Bürgermeister eine Rebe aus seinem Garten entfernen musste, weil es keine deutsche Rebsorte war. „Solche Dinge sind eindruckvoll und eignen sich zur Illustrierung.“ Auch die große Fotosammlung, die im Lauf der Zeit zusammengetragen wurde, bietet eine Fülle von besonderen Aufnahmen. 13 Ordner mit Fotos, die nach Motiven sortiert sind, bieten einen Schatz, aus dem die Ausstellungsmacher immer wieder gerne zurück greifen - ein Verdienst des engagierten Ehepaares, Fritz und Nina Hornberger. Sie haben sich die Mühe gemacht, die Bilderflut genau zu beschriften.
Im zweiten Schritt suchte Sartorius Gegenstände, die dazu passen. „Wir haben oft alte Häuser ausgeräumt. Da ist erstaunlich viel Material aus der Nazizeit übrig geblieben, irgendwo in einer Schachtel auf der Bühne.“
In Bönnigheim gab es einmal eine Reichsführerinnenschule des Bundes deutscher Mädchen in der alten Villa Amann, die dort stand, wo heute das Rathaus steht. „Wir wollten in dieser Ausstellung auch darstellen, wie die Nazis es geschafft haben, die Jugend für sich zu begeistern“, betont Sartorius. Hitlerjugend und BDM trafen sich damals im Präzeptorhaus und in der Kirchbergschule, wo sie eigene Räume hatten.
Spiele propagierten Krieg
Bei der Entstehung der Sonderausstellung tauchte eine Sammlung alter Emaille-Schilder auf. Auf einem steht „Blockwart“. „Das war eine ganz wichtige Person. Sie war verantwortlich für die Häuser in ihrem Block. Sie mussten schauen, dass zum Beispiel verdunkelt wurde, nachts zu Kriegszeiten. Der Blockwart achtete auch darauf, dass die Menschen in seinem Gebiet treue Nazi-Anhänger waren und nichts anderes wählten“, erklärt Sartorius. Auch der „Ortsbauernführer“ war eine solche Figur.
Die Ausstellung geht der Frage nach, wie man Kinder dazu bringt, dass sie den Krieg als hehre Aufgabe betrachten. „Da gibt es ein Würfelspiel ‚Volk ans Gewehr - das moderne Spiel von der Kriegskunst’.“ 1936 ist es herausgekommen. Sartorius fand es in einem Bönnigheimer Haus. Zu sehen ist auch „Das Spiel um Großdeutschland“. Außerdem fand der Bönnigheimer Heimatforscher in einem Haus eine Laubsägearbeit von einem Jungen zum Thema Großdeutschland. „Die im Versailler Vertrag abgetrennten Gebiete sind dort farblich markiert.“ Diese Spiele sind Teil der neuen Sonderausstellung.
Froh ist Kurt Sartorius um seinen engagierten Arbeitskreis, zu dem auch Silke und Daniel Seybold zählen. Die beiden bauen gerade die Hohensteiner Schleifmühle aus und finden Schätze auf dem Dachboden, zum Beispiel Überschuhe, in die man mit den eigenen Stiefeln hineingestiegen ist. Gänsehaut bekommt der Betrachter, wenn er das handgeschnitzte Schachspiel sieht, das Silke Seybolds Großvater in der Gefangenschaft geschnitzt hat. Gezeigt wird auch eine Hitlerbüste, die zerbrochen ist. „Auf der Schachtel stand AH in Trümmern“, verrät Sartorius.