Der „Tag des offenen Denkmals“ am Sonntag will besonders kleineren Kulturdenkmälern und deren Besitzern eine Plattform geben, um dafür zu sorgen, dass Denkmalschutz an Bedeutung zunimmt. Ein Kleinod an der Straße zwischen Bönnigheim und Hohenstein ist die Schleifmühle Seybold. Daniel und Silke Seybold setzen seit einigen Jahren alles daran, um sie aus dem Dornröschenschlaf zu holen und all die Fundstücke und Funktionswerkzeuge wieder lebendig zu machen.
Bönnigheim Daheim bei den Messerschleifern
Beim „Tag des offenen Denkmals“ in der Schleifmühle Seybold in Bönnigheim-Hohenstein erlebten die Besucher hautnah alte Handwerkstechniken.
Schleifmühle fast unverändert erhalten
Der „Tag des offenen Denkmals“ bietet die willkommene Gelegenheit dazu. Das alte Handwerk des Schleifens beherrschen gleich mehrere Mitglieder der Familie. Nur zu gern tragen sie dazu bei, dass das Bewusstsein in der Öffentlichkeit für den Denkmalschutz durch ihren Aktionstag gefördert wird. Silke und Daniel Seybold leben in der Schleifmühle und restaurieren sie mit viel Fingerspitzengefühl. Die alte Schleifwerkstatt, das Herzstück der Schleifmühle ist quasi unberührt erhalten.
„In den Urkunden wird sie 1534 als Schleifmühle erstmals erwähnt. 1908 wurde sie als Lohmühle genutzt, seit 1882 auch als Hammerschmiede. Die Lohe war von so hoher Qualität, dass sie bis nach Jugoslawien exportiert wurde“, erzählt Heimatführerin Angelika Fischer von der Historischen Gesellschaft neugierigen Besuchern. „Wilhelm Seybold baute die Mühle als Schleifmühle mit drei Schleifsteinen um“, lässt Fischer wissen.
Die zweite Vorsitzende der Historischen Gesellschaft Bönnigheim weiß auch, wie die Zeit der Lohmühle hier zu Ende ging: „Anfang des 20. Jahrhunderts hat die BASF Chemikalien entwickelt, mit denen man schneller und billiger Leder gerben konnte. Damit war die Lohmühle funktionslos“, erklärt sie. Nach dem Ersten Weltkrieg habe Wilhelm Seybold die Mühle gekauft, restauriert und mit gebrauchten Maschinen den Betrieb wieder aufgenommen. Seit fünf Generationen sitzt die Familie Seybold am Schleifstein. Wilhelm Seybolds Sohn Paul trat in seine Fußstapfen. Danach übernahm Schleifmeister Werner Seybold den Betrieb. Er sitzt Tag des offenen Denkmals am Schleifstein, ebenso Werner Seybolds Sohn Andreas und die Enkeltochter Jennifer. Immer wieder muss Daniel Seybold neue Gruppen in den Mühlenraum führen, so viele Neugierige kommen.
Und weil Zeit in der Mühle beleuchtet werden soll, steht Jochen Haubold aus Löchgau am Ambos und arbeitet hier im Freien wie in alter Zeit. Die Schmiede in der Mühle ist ebenfalls komplett erhalten. Es ist also eine Leichtigkeit für den Kunstschmied seinen Gabentisch für Neugierige auszubreiten. Das Feuer im Inneren der Schmiede glüht. Und Haubold gestaltet, umringt von Zuschauern, kleine Messer, die handschmeichelnd gebogen sind und dabei messerscharf, weil frisch geschliffen ihren Job machen. „Sie sind aus dem Material gefertigt, das noch aus der Zeit stammt, als die Schleifmühle auch Messerschmiede war. In Massen sind Metallrohlinge auch für Ziehmesser noch im Fundus“, erzählt er. Vor rund 25 Jahren hat Haubold die Bauschmiede in Löchgau gekauft und restauriert. Als besonderen Gag schmiedet er einen Nagel, auf dessen Kopf die Schleifmühle und der große Nadelbaum neben ihr eingraviert sind. Im Schleifraum stehen die Ersatzteile einsatzbereit im Regal wie Anno dazumal. „Die Schleifmühle ist ein Denkmal, das wirklich noch lebt“, stellt Angelika Fischer fest.
Hausherr Daniel Seybold mit seinem Zylinder erzählt im Kernstück der Mühle Mühlengeschichten. In einer von ihnen wickelt sich ein kleiner Seybold einst versehentlich um das Schleifband, ohne dass Schlimmeres passiert sei. Als der Seniorchef seinen Finger beim Arbeiten eingebüßt hat, kochte er sich wohl erst einmal einen Kaffe und weigerte sich hartnäckig wegen so etwas zum Arzt zu gehen.