Bönnigheim Die Fernwärme im Schlossfeld ist ein Sorgenkind

Von Birgit Riecker
Seit 1996 wird das Wohngebiet Schlossfeld von den Stadtwerken ausschließlich mit Fernwärme versorgt. Foto: /Werner Kuhnle

Rund 100 Bewohner des Wohngebiets machten bei einer Informationsveranstaltung ihrem Ärger über hohe Abschläge Luft.

Ein großes Problem sind die Wärmeverluste, die trotz Bilanzkreismanagement noch immer bei rund 30 Prozent liegen“, sagte der Betriebsleiter der Stadtwerke, German Thüry. Damit konnte er natürlich nicht zur Beruhigung der rund 100 Schlossfeld-Bewohner beitragen, die das Rathaus schier zum Platzen brachten. Sie waren zur Informationsveranstaltung der Stadtwerke ins Rathaus gekommen, um den hohen Energiekosten für die Fernwärme in ihrem Gebiet auf die Spur zu kommen und dagegen zu protestieren. Denn der Ärger ist groß. Ein Anwohner sprach am Dienstagabend von „Wucher“, ein anderer von einem „gewissen Missmanagement“ und einer „nicht kontrollierten Monopolstellung“ der Stadtwerke.

Komplexe Situation

Doch die Situation im Schlossfeld ist komplex. Und um diese zu erklären, hatte German Thüry in seinem Einführungsstatement auch einen Blick in die Vergangenheit geworfen. 1994, als die Stadt sich für eine Nahwärmeversorgung im künftigen Baugebiet entschied, wurde sie sehr gelobt für die klimafreundliche Entscheidung. In den Jahren 1995 und 1996 wurde die Heizzentrale errichtet und 3578 Meter Wärmeleitungen verlegt.

Die Erweiterung für das Gebiet Schlossfeld II Nord erfolgte in den Jahren 2013 und 2016. Weitere 1293 Meter Wärmeleitungen folgten. Schließlich wurden für das Gebiet Schlossfeld II Süd 2020 noch einmal 843 Meter Leitungen verlegt. Die Heizzentrale reichte nicht mehr aus. 1998 wurde ein Blockheizkraftwerk (BHKW) gebaut, das 2015 erneuert wurde. 2013 kam ein Pelletkessel hinzu und kürzlich ein weiterer Gas-Brennwertkessel. Fast 1,2 Millionen Euro investierte die Stadt in ihr Wärmenetz, gut zwei Millionen in die Heizzentrale. Alle 242 Häuser im Gebiet sind daran angeschlossen. „Die Stadt war Eigentümerin aller Grundstücke. Mit ihrem Kaufvertrag haben Sie einen Wärmeversorgungsvertrag unterschrieben“, betonte Thüry. Dabei sei auch ein Unterlassungsgebot für eigene Anlagen enthalten. „Sonst funktioniert der Solidaritätsgedanke für die Quartierslösung Schlossfeld nicht“, sagte Thüry weiter. Würden immer mehr Gebäude mit eigenen Anlagen versorgt, würde der Fixkostenanteil des Netzes auf die geringer werdende Zahl der Nutzer verteilt werden müssen.

Zu große Rohre

Aber das stimme doch nicht, wurde Thüry entgegen gehalten. Es gebe Kamine, aus denen regelmäßig der Rauch aufsteige, warf ein Besucher ein. Und passe ein Verbot von Solaranlagen in die heutige Zeit? Das liege daran, dass der Gemeinderat dies im ersten Bauabschnitt noch zugelassen habe, räumte Thüry ein. Hinterher ist man meistens klüger? Weitere Probleme ergaben sich beispielsweise aus der langsamen Aufsiedlung des Gebiets. Und der zu großen Dimensionierung der Rohre.

Die Entwicklung auf dem Bausektor, die Niedrig- oder Null-Energie-Häuser entstehen lässt und die Notwendigkeit anderer Vorlauftemperaturen mit sich bringt, spielte dem Modell „Fernwärme Schlossfeld“ auch nicht in die Hände. Richtig deutlich wurden die Probleme jetzt mit dem rasanten Preisanstieg bei der Energie. Zu 82 Prozent wird Gas eingesetzt, der Pelletsanteil liegt bei 18 Prozent.

Ziel: eine „schwarze Null“

Die neuen Preise, die der Gemeinderat festgelegt hat, liegen jetzt so hoch, dass das Ziel einer „schwarzen Null“ für die Stadt erreicht werden kann. Warum gerade jetzt, wollte ein Besucher wissen, nachdem Thüry die defizitäre Situation der Vorjahre aufgezeigt hatte. Oder könnte die Stadt nicht den Bewohnern entgegenkommen, in dem sie die Verluste der Anlage herausrechne und nicht ihnen in Rechnung stelle? „Und wer zahlt sie dann, der Steuerzahler?“, fragte Thüry. Er verwies vielmehr auf die staatlichen Hilfen. Außerdem sei der Dienstleister, der die Bescheide für den ersten Abschlag im März erstellen sollte, noch nicht soweit. Die Abrechnung sei so komplex, dass es landesweit noch keine sicheren Computerprogramme gebe. Daher werde der Abschlag auch noch nicht erhoben.

30 Widersprüche gegen Abschlag

Thüry sicherte weiter zu, dass nicht nur die 30 Widersprüche, die bislang eingegangen seien, geprüft werden. „Sollten sich daraus Änderungen ergeben, werden wir alle Verbraucher gleich behandeln“, sagte er. Die Stadtwerke wollen die Erlössituation durch Stromverkäufe weiter verbessern und warnen davor, dass das „Ziel einer Kohlendioxid-Neutralität nicht kostenneutral erfolgen“ könne. Bürgermeister Albrecht Dautel ergänzte, dass eine Transformationsplanung in Auftrag gegeben worden sei und die Stadt hoffe, dass es eine kurzfristige Lösung geben werde, die bezahlbare Preise und eine nachhaltige Versorgung unter einen Hut bringen kann.

 
 
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