Bönnigheim Die Herausforderungen überwiegen

Von Jürgen Kunz
Ein gewisses Maß an Unzufriedenheit darüber, dass die Kommunalpolitik immer mehr von Bund und Land gegängelt wird, wurde bei Bürgermeister Albrecht Dautel im Jahresgespräch in seinem Amtszimmer deutlich. Foto: /Oliver Bürkle

Bürgermeister Albrecht Dautel blickt im Gespräch mit der BZ auf die Aufgaben in der Stadt und bemängelt, dass der Kommunalpolitik oft die Möglichkeiten zum Handeln genommen werden.

Ein Jahr mit vielen richtungsweisenden Entscheidungen und Herausforderungen war 2024 für den Bönnigheimer Bürgermeister Albrecht Dautel. „Wir haben im Gemeinderat viele Dinge auf den Weg gebracht, die jetzt auch Auswirkungen auf die Folgejahre haben werden“, sagte er im Gespräch mit der BZ.

Erweiterung im Schulzentrum

Eine Herausforderung sei sicherlich die Erweiterung und Sanierung im Schulzentrum, die im September gestartet wurde und „die uns auch das erste Halbjahr intensiv beschäftigt hat“. Natürlich werde nun die Umsetzung die nächsten zwei Jahre für Gemeinderat und Verwaltung eine Aufgabe sein. Die Stadt hat 2024 im Schulzentrum einen Neubau für drei Millionen errichtet. Diese zehn zusätzlichen Klassenzimmer, die zunächst von der Realschule während der Umbauzeit gebraucht werden, können dann später, je nach Bedarf auch von der Grundschule oder vom Gymnasium – wenn G9 wiederkommt – mit genutzt werden. Dautel: „Ich gehe davon aus, dass diese Räumlichkeit auch die nächsten Jahre sehr gute Dienste leisten werden.“ Darüber hinaus habe man die Chemieräume für 1,2 Millionen saniert.

Für die Finanzierung der kommenden Schulerweiterung und -sanierung sei eine Beteiligung der Nachbarkommunen nötig. Dazu habe es Vorgespräche gegeben. Zurzeit ist die Stadt darüber im Austausch mit dem Regierungspräsidium, wie es tatsächlich mit der Schulbauförderung aussehe. „Wir werden Anfang dieses Jahres auf die Kommunen mit konkreten Beträgen zugehen, die wir jetzt gerade zusammenstellen“, erklärte Dautel, wenn man eben wisse, wie hoch die Bausumme sein wird und welche Schulbauförderung zu erwarten ist. Natürlich gebe es zwischen der Stadt und den Nachbarkommunen unterschiedliche Erwartungshaltungen.

Der Einzugsbereich für die Realschule als auch für das Gymnasium sei war nicht genau identisch. Aber aus Kirchheim kämen bis zu 20 Prozent der Schüler auf die weiterführenden Schulen, hinzu kommen Schüler aus Erligheim, Freudental, Cleebronn und Brackenheim. Das seien die Kernkommunen und „da wird es halt spannend, kriegt man das hin im Einigungsverfahren“. Rechtlich ist es für Dautel eindeutig: Wenn es nicht gelinge auf freiwilliger Basis eine Einigung zu finden, dann müsse am Schluss rechtlich geklärt werden, wie eine Beteiligung aussieht. „Aber ich sehe das entspannt“, meint der Bürgermeister: „Wir werden die Gespräche führen und man wird es am Schluss ausverhandeln, oder man wird es einfach feststellen lassen, wie die Beteiligung aussieht.“

Im Schlossfeld konnte 2024 das Familienzentrum fertiggestellt werden. Ein Projekt, in das die Stadt fünfeinhalb Millionen Euro investiert habe. Man baue also einen neuen Kindergarten, den man eigentlich zum Abschluss bringen wolle. Das sei 2024 keine Herausforderung mehr gewesen, sondern eher der schöne Abschluss. „Wir haben im September den Anbau zum Familienzentrum eingeweiht, mit der Erkenntnis, baulich haben wir unsere Hausaufgaben gemacht, doch uns fehlt das Personal, um die Gruppe eröffnen zu können.“ Für ihn ein weiteres Beispiel dafür, dass Dinge zwar planbar sind, aber letzten Endes von anderen Faktoren abhängen, ob sie tatsächlich bewerkstelligt und umgesetzt werden können.

Unterschiedliche Wahrnehmung

Die Eltern sähen dies anders. „Wenn wir die Eltern fragen, dann handeln wir mal viel zu schlecht, machen zu wenig Werbung, wir zahlen zu schlecht oder wir behandeln unsere Mitarbeiter viel zu mies“, merkte er an. Es gebe also klare Vorstellungen, was wir tun müssten, um den Zustand zu beheben. „Aber es zeichnet sich halt in der Realität meistens anders ab.“

Mit einem Grundsatzbeschluss habe die Gemeinde die Erneuerung der städtischen Kläranlage gestartet, „was uns dann auch mit sieben Millionen Euro ins Kontor schlagen wird“, wie Dautel sagte. Die Kläranlage muss mit der vorgeschriebenen vierten Reinigungsstufe zur Phosphorreduzierung für rund 7,7 Millionen Euro modernisiert werden. Die Verwaltung hat bereits einen Zuwendungsantrag gemäß der Wasserförderrichtlinie sowie einen Antrag auf wasserrechtliche Genehmigung bei den zuständigen Behörden gestellt. Mit Bewilligung der Fördermittel rechnet Dautel ab März. Voraussichtlich muss die Stadt 4,2 Millionen Euro der Kosten selbst tragen. Baubeginn soll im Frühjahr 2026 sein, die Fertigstellung bis Mitte 2028 geplant.

„Puffer für die Bürger“

„Die Grundsteuerreform hat uns durchaus auch einiges abverlangt“, so Dautel. Die Kommune war dabei, so seine Einschätzung, „der Puffer für die Bürger“ – für deren zunehmende Unzufriedenheit. Es war für Dautel also ein Thema, für das man als Kommune nichts könne, was aber durch die vielen Anfragen, die dann aus der Bürgerschaft gekommen sind, sehr viel Zeit gekostet hat – „was die Allgemeinheit so nicht sieht“. Insgesamt erkennt Dautel eine Entwicklung im kommunalen Bereich, in dem auch in diesem Jahr die Schere weiter auseinander gehe, wo „einfach die Ausgaben immer weiter davonlaufen und die Einnahmen stagnieren beziehungsweise rückgängig sind“.

„Wir haben die Erkenntnis, dass Dinge, die man eingetaktet oder auf den Weg gebracht hat, einfach nicht in der Geschwindigkeit, wie man das annimmt, vorwärts gehen“, nennt der Bürgermeister als grundsätzliches Problem. So habe die Stadt der Kreisbaugenossenschaft ein Grundstück im Schlossfeld zur Verfügung gestellt zum Bau von bezahlbaren Wohnraum. „Es ist eine fertige Planung vorhanden, aber es gibt halt vom Bund keine Fördermittel. Das heißt, das Ding ist nicht gebaut, obwohl wir eigentlich alle Voraussetzungen haben“, nannte Dautel als Beispiel.

Projekte verlangsamen sich

An diesem Wohnprojekt könne man sehen, dass sich die Dinge einfach verlangsamen, wie etwa beim Seniorenwohnprojekt der Heimstiftung in der Bleichwiese. Auch hier gebe es viele Herausforderungen. Etwa die gestiegenen Baukosten, die zum Umplanen und Umdenken zwingen. „Bei Planungen, die wir vor drei, vier Jahren begonnen haben und man davon ausgegangen ist, es wird in diesen Zeiträumen auch umgesetzt, muss man jetzt feststellen, es stagniert und dauert alles sehr viel länger, und teilweise ist der Ausgang nicht gewiss“, erklärte Dautel.

Dies seien im Augenblick die Herausforderungen. Er geht davon aus, dass man sich in vielen Bereichen an diesen Wandel gewöhnen müsse, wonach Dinge nicht mehr so planbar sind oder auch in vorgegebenen Zeiträumen umgesetzt werden können. „Vielleicht können wir im Moment noch gar nicht erahnen, dass es zukünftig einfach immer mehr so sein wird“, mutmaßt der Bönnigheimer Bürgermeister.

Auch der Zensus hat in diesem Jahr für Irritationen gesorgt, denn dessen Ergebnis hat ergeben, dass Bönnigheim „schlagartig 400 Leute verloren hat“. Dautel: „Das ist jetzt etwas, was uns 2025 beschäftigen wird, ob es da Korrektur geben wird.“ Es sei aber auch ein Grund dafür, dass die Glaubwürdigkeit von „gewissen Statistiken und Gegebenheiten“ durchaus immer wieder hinterfragt würden. „Wenn die Leute fragen, wie kommt es jetzt, dass die Stadt statistisch 400 Bürger weniger hat, kann ich es ihnen nicht erklären.“ Dennoch werde es Auswirkungen im nächsten, übernächsten Jahr haben, „weil auf dieser Grundlage bekommen wir ja unsere Zuweisungen vom Land, der Finanzausgleichsumlage und dergleichen“. Für Dautel werde es jetzt spannend zu beobachten, ob es noch Änderungen geben wird, zumal es offensichtlich sei, dass vorrangig der Landkreis Ludwigsburg davon betroffen sei.

Stadtarchiv saniert

Eine gute Nachricht aus dem Rathaus-Keller sei, dass das Stadtarchiv komplett neu eingerichtet wurde. Der gesamte Archivbestand wurde neu sortiert und überarbeitet von der Leiterin der Bücherei Tordis Oder, die sich dieses Themas angenommen habe. Die städtische Mitarbeiterin haben ein zusätzliches Deputat übernommen, leitet im Moment auch das Stadtarchiv und habe federführend diese neue Konzipierung erarbeitet.

Bisher waren im Rathauskeller lediglich alte Holzregale und „wir mussten da wirklich ran, um auch Schäden abzuwenden, weil wir in der Vergangenheit immer wieder Ungeziefer hatten.“ Deshalb habe man sich entschieden, es jetzt richtig zu machen – mit Metallregalen, was auch vom Aussehen her gut gelungen sei.

 
 
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