Bönnigheim/Heilbronn Tyrannisierte ein 34-Jähriger sein Umfeld?

Von Petra Häussermann
Vor dem Heilbronner Landgericht läuft das Verfahren gegen einen 34 Jahre alten Bönnigheimer. Foto: Helmut Pangerl Foto:  

Die psychische Gesundheit des Bönnigheimers wird nun überprüft.

Beleidigungen, Widerstand gegen Beamte, den Notruf missbraucht, aber auch Nötigung, Hausfriedensbruch und Bedrohung mit Waffen: Es geht um sehr viel für einen 34 Jahre alten Mann aus Bönnigheim. In einem sogenannten Sicherungsverfahren vor der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Heilbronn wird jetzt darüber entschieden werden, ob der Mann aufgrund einer psychischen Störung für die Allgemeinheit so gefährlich ist, dass er in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden soll.

Ob dem Angeklagten die ganze Tragweite des Vorgangs klar ist, war zum Auftakt des Prozesses am Donnerstag nicht erkennbar: Engagiert und sehr ausführlich, dabei unruhig auf seinem Stuhl herumrutschend, erzählte der Angeklagte über eine Stunde lang von sich und seinen Taten, antwortete auf Fragen der Prozessbeteiligten und entschuldigte sich scheinbar einsichtig bei den Opfern seiner Taten, die nun als Zeugen zu den einzelnen Vorfällen gehört wurden.

Mit Schreckschusspistole auf Nachbarn geschossen

Ein solches Sicherungsverfahren ist eine besondere Verfahrensart des Strafrechts. Voraussetzung ist, dass ein normales Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit des ansonsten aber gefährlichen Täters nicht stattfinden kann, und statt einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt in Betracht kommt. Ein psychiatrischer Sachverständiger wird ein Gutachten über die bestehende und zu erwartende Gefährlichkeit des Angeklagten abgeben.

Und ungefährlich war nicht alles, was sich der 34-Jährige gehäuft im Frühjahr 2021 zu Schulden hat kommen lassen. So hat er den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge Ende März 2021 auf einen Nachbarn mit einer Schreckschusspistole gefeuert. „Es war schon dunkel, der hat sich in meiner Garageneinfahrt mit einem Nachbarn durch die Hecke laut unterhalten und verschwand auch nach Aufforderung nicht von meinem Grundstück“, berichtet der Angeklagte von der Situation. Der Mann erlitt eine Innenohrschwerhörigkeit.

Mit Schlagwerkzeugen vor

dem Haus aufgetaucht

Einen früheren Schulkameraden aus dem Gymnasium im Ort bedrohte und beleidigte er mit üblen Wort- und Sprachnachrichten und tauchte schließlich mit mehreren Schlagwerkzeugen vor dessen Haus auf. Der hatte es gut gemeint, und dem Angeklagten zuvor geraten, sich doch Hilfe wegen seiner Erkrankung zu suchen. „Im Nachhinein nicht die tollste Entscheidung“, resümierte der gleichaltrige Mann, der Polizeibeamter ist. Die Ereignisse hatten „massive Einwirkungen auf unser Privatleben.“

Angefangen hat alles Ungemach aus Sicht des Angeklagten damit, dass er einen Bekannten aus dem Ort wegen Drogenhandels angezeigt habe. „Danach war die Jagd auf mich eröffnet, ich wurde als 31er, als Verräter behandelt“, regte sich der Angeklagte bei der Schilderung im Gerichtssaal sichtlich auf. Auch diesen 35 Jahre alten Bekannten und dessen Mitbewohner bombardierte er mit Beleidigungen und Bedrohungen, tauchte ebenfalls vor deren Wohnung auf, bis diese die Polizei riefen.

Angeklagter hat eine ganz eigene Sicht der Dinge

Der Angeklagte selbst hat eine ganz eigene Sicht auf die Dinge: immer waren die Umstände oder das Verhalten der Anderen Auslöser seiner Reaktionen, auch von seinem übermäßigen Alkoholgenuss will er nichts wissen. Auf die Frage des Gutachters, ob er psychisch krank sei, antwortet der Angeklagte: „Ich war in einer Stresssituation, die meiner psychischen Gesundheit sicher abträglich war.“

Der Prozess wird am 16. August fortgesetzt.   Petra Häussermann

 
 
- Anzeige -