Bönnigheimer Kultur-Keller Theater unter der Dauseck

Von Heike Rommel
Durch Gespräche Konflikte lösen, wie das funktioniert, zeigt „Theater unter der Dauseck“. Foto: /Oliver Bürkle

„Auge um Auge – gefährlicher Hüttenzauber:“ Der Titel des neuen Stückes hätte treffender nicht sein können: Eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe Wanderer aus allen gesellschaftlichen Schichten prallte am Samstag im Bönnigheimer Kultur-Keller aufeinander.

„Auge um Auge – gefährlicher Hüttenzauber:“ Der Titel des neuen Stückes vom „Theater unter der Dauseck“ hätte treffender nicht sein können: Eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe Wanderer aus allen gesellschaftlichen Schichten prallte am Samstag im Bönnigheimer Kultur-Keller, Schutz vor einem Unwetter suchend, aufeinander. Dabei bedrücken die Naturgewalten die Schutzsuchenden immer mehr. Was erst wie ein Klimastück beginnt, entwickelt sich bald zu einem anderen Drama. Denn die Wanderer scheinen durch ein dunkles Geheimnis miteinander verbunden zu sein. Dieses Geheimnis wird langsam aufgedeckt. Hierbei brechen mit Macht Konflikte aus, zu denen sich jeder verhalten muss.

Aktuelle Themen

Dabei werden in dem Stück von Regisseur und Theaterpädagoge Walter Menzlaw viele aktuelle Themen angesprochen, die alle das Potenzial für Gewalt enthalten. Die Produktion ist in Kooperation mit dem Verein „Sicherer Landkreis Ludwigsburg“ entstanden, mit dem Ziel der Gewaltprävention. Konflikte lösen sich in dem dramatischen, manchmal auch komischen Stück durch Gespräche friedlich auf.

So weit ist es aber noch lange nicht, als ein Polizist mit Augenklappe (Fabian Friedl aus Benningen) mit seiner Mutter und Lehrerin (Barbara Scheyda aus Freudental) beim Wandern im dichten, dunklen, deutschen Wald auf andere Wanderer trifft und sich mit diesen in eine kleine Hütte retten muss. Auch ein wegen der Pandemie nun als Trauerredner agierender Sozialpädagoge (Bernd Schlegel aus Ludwigsburg), eine aus ihrem Alltag mit Migrationshintergrund fliehende Joggerin (Deborah Hösch aus Oberriexingen) und ein schwäbelnder Hobby-Vogelforscher in Zipp-off-Hosen mit 40 Jahren Justizvollzugsdienst auf dem Buckel (Günter Hanauer aus Vaihingen), suchen dort Schutz. Zwischen der „Zipp-off-Hose“ und der jungen Joggerin entbrennt nicht nur ein Generationenkonflikt. Mit Gendern thematisieren die Schauspieler körperliche Übergriffe auf Frauen und sprechen Rassismus gegen die junge Joggerin offen aus. Sie soll es gewesen sein, die dem Polizisten mit Pfefferspray die Augenklappe verpasst hat.

Mit „Jedem das Seine“ kassiert der Hobby-Vogelforscher, an nicht mehr viel anderem als dem „Zipzipziplülülü“ eines Waldlaufsängers interessiert, seine erste verbale Ohrfeige von der alleinerziehenden Oberstufenlehrerin: „Jedem das Seine stand über dem Eingang des Konzentrationslagers Buchenwald.“ Als „Held“ hätte der Vogelbeobachter auch nicht aus der Hütte stürmen müssen, um ein Handy-Netz zu suchen, das der „Grünschnabel“ sowieso nicht fand.

„Raus!“ Mit diesem Wort flog der „Grünschnabel“ aus der Hütte im so dichten dunklen deutschen Wald, wo gruppendynamische Prozesse für Respekt und Toleranz, Meinungsbildung für mehr Menschlichkeit sorgten. Gespickt mit brennenden Themen kam das Stück spannend und anspruchsvoll beim Publikum an.

„Sind wir wirklich so schlimm?“ An dieser Frage eines Zuhörers zeigte sich, dass die Botschaft des Stückes ankommt, wo Zuhörer stets in gruppendynamische Prozesse einbezogen und ihnen die Augen für gesellschaftliche Entwicklungen geöffnet werden. Regisseur Menzlaw erklärte es so: „Egal, worüber sich die Leute unterhalten, es endet immer beim Thema Gewalt.“  Heike Rommel

 
 
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