Den Ursachen des Brandes in einem Mehrfamilienhaus im Bietigheim-Bissinger Stadtteil Buch im vergangenen Jahr ist eine Kriminaltechnikerin noch am selben Tag auf den Grund gegangen. Ihr Ergebnis stellte die Expertin am Mittwoch im Prozess gegen einen 50 Jahre alten Bewohner des Hauses vor der 1. Schwurgerichtskammer am Landgericht Heilbronn den Prozessbeteiligten vor. Er muss sich wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes verantworten.
Brandstifter aus Bietigheim-Bissingen Mehrere Brandherde in der Wohnung
Am zweiten Verhandlungstag am Landgericht Heilbronn berichtete die Kriminaltechnikerin von ihren Funden vor Ort. Ein 50-Jähriger hatte 2024 in einem Wohnhaus in der Gartenstraße in Bietigheim-Bissingen ein Feuer gelegt.
Kriminaltechnikerin schließt Technischen Defekt aus
„Zwar war die Hülle des Sicherungskastens in der Wohnung im ersten Stock von der Hitze des Feuers geschmolzen, aber der Brand ging definitiv nicht von hier aus“, sagte die 52 Jahre alte Polizeibeamtin und schloss damit einen technischen Defekt aus. Vielmehr gab es ihren Untersuchungen zufolge mehrere unabhängige Brandherde in der Wohnung, so etwa im Wohnzimmer und im angrenzenden Schlafzimmer, wo die Expertin Reste von verbrannten oder schon verkohlten aufgetürmten Kleidungsstücken fand. „Zum Teil haben sich die verbrannten Stücke richtig mit dem Untergrund verbacken, es konnte nicht mehr festgestellt werden, um welche Kleidungsstücke es sich handelte und wie der Untergrund beschaffen war.“
Ihre Darstellung stellt die Aussage des Angeklagten am dritten Verhandlungstag in Frage, wonach er viel getrunken, eine Kerze angezündet und lediglich ein Handtuch an die Flamme gehoben haben will. Kerzen oder Brandbeschleuniger fand die Kriminaltechnikerin am Tatort jedoch in keinem der Räume vor.
Während die Fotos von den zerstörten, schwarz verrußten Räumen im Gerichtssaal gezeigt wurden, machte sich eine bedrückende Stille breit. Kein Wunder, schließlich ist das Mehrfamilienhaus bis heute nicht mehr bewohnt und die Renovierungsarbeiten noch im Gange. Schon aus der Ferne war zu sehen, wie das Haus in der Gartenstraße am frühen Morgen des 9. September 2024 in dicken Rauch gehüllt war, aus der Nähe waren Flammen in der Wohnung im ersten Stock zu sehen.
Der erste Trupp der Feuerwehr stieg über einen Balkon in die Wohnung des Angeklagten, brach Türen auf und löschte die brennenden Kleiderberge und versicherte sich, dass keine Menschen in der Wohnung waren. Weder den drei Feuerwehrleuten, die an diesem Tag als Zeugen gehört wurden, noch der Kriminaltechnikerin waren Kerzen oder Flaschen mit alkoholischen Getränken in der Wohnung aufgefallen.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hat der 50 Jahre alte Mann aus Syrien den Brand in seiner Wohnung bewusst gelegt, um sich an den Vermietern, die im Erdgeschoß wohnten, zu rächen. Er selbst und seine beiden Töchter verließen die Wohnung rechtzeitig über das Dach eines Nebengebäudes. Die drei Bewohner im Dachgeschoss bemerkten von selbst nichts, konnten aber durch einen Anruf geweckt werden und erreichten noch unverletzt den Innenhof des Hauses. Laut der Expertin waren in der Wohnung des Angeklagten und im Treppenhaus keine Brandmelder vorhanden.
Hausbesitzerin dankt den Feuerwehrleuten
„Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz, Sie haben viel geholfen und unser Haus gerettet“, richtete sich die Hausbesitzerin, die mit ihrem Mann als Nebenkläger an dem Verfahren teilnimmt, mit belegter Stimme an die gehörten Feuerwehrleute. Wie es in ihr tatsächlich aussieht, machte die Frau am Rande einer Verhandlungspause klar: „Die Sache wirkt bis heute nach, am Anfang war ich stark, musste ja auch immer wieder hin zum Haus und etwas klären. Das Haus ist unser Leben, wir sind vor 30 Jahren aus dem Irak gekommen und haben das alles aufgebaut.“ Inzwischen quälen sie Herzprobleme und eine Rückkehr scheint nicht vorstellbar.
Petra Häussermann