So ganz hat Florian Bargmann noch nicht realisiert, was am vergangenen Sonntag passiert ist. Unerwartet deutlich, mit fast 62 Prozent der Stimmen, wurde er in Besigheim zum Bürgermeister gewählt. Der in der Stadt zuvor völlig unbekannte promovierte Finanzfachmann bekam fest doppelt so viele Stimmen wie sein Gegenkandidat, der in Besigheim aufgewachsene und fest verwurzelte Achim Schober, Vorsitzender der Gemeinderatsfraktion von CDU/WIR (31,75 Prozent). „Ich habe es gehofft, aber nicht erwartet“, sagt Bargmann.
Bürgermeister Besigheim Sieg durch Von-Tür-zu-Tür-Gehen
Der künftige Bürgermeister Florian Bargmann zu seinem überzeugenden Wahlsieg in Besigheim und seinen Perspektiven für die nächsten Monate.
Bürger und Stadt kennenlernen
Warum er so deutlich gewonnen hat? Er sei im Wahlkampf von Tür zu Tür gegangen, er habe sich für die Leute interessiert. „Ich habe eindeutig Bürgernähe gezeigt“, stellt er fest. „Ich wollte die Menschen kennenlernen.“ Und auf diesem Wege habe er auch die Stadt kennengelernt.
Insgesamt, so stellt er fest, sei der Wahlkampf vernünftig verlaufen. Er habe ein harmonisches Verhältnis zu den beiden Gegenkandidaten entwickelt, neben Achim Schober war dies Michael Schopf, der mit 6,27 Prozent aus dem Rennen ging. Gegen Ende sei er allerdings in Flyern von Unterstützern seines Gegners als „aalglatt“ bezeichnet worden. Das habe ihm eher genutzt als geschadet, es sei in gewisser Weise ein „Eigentor“ gewesen. „Die Leute wussten von meinen Gesprächen, dass ich das nicht bin.“
Fast vier Monate hat Bargmann jetzt Zeit, sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten und die Stadt noch näher kennenzulernen. Am Dienstag, 2. April, wird er im Rahmen einer Gemeinderatssitzung in sein Amt eingeführt, das ist auch sein erster Arbeitstag. Schon kurz nach der Wahl hat er sich auf dem Rathaus mit Bürgermeister Steffen Bühler getroffen, um sich über aktuelle Projekte auszutauschen. Im Moment jedoch ist er noch in seinem Beruf als Abteilungsleiter im Finanzamt Ludwigsburg gebunden. Überstunden kann er keine mehr abbauen, die habe er im Wahlkampf verbraucht.
Vorerst aber steht ein Urlaub an, auf den sich besonders seine Frau Franziska und die drei gemeinsamen Kinder freuten, die in der Zeit vor der Wahl zurückstehen mussten. Mehr als 500 Mails habe er zwischenzeitlich abgearbeitet, viele mit Glückwünschen, die er persönlich beantworten wollte. Aber auch mehrere Angebote für Grundstücke und Häuser in Besigheim waren darunter. Darum hatte Bargmann noch am Wahlabend eher scherzhaft gebeten, weil die Familie vom derzeitigen Wohnort Tamm nach Besigheim umziehen möchte, was Bargmann im Wahlkampf zugesagt hatte.
Seine erste Aufgabe sieht er darin, sich mit der Arbeit auf dem Rathaus vertraut zu machen und die Mitarbeiter kennenzulernen. Die Kenntnis des täglichen Geschäfts ist ihm wichtig, ob bei der Ausgabe eines Passes oder bei einem Arbeitseinsatz des Bauhofes. „Aus der Praxis heraus habe ich noch keine kommunale Erfahrung“, räumt er ein.
Herausfordernder aber dürfte es sein, nach dem 2. April ein Arbeitsverhältnis zu den Fraktionen aufzubauen. Bargmann sieht einen großen Vorteil darin, dass er als unabhängiger Kandidat angetreten ist und keiner Partei angehört, das erleichtere die Zusammenarbeit.
Noch kein Kontakt zur CDU
Er sei von niemandem nach Besigheim geholt worden, aber habe sich vor seiner Kandidatur bei den Fraktionen erkundigt, ob es sich lohne anzutreten oder ob es ein verlorener Kampf sei. Selbst mit der CDU in der Stadt habe er Kontakt aufgenommen, um sich der Basis der Partei vorzustellen. Das sei leider nicht zustande gekommen.
Ein Hindernis für die Zusammenarbeit mit der CDU/WIR-Stadtratsfraktion sieht er nicht, auch nicht mit deren Sprecher Achim Schober. Bis April haben alle Beteiligten Abstand zur Wahl gewonnen, glaubt er. Und Anfang Juni werden die Karten neu gemischt. Dann wird ein neuer Gemeinderat gewählt.