Bufdi Celine Heß bei der Bietigheim-Bissinger Tafel „Das Jahr hat mein Leben verändert“

Von Sandra Bildmann
Trotz Pandemie absolvierte Celine Heß ihren Bundesfreiwilligendienst bei der Bietigheim-Bissinger Tafel. Foto: Oliver Bürkle

Celine Heß absolvierte ihren Bundesfreiwilligendienst bei der Bietigheim-Bissinger Tafel. Einfühlungsvermögen und Offenheit seien dabei die wichtigsten Eigenschaften gewesen.

Herzlichkeit ist das Wort, das Celine Heß immer wieder verwendet, wenn sie an die Atmosphäre und ihre Zeit bei der Bietigheim-Bissinger Tafel denkt. In letzter Zeit höre sie oft, wie schade es sei, dass sie in wenigen Monaten gehen müsse. Das zeige, wie wichtig man dort vor Ort sei, erzählt die 19-Jährige und fügt an: „Im Umgang mit den Menschen habe ich sehr zu schätzen gelernt, wie man Herzlichkeit zurückbekommt, wenn man freundlich zu einer Person ist. Dass die Freundlichkeit so wertgeschätzt wird, obwohl man selber denkt, dass es ganz normal ist, so zu sein.“

Die Bietigheim-Bissingerin hat im zurückliegenden Jahr – seit Sommer 2020 – bei der Tafel ihren Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) absolviert und sieht dem Ende ihrer Einsatzzeit in drei Monaten wehmütig entgegen. Im vergangenen Jahr hat sie am sozialwissenschaftlichen Gymnasium in Asperg ihr Abitur gemacht. In ihrem Hauptfach Psychologie war sie mit der Thematik rund um die Tafel in Berührung gekommen und entschied sich für einen Freiwilligendienst – auch weil sie nicht direkt mit dem Studium beginnen, sondern sich engagieren und Erfahrungen sammeln wollte.

Vorurteile und Stereotypen

Die Klientel der Tafel werde oft in Schubladen gesteckt, hat Celine Heß beobachtet. Dass diese Vorurteile in der breiten Öffentlichkeit kaum aufgeklärt würden, mache sie traurig. Die Klientel der Tafel sei komplett anders als gemeinhin angenommen, meint Heß: „Es sind ganz normale Menschen. Es macht mich wütend zu sehen, dass es so viele Leute gibt, die nichts für ihre Situation können, aber darin stecken und sie akzeptieren müssen.“ Besonders erstaunt habe sie, wie groß die Zahl der Rentner sei, die auf die Tafel angewiesen seien. „Viele Leute behaupten, dass die Menschen, die bei der Tafel einkaufen, extrem unfreundliche Menschen sind. Da kann ich überhaupt nicht zustimmen. So viele herzliche Menschen, wie man dort kennenlernt – das glaubt man gar nicht“, sagt die junge Frau, die sich fest vorgenommen hat, nach dem Ende ihres Freiwilligendienstes zur Tafel zurückzukehren.

Interesse an Psychologie

Ob das in Bietigheim-Bissingen sein wird, wo sie auch geboren und aufgewachsen ist, kann sie noch nicht sagen, denn das hängt auch mit ihrem Studienort zusammen. Derzeit peilt sie ein Psychologie-Studium an und kann sich eine berufliche Tätigkeit sowohl als Kinder- und Jugendtherapeutin, aber auch im Bereich der sozialen Arbeit und Kriminologie vorstellen. Im Unterschied zu anderen Freiwilligen konnte Celine Heß ihr Engagement regulär ausführen, das Coronavirus habe die Art der Arbeit kaum beeinträchtigt, sagt sie. Mal abgesehen davon, dass menschliches Miteinander, Nähe und Austausch mit den Kunden unter den Hygienemaßnahmen litten. So durfte das Café der Tafel beispielsweise nicht öffnen.

Monotonie im Alltag gibt es für Celine Heß nicht. Im Rahmen ihres Bufdi wird sie an verschiedenen Orten eingesetzt: in der Bäckerei der Tafel, der Lebensmittelannahme- und Kontrolle sowie in der Ausgabe an die Kunden. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Waren und zeichnet sie aus. „Ich habe so viel über Lebensmittel gelernt“, schwärmt die 19-Jährige und erzählt, wie sich die Auseinandersetzung damit unmittelbar auf ihr eigenes Konsumverhalten auswirke. Seit sie wisse, dass ein Mindesthaltbarkeitsdatum zunächst nichts über die Verderblichkeit des Produkts aussagt, sondern dem Hersteller zur Absicherung dient, werfe sie nicht mehr so viele Lebensmittel weg, erzählt sie. Außerdem kaufe sie bewusster ein und vergleiche Preise.

An drei Tagen in der Woche ist sie vor Ort in der Jahnhalle, die anderen beiden Tage verbringt sie im Kindergarten in der Breslauer Straße als Erzieherin. Einfühlungsvermögen und Offenheit nennt die junge Frau als wichtigste Eigenschaften für ihre derzeitige Tätigkeit. „Die Zeit ging sehr schnell herum. Dass ich nur noch so kurze Zeit dort bin, finde ich extrem schade“, sagt Heß. Den Bufdi bei der Bietigheim-Bissinger Tafel würde sie sofort wieder machen und nehme für sich den bewussteren Umgang mit Lebensmitteln und die Auseinandersetzung mit der Ernährung mit, fasst Celine Heß zusammen. Das Wichtigste aber ist für sie „die Herzlichkeit und Freude, die einem der soziale Umgang mit Menschen bringt. Das Jahr hat ein Stück weit mein Leben verändert.“

 
 
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