Ich bin Dachdecker und Physiker“, sagt Dieter Glatting. Der 61-jährige kandidiert bei der Bundestagswahl im Wahlkreis Neckar-Zaber für die Alternative für Deutschland (AfD). Als Referent in den baden-württembergischen Landtag und als Berater in den Bundestag kam er über Umwege: „Ich wollte nie in die Politik“, sagt Glatting im BZ-Gespräch.
Bundestagskandidaten im Porträt „Ich habe mehr Motorräder als Zeit“
In seiner Freizeit setzt sich der AfD-Kandidat im Wahlkreis Neckar-Zaber, Dieter Glatting, gerne auf eines seiner drei Motorräder. Eines davon steht in Berlin.
Als Schüler flog er nach der zehnten Klasse vom Gymnasium. In Biologie und Religion hätte er eine Nachprüfung ablegen müssen. „Mit der Institution Kirche kann ich nichts anfangen“, sagt er. Der NATO-Doppelbeschluss von 1979 zur Aufstellung von Atomwaffen, habe dazu geführt, dass er aus der Kirche austrat: „Ich war für eine Welt ohne Atomwaffen.“
Abendschule und Ausbildung
Beruflich ging es für ihn zunächst zweigleisig weiter: Glatting absolvierte eine Dachdecker-Ausbildung und besuchte zwei Jahre lang die Abendschule. „In der Oberschule habe ich meine Liebe zur Physik erkannt“, sagt er. Das habe sich auch in guten Noten niedergeschlagen. Damals wohnte er in Heidelberg und beschloss, das Fach zu studieren. Im Nebenjob arbeitete er während des Studiums in der Wartung des Atomkraftwerks Philippsburg.
Nach dem Abschluss seines Studiums gründete er zusammen mit einem Freund eine Nachhilfeschule: „Ich war der ‚Mathe-Man’“, sagt Glatting und lacht: „Ich konnte das scheinbar gut herüberbringen.“ Doch nach einiger Zeit sei ihm klar geworden, dass ihm die Selbstständigkeit nicht so gut gefiel. Außerdem stand für ihn fest: „Ich wollte in die Technik.“
Bei der Firma Amtec in Lauffen fand er eine neue berufliche Heimat. Das Unternehmen führte periodische Sicherheitsprüfungen unter anderem im Bereich der Kerntechnik durch. Schon während seines Studentenjobs habe ihm die Perfektion der Kerntechnik gefallen – das hohe Ausmaß an Organisation und die Sauberkeit, sagt Glatting. Bedenken wegen der Sicherheit habe er keine. Auch die Endlagerung des strahlenden Mülls bereite ihm angesichts der Dimensionen von geologischen Zeitaltern keine Sorgen.
Geografisch hatte es Glatting in der Zwischenzeit in den Landkreis Heilbronn gezogen. „Die Liebe hat mich nach Neckarsulm verschlagen“, sagt er. Mit 39 Jahren habe er sein zweites Leben angefangen. Er heiratete und bekam mit seiner Frau einen Sohn.
Wechsel in den Landtag
Im September 2021 kündigte Glatting seine Stelle bei Amtec. Die Arbeit bei seinem alten Arbeitgeber sei in der Folge des Atomausstiegs weniger geworden, neue Chefs hätten eine neue Ausrichtung vorangetrieben, Kurzarbeit habe im Raum gestanden. Daraufhin wechselte Glatting als Parlamentarischer Berater in den baden-württembergischen Landtag. Bis Anfang 2023 war er dort bei der AfD zuständig für die Bereiche Umwelt, Naturschutz und Kernkraft.
2023 schließlich wechselte er nach Berlin. Dort arbeitet er seitdem als Wissenschaftlicher Berater der AfD-Bundestagsfraktion im Arbeitskreis Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Verbraucherschutz.
Was ihm besser gefalle, Lauffen oder Berlin? „Die Mischung macht es“, sagt Glatting, der ein möbliertes Zimmer in der Hauptstadt angemietet hat und die 20 Plenarwochen dort verbringt. In seiner Freizeit setzt sich Glatting gerne auf eines seiner drei Motorräder, erzählt er. Eines davon steht in Berlin: „Ich habe mehr Motorräder als Zeit.“ Bei den Ausflügen fahre auch gerne seine Frau mit. Dann gehe es in der Region zu Festen oder Bekannten.
Kein Typ für Vereine
Sein 21-jähriger Sohn, der kurz vor dem Studium stehe, habe viel Fußball gespielt. Eine Mitgliedschaft in einem Verein wäre für Glatting nichts: „Als Erwachsener war ich in keinem Verein“, sagt er: „Ich bin ein freiheitsliebender Mensch.“ Daher wolle er nicht bevormundet werden und könne auch mit Seilschaften auf der Arbeitsebene nichts anfangen. Auch wenn es die überall gebe, würde er sich nicht an Klüngeleien beteiligen wollen. „Zu jemandem, den ich nicht leiden kann, kann ich nicht nett sein“, sagt Glatting. Ein Problem sieht er darin nicht: „Ich habe selten Probleme damit, dass ich jemanden nicht leiden kann.“
In loser Reihenfolge stellt die BZ-Redaktion die Kandidatin und die Kandidaten vor, die sich bei der Bundestagswahl am Sonntag, 23. Februar, im Wahlkreis Neckar-Zaber um ein Mandat für den Deutschen Bundestag bewerben. In dieser Artikelreihe geht es nicht um politische Aussagen der Kandidaten, vielmehr will die Redaktion die Person mit ihren Leidenschaften und Interessen sowie ihrem persönlichen und beruflichen Werdegang vorstellen.