Bis zur Bundestagswahl am 23. Februar sind es noch 45 Tage. Ziemlich wenig Zeit für den Wahlkampf. Bis Montag 20. Januar, 18 Uhr, müssen alle Parteien und Gruppierungen ihre Wahlvorschläge bei Landeswahlleitung und den Kreisausschüssen einreichen. Anders als bei den großen Parteien müssen die kleinen aber auch noch tausende Unterschriften von Unterstützern vorweisen. Das ist für viele eine echte Herausforderung.
Bundestagswahl 2025 Auf Stimmenfang für die Wahl
Für die Zulassung zur Bundestagswahl benötigen kleine Parteien tausende von Unterstützerstimmen. Um diese zusammenzubekommen, haben sie nur noch wenige Tage.
Rund 1900 bestätigte Unterstützerunterschriften habe die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) bereits zusammen, sagt der baden-württembergische ÖDP-Vorsitzende Guido Klamt. Außerdem würden noch mehrere hundert von den Behörden überprüft.
2000 Unterschriften nötig
Insgesamt benötigen Kleinparteien laut Bundeswahlrecht in Baden-Württemberg 2000 Unterschriften von Unterstützern, um die Ernsthaftigkeit ihrer Bewerbung nachzuweisen. Damit können sie eine Landesliste bei der Landeswahlleitung einreichen. Für Direktkandidaten in den einzelnen Wahlkreisen sind jeweils weitere 200 Unterschriften nötig.
„Für den Wahlkreis Necker-Zaber haben wir bislang 150 sowie weitere 60 in Bestätigung“, sagt Klamt, der sich selbst in Ludwigsburg um ein Direktmandat bewirbt. Dafür lägen bislang 150 Unterschriften vor. „Mittwoch und Donnerstag werden wir uns daher noch einmal aktiv um Unterschriften bemühen“, kündigt er an. Das Verfahren sei aufwendig und zeitraubend, kritisiert Klamt.
Und das nicht ganz zu unrecht. Die Unterschriften der Unterstützer „müssen nach dem Bundeswahlgesetz persönlich und handschriftlich geleistet werden“, wie Landeswahlleiterin Claudia Nesch auf BZ-Anfrage mitteilte. Anträge müssen zudem auf Papier eingereicht werden, „eine digitale Unterstützungsanschrift ist nicht möglich.“
Für die kleinen Parteien heißt das: In Fußgängerzonen stehen und um Unterschriften werben. Das ist eh schon ein undankbares Geschäft. Wegen der vorgezogenen Neuwahl und die Feiertage zum Jahresende bleibt laut Klamt dafür auch viel zu wenig Zeit. Lediglich 39 Tage hat die ÖDP ausgerechnet. Effektiv wahrscheinlich weniger, da die Unterlagen zwischen Parteien und Behörden per Post verschickt würden, so Klamt.
Die ÖDP hatte deshalb im November beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gegen das bestehende Wahlgesetz per Eilantrag geklagt. Der hatte den Antrag im Dezember abgewiesen. „Was den BGH dazu bewegt hat, verstehe ich nicht“, sagt Klamt, der die kleinen Parteien dadurch benachteiligt sieht. „Zumal wir mit der Fünf-Prozent-Klausel noch eine weitere Hürde haben.“
Er sei aber trotzdem optimistisch, die noch nötigen Unterschriften für seine Wahlkreiskandidatur zusammenzubekommen. Auch wenn realistisch wenig Chance bestehe, in den Bundestag einzuziehen, wie er zugibt. „Es geht darum Präsenz zu zeigen, im Wahl-O-Mat aufgeführt zu werden“, sagt Klamt. Wahlkampf sei auch Mitgliederwerbung.
Volt will mehr
Das sieht auch Rebecca Volk so. Die Lehramtsstudentin ist Community Lead der Partei Volt im Wahlkreis Ludwigsburg und damit für die Mitgliederwerbung zuständig. Die 2017 gegründete Partei erreichte bei der Europawahl 2019 in Deutschland 0,7 Prozent der Stimmen und insgesamt fünf Sitze im EU-Parlament. Bei der Bundestagswahl rechne sich Volt daher gute Chancen aus, so Volk.
An der Klage der ÖDP habe sich die Volt bewusst nicht beteiligt, da ähnliche Klagen schon vorher abgewiesen worden seien. „Wir wollten uns lieber voll auf die Unterschriftensammlung konzentrieren“, sagt Volk. Neben der Landesliste hat die Partei mit Viola Hoffmann und Joaquin Ballesteros Katemann zudem Direktkandidaten für die Wahlkreise Necker-Zaber und Ludwigsburg aufgestellt. Man sei guter Dinge, das nötige Unterschriftenquorum zu erreichen. In den kommenden Tagen werde es noch Aktionen dafür geben, so Volk. „Die Unterschriften für die Landesliste haben wir übrigens in neun Tagen gesammelt.“
BSW von Regelung ausgenommen
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) beschränkt sich in Baden-Württemberg hingegen gleich auf eine zwölfköpfige Landesliste. Um Direktmandate wolle sich die Partei aufgrund ihrer jungen Geschichte nicht bewerben, so Volker Rekittke, wissenschaftlicher Mitarbeiter der BSW-Bundestagsabgeordneten Jessica Tatti, die gleichzeitig Vorsitzende des BSW-Landesverbands Baden-Württemberg ist. Der besteht tatsächlich erst seit vorigem Oktober und umfasste damals laut Medienberichten etwa 60 Personen. Bundesweit sollen es weniger als 2000 sein.
Unterstützerunterschriftenschriften für eine Landesliste muss die Partei trotzdem nicht sammeln. Das im September 2023 aus einer Abspaltung der Partei „Die Linke“ entstandene BSW ist nämlich mit zehn Mandaten im Bundestag vertreten. Außerdem ist es seit 2024 in den Landtagen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen vertreten. Damit ist das BSW ähnlich im Vorteil wie CDU/CSU, SPD, Grüne. FDP und AfD.
Ausweg Digitalisierung?
„Das BSW hat das Glück, dass die gewissermaßen umetikettiert haben“, sagt Rafael Bauschke, Professor für politische Kommunikation und empirische Methoden an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg. Aus Sicht der Kleinparteien sei die Kritik an der bestehenden Regelung generell nachvollziehbar.
Allerdings auch die Argumentation dafür. Es stünden sich zwei Prinzipien gegenüber: „Die Abbildung des Wählerwillens durch Kleinstparteien in einer immer stärker individualisierten Gesellschaft“, so Bauschke. „Und die Bewahrung der Funktionalität des Parlament durch das Verhindern der Zersplitterung.“
Andererseits: Im EU-Parlament gebe es hingegen nicht einmal Fünf-Prozent-Hürde und viele Direktkandidaten. „Letztlich ist es eine gesellschaftliche Debatte, wie wir den Wählerwillen abbilden wollen“, sagt Bauschke. Die wird deutlich mehr Zeit als alle Unterschriftensammlungen auf Papier benötigen. Damit es beim nächsten Mal schneller geht, hat Bauschke einen Vorschlag: „Wir sollten uns überlegen, ob wir das Verfahren vereinfachen und es beispielsweise digitalisieren.“
Warum kleine Parteien in Baden-Württemberg 2000 Unterschriften von Unterstützern benötigen
Laut Bundeswahlgesetz
müssen Parteien, die seit der vorigen Bundestagswahl nicht ununterbrochen mit mindestens fünf Vertretern im Bundestag oder in einem Landtag vertraten waren, beim Bundeswahlleiter ihre Beteiligung an der Wahl schriftlich fristgerecht anzeigen. Der Bundeswahlausschuss stellt daraufhin ihre Parteieigenschaft fest.
Für die Zulassung von Landeslisten und Kreiswahlvorschlägen müssen fristgerecht Unterstützerunterschriften nachgewiesen werden. Und zwar in jedem Bundesland jeweils von einem Tausendstel der Wahlberechtigten bei der vorigen Bundestagswahl. Bei rund acht Millionen Wahlberechtigten der Bundestagswahl 2021 in Baden-Württemberg ergeben sich daraus für jede Partei daraus 2000 Unterstützerunterschriften. Für die Kandidaten in den Wahlkreisen kommen jeweils 200 weitere hinzu.
Die Kommunen überprüfen die eingereichten Unterstützerunterschriften auf Vollständigkeit und Richtigkeit, um Wahlbetrug zu vermeiden. Dazu gehört auch die Überprüfung der eigenhändigen Unterschrift. Zudem sollen so Mehrfachnennungen ausgeschlossen werden. Nach der Bestätigung der Richtigkeit können die Parteien die Unterlagen bei der Landeswahlleitung und den Kreiswahlausschüssen einreichen, die sie nochmals überprüfen.