Bundestagswahl Faire Diskussion beim BZ-Wahlforum

Von Heidi Falk
Bei der BZ-Podiumsdiskussion im Enzpavillon in Bietigheim-Bissingen haben mitdiskutiert (von links): Andrey Belkin (FDP), Landtagsabgeordneter Tobias Vogt (CDU), Mario Sickinger (SPD), Lars Maximilian Schweizer (Bündnis 90/Die Grünen), Julia Schlembach (Die Linke) und Dieter Glatting (AfD). Foto: /Martin Kalb

Die BZ hat die Bundestagskandidaten aus dem Wahlkreis Neckar-Zaber zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Viele Leser und Leserinnen sind dafür in den Enzpavillon gekommen.

Das Wahlforum der Bietigheimer, Sachsenheimer und Bönnigheimer Zeitung findet traditionell vor den großen Wahlen statt. So auch am Freitagabend im Enzpavillon in Bietigheim-Bissingen. Viele Leserinnen und Leser waren gekommen, um sich die Bundestagskandidaten aus dem Wahlkreis Neckar-Zaber persönlich anzusehen und vor allem ihren Ausführungen zu folgen. Durch das Podium leiteten die BZ-Redaktionsleiterin Claudia Mocek und Redakteur Uwe Mollenkopf.

Zusätzliche Brisanz

Die Veranstaltung erhielt eine zusätzliche Brisanz durch den Entwurf der CDU zum „Zustrombegrenzungsgesetz“, über den kurz vor der BZ-Veranstaltung im Bundestag noch abgestimmt und der letztendlich abgelehnt wurde. Dementsprechend stand auch in Bietigheim-Bissingen vor allem ein Thema im Mittelpunkt: die Migrationspolitik.

„Ich bin mit der CDU im Reinen. Das Richtige ist nicht das Falsche, nur weil die Falschen die Meinung teilen“, sagte Tobias Vogt auf die Frage, warum die CDU am Mittwoch fast geschlossen für den Migrationsantrag gestimmt habe, obwohl dieser nur mit der Zustimmung der in Teilen rechtsextremen AfD eine Mehrheit bekommen konnte. Der CDU-Landtagsabgeordnete war für den Bundestagsabgeordneten Fabian Gramling eingesprungen, der aufgrund der langwierigen Abstimmung in Berlin nicht nach Bietigheim kommen konnte. Für seine Aussage bekam Vogt eine heftige Reaktion aus dem Plenum. „Die Buh-Rufe reduzieren nicht die AfD-Wähler. Das kann nur Handeln“, verteidigte er sich. Man könne bei Vorfällen wie in Aschaffenburg oder Solingen nicht mehr nur zuschauen und müsse den Menschen zeigen, dass die demokratische Mitte diese Themen angehe.

Julia Schlembach von den Linken fasste sich kurz: „Wenn Rechtsextreme mitstimmen, war der Antrag vielleicht scheiße.“ Mario Sickinger von der SPD kritisierte, dass es sich dabei nur um eine Scheindebatte handle, der Antrag sei letztendlich nicht umsetzbar, so fehle etwa das nötige Personal für die Grenzen.

Warum die FDP am Mittwoch auch für den Antrag gestimmt habe? Es sei eine schwierige Situation, sagte Andrey Belkin von der FDP. Es stelle sich einerseits die Frage, ob der Sachantrag sinnvoll sei – „das glaube ich.“ Andererseits gehe es um die prinzipielle Ebene, ob man erlaube, rechtsextreme Parteien zu involvieren – „ich glaube nein. Und andere glauben das auch, deswegen ist die Abstimmung in Berlin heute so ausgegangen“, so Belkin.

Die Sachdebatte zu führen, dagegen sperre er sich nicht, sagte Sickinger dazu und weiter: „Aber wegen der CDU und der FDP müssen wir darüber reden, wie man die Brandmauer zur AfD wieder hochzieht.“ Vogt meinte dazu, dass die CDU „die einzige und letzte Brandmauer“ sei.

Wer geschwächt und wer gestärkt aus der Abstimmung zum Migrationsgesetz gehe? „Die CDU hat massiv an Glaubwürdigkeit gewonnen“, sagte Vogt, was für Lacher im Publikum sorgte. „Wenn andere Parteien AfD-Themen zu ihren machen, wird immer das Original gewählt“, sagte Schlembach. Dieter Glatting von der AfD habe nicht die Möglichkeit gehabt, die Abstimmung am Freitag zu verfolgen, sagte er. Am Mittwoch jedoch sei seine Partei „erfolgreich hervorgegangen.“

Asyl und Einwanderung

Lars Maximilian Schweizer von den Grünen plädierte für einen europäischen Weg, etwa durch die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Dadurch sollen unter anderem die europäischen Außengrenzen gestärkt werden. Die Umsetzung auf nationaler Ebene hänge im Bundestag fest – weil die CDU blockiere. Sowohl Schweizer als auch Belkin betonten, dass unterschieden werden müsse zwischen Asyl und Einwanderung. Sickinger ergänzte noch um ein drittes Thema: innere Sicherheit. „Mir ist egal, welchen Pass der Mörder hatte“, sagte Sickinger in Bezug auf den Messerangriff in Aschaffenburg und weiter: „ich möchte zurück zur Faktenlage. Es war Behördenversagen.“

Wirtschaft in Schwung bringen?

Das zweite große Thema des BZ-Wahlforums war die Wirtschaft. Was die wichtigste Maßnahme sei, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen? „Bürokratieabbau. Wir verlieren uns in Prozessen und Formularen“, sagte Belkin. „Investitionen“, nannte Schweizer. Vor allem eine bezuschusste Investitionsprämie sowie der Deutschlandfond sollen der Konjunkturflaute entgegenwirken. Vogt sprach sich für „wettbewerbsfähige Energiepreise“ aus. Außerdem müsse unterbunden werden, „die Brüssel-Regelungen nochmals mit Platin zu überziehen.“ Sickinger berichtete von Gesprächen mit Unternehmen, die sich vor allem eines von der Politik wünschten: „Verlässlichkeit.“ Glatting möchte die Wirtschaft ankurbeln durch eine Rückkehr zur Kernenergie und „indem wir uns von der Umgebungsenergie wie Wind und Sonne verabschieden.“ Schlembach möchte das durch Klimaschutz, den Erhalt von sicheren Arbeitsplätzen und Investitionen in den sozialen Bereich schaffen.

Zum Abschluss stellte das Publikum noch Fragen zu Klimawandel, Schuldenbremse und Ukrainekrieg.

Stimmungsbarometer nach der Podiumsdiskussion im Enzpavillon

So hat das Publikum abgestimmt: Beim BZ-Wahlforum hat die Redaktion die Zuschauerinnen und Zuschauer gefragt: Welche von den auf der heutigen BZ-Podiumsdiskussion vertretenen Parteien würden Sie wählen? 94 Zuschauer haben diese Frage mit einem Kreuz auf einem Stimmzettel beantwortet: 25,5 Prozent (24 Stimmen) würden die SPD wählen, 21,3 Prozent (20 Stimmen) die Grünen, 17 Prozent (16 Stimmen) die CDU, 8,5 Prozent (8 Stimmen) entfielen auf die FDP, jeweils 4,3 Prozent auf die Linke (4 Stimmen) und die AfD (4 Stimmen). Von den befragten Zuschauerinnen und Zuschauern waren 14,9 Prozent (14 Stimmen) unentschlossen. 1 Prozent (1 Stimme) gab an, keine der auf dem Podium vertretenen Parteien wählen zu wollen. 3,2 Prozent der Wahlzettel (3 Stimmen) waren ungültig.

 
 
- Anzeige -