Vor zwei Wochen, nach der völlig unerwarteten und überraschenden Bekanntgabe der Ceratizit-Werkschließung in Besigheim zum 31. Dezember 2026, habe es „Wut, Enttäuschung, volle Verunsicherung“ bei den 372 Mitarbeitern gegeben, jetzt sei man voller Kampfgeist, so Betriebsratsvorsitzender Eduard Mangold. Bei der Belegschaftsdemonstration am Dienstag vor dem Werkstor motivierte er seine Kollegen und macht ihnen Mut: „Wir werden den Kampf bis zum Schuss führen, wenn es auch jetzt ziemlich aussichtslos scheint.“ Man wolle sich vom Unternehmensmanagement nicht einfach abschreiben lassen, versprach er unter dem Beifall seiner Kolleginnen und Kollegen. Was auffällig war, die Besigheimer Belegschaft identifiziert sich seit 5. März nicht mehr mit der Ceratizit-Gruppe, sondern besinnt sich auf ihre Wurzeln. „Wer denkt, dass die Belegschaft von Komet einfach verschwindet, irrt sich gewaltig. Wir werden sichtbar sein, wir werden laut sein, wir werden nicht kampflos weichen“, versprach Mangold und ergänzte: „Wir wissen, dass es Alternativen zur Standort-Schließung gibt.“
Ceratizit Besigheim Auf Frust folgt Wut und Kampfeswillen
Die 372 Mitarbeiter von Ceratizit besinnen sich auf ihre Wurzeln und demonstrierten am Dienstag gegen die geplante Schließung „ihres Komet-Werks“ in Besigheim. Erstes Gespräch mit Management am 27. März.
„Es kotzt mich an“, wurde Susanne Thomas, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Ludwigsburg, am Dienstagmittag vor dem Besigheimer Werktor vor den demonstrierenden Mitarbeitern – unter ihnen auch Geschäftsführer Thomas Reindl – deutlich. Sie erinnerte die Belegschaft an die intensiven Gespräche 2022 in denen ein Zukunftsprojekt für den Standort entwickelt worden sei, mit der Zusage von Arbeitgeberseite, dass Besigheim in der Ceratizit-Gruppe ein sogenanntes „Zielwerk“ werden sollte. Sie nehme die Entscheidung zur Werkschließung persönlich, weil sie damals den Betriebsrat begleitet habe. „Man darf es nicht hinnehmen“, betonte Thomas und sagte weiter: „Es darf nicht sein, dass man sagt, wir machen die Tradition hier kaputt.“ Nach ihrer Einschätzung sind die Standorte Besigheim und Empfingen, der auch zum Dezember 2026 geschlossen werden soll, „Diamanten in der Ceratizit-Gruppe“. „Gegebenenfalls müssen wir gemeinsam nach Reutte fahren, um klare Flagge für die Standorte zu zeigen“, betont die Gewerkschafterin. Reutte in Österreich ist der Sitz von Ceratizit Austrias GmbH und Plansee SE, der die Ceratizit Gruppe gehört.
„Am 5. März wurde uns der Dolch durch das Komet-Herz gestochen“, sagt Betriebsrat Thomas Mattes. Für ihn wurde das Lebenswerk von Unternehmensgründer Robert Breuning (1883-1971) in einen Scherbenhaufen verwandelt.
„Die geplante Schließung ist nicht nur eine Katastrophe für uns Beschäftigte, es ist ein Angriff auf die ganze Komet-Familie“, sagte Betriebsratsvorsitzender Mangold. Die Entscheidung des Managements sei, so seine Einschätzung, nicht aus akuter wirtschaftlicher Not getroffen worden. „Unsere Werkzeuge sind weltweit gefragt, unsere Qualität ist unübertroffen. Die Wahrheit ist: Hier geht es nicht nur um fehlende Aufträge oder eine unüberwindbare Krise. Hier geht es um knallharte Profitmaximierung auf Kosten der Menschen, die dieses Unternehmen an dem Standort in Besigheim groß gemacht haben“, so der Arbeitnehmervertreter.
Es sprach von einem Verrat an allen Beschäftigten in Besigheim, von einem Verrat an den Familien und einem Verrat an der ganzen Region. „Wir sind keine Zahl in der Bilanz, wir sind eine Komet-Familie“, so Mangold, der mit Bitterkeit an die Vorstandsaussage – „Ihr macht nur zwei Prozent des Konzernumsatzes aus“ – bei der Belegschaftsversammlung am 5. März erinnerte.
„Die geplante Schließung unseres Werks in Besigheim nach über 100 Jahren erfolgreicher Produktion ist nicht nur eine Katastrophe für uns Beschäftigte, sondern ein Angriff auf ein ganzes Traditionsunternehmen, auf die Komet-Familie, auf alles, wofür dieser Standort je gestanden hat.“
Unter lautstarken Beifall versprach Mangold: „Unser Protest beginnt jetzt“. Er forderte seiner Kolleginnen und Kollegen auf: „Wir haben das Recht, um unsere Arbeitsplätze zu kämpfen. Wir haben das Recht, unserem Unmut und unserer Wut Luft zu verschaffen, wir haben das Recht, von unserem Vorstand Antworten zu fordern.“ Man werde auf die Straße gehen, man werde Druck machen und man werde nicht leise sein.
Erstes Gespräch
Wie Susanne Thomas, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Ludwigsburg, auf BZ-Nachfrage erklärte, ist für 27. März ein erstes, informelles Gespräch mit der Arbeitgeberseite vereinbart.